Im Rückspiegel: Heute vor zehn Jahren

25. Mai 2016
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DSC02774Wer weiß noch auswendig, was 2006 alles passiert ist, hm? Irgendeine Fußballeuropaweltmeisterschaft war, Wahlen gab es sicher auch und CO2 hat man zwar schon mal gehört, aber als Schreckgespenst der Autoindustrie galt dieses Gas gerade noch nicht. Eine fröhliche Zeit, die noch gar nicht so lange zurück liegt. Und umso erstaunlicher ist es, wie sich Kia seither gewandelt hat. Vor genau zehn Jahren nämlich präsentierten die Koreaner den gelifteten Sorento, der somit ein fescherer, aber immer noch knorriger Allradler war, der sich genau so fuhr, wie er aussah: etwas groß und behäbig. Kein Vergleich zum aktuellen Exemplar.

Aber im Gelände schlug sich der alte Kerl dafür ausgezeichnet, was für Kia Grund genug war, die versammelte Schreibermeute auf den Holzpfad zu schicken. Irgendwo rund um Madrid suchte man sich die staubigsten Strecken aus, wo die Sonne gnadenlos runterbrannte und Muhkühe fröhlich in der Gegend herum standen. Aber natürlich gab es für diese Aktion einen Hintergedanken. Am nächsten Tag nämlich öffneten die Pforten der Madrid Auto Show, auf der der brandneue Carens enthüllt werden sollte. Und das war schon recht praktisch, weil auf diese Messe kommt man als Österreicher sonst eigentlich nie.

Klar handelt es sich hierbei nur um eine nationale Veranstaltung, aber diese Gelegenheiten sind immer eine nette Art, fremde Autokulturen kennenzulernen. Und in der Retrospektive erkennt man anhand eines Autosalons auch schön, was sich in der mobilen Welt außer dem Wandel von Kia sonst noch so im letzten Jahrzehnt getan hat. Also: WLAN war noch ein Fremdwort. USB-Sticks bahnten sich gerade ihren Weg zur Weltherrschaft und waren kurz davor, als Herpes des Motorjournalismus in die Geschichte einzugehen. Und was war mit dem Auto an sich? Am Beispiel von Mercedes zum Beispiel zeigt sich etwa, wie schnell die Felgen größer geworden sind. 18 Zoll galt seinerzeit als gigantisch. So riesige Räder, wo soll man das denn nur montieren, außer auf einer gewaltigen ML-Klasse? Heute gibt es für die A-Klasse schon größere Räder. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, muss jeder für sich entscheiden.

 

WLAN war damals zwar noch ein Kind der Zukunft, aber Fiat ahnte schon, dass sie irgendwas mit diesem neuen Ding namens Internetz machen mussten. Sie verdrehten die Sachen aber noch ein wenig, und so gab es zwar kein Web im Auto (wie es heute schon fast Standard ist), dafür aber das Auto im Web. Wer im Ich-will-ein-anderes-Leben-Spiel Sims2 einen fahrbaren Untersatz benötigte, der konnte zum Beispiel zum virtuellen Fiat-Händler gehen und sich einen virtuellen Grande Punto gönnen. Witze über grobpixeligen Rost darf sich jeder selber überlegen.

DSC02838So wie Kia langsam empor strebte, tat dies einst auch Dacia. Die Renault-Tochter startete in Westeuropa gerade durch. Aber abgesehen davon, dass die rumänischen Kisten günstig waren – viel positives konnte ihnen man damals noch nicht abgewinnen. Umso erstaunter waren alle, als sie diese Studie erblickten. Wer bitte braucht den Logan als höhergelegten Crossover-Verschnitt? Heute wissen wir: viele! Der Duster erfreut sich bis jetzt großer Beliebtheit.

DSC02841Groß, ein gutes Stichwort. Hummer gab es damals noch und galt als echte Männermarke. Dicke Dinger von der US-Armee, nur notwendigst für die Straße domestiziert, das waren halt noch echte Autos für echte Kerle. Und ein verlängerter H2 war natürlich erst recht ultimativ – zumindest als Blickfang für diese spanische Autozeitschrift. Die Hefte ertrugen sogar die Last des schweren US-Geräts, was alle veranlasste, eifrig die Kameras zu zücken. Ob das das Beste war, was man mit dieser Publikation anfangen konnte, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

Ja und dann gab es da noch das Schmuddeleck, weit ab der glitzernden Neuwagenwelt. Zu dieser Zeit hatte es Tuning schwer. Die goldenen Jahre, als Spoiler und Effektlack noch der absolute Bringer waren, lagen in der Vergangenheit. Das dezente, cleane Umbauen, wie es bis heute an der Tagesordnung stand, musste noch entdeckt werden. Und auch die HiFi-Szene dümpelte ein wenig vor sich hin und musste sich erst neu erfinden. So galten diese Exemplare als letzte Ausläufer einer Epoche, als es noch als cool galt, den gesamten Wagen mit Lautsprechern vollzuräumen. Natürlich waren diese vier Exemplare durchwegs Demofahrzeuge diverser Hersteller (wer räumt auch sonst einen SsangYong Rexton mit Boxen voll), aber dennoch standen alle Jungen und Junggebliebenen davor und raunten einhellig „Uuuh“ und „Aaaaah“ und „Boah“ und „Geil“ vor sich hin.

Nicht jedoch bei diesem Exemplar. Um eines gleich klarzustellen: Natürlich war die handwerkliche Umsetzung phänomenal. Die Spaltmaße, Übergänge und Linien lagen durchwegs auf dem Niveau eines Serienfahrzeugs, die Umsetzung konnte man durchwegs als perfekt bezeichnen. Das Konzept indes, das umgesetzt wurde, ja das legt zumindest zwei Thesen dar: Zum einen, dass man Mut doch kaufen kann. Und zum anderen, dass wir alle heilfroh sein können, dass jetzt 2016 ist – und es dieser Honda hoffentlich schon lange hinter sich hat.