Münchner Freiheit: der BMW M3 E30

9. März 2016
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Als der erste BMW M3 laufen lernte, tat er das frei von Verkaufs-Strategien, Marketing-Überlegungen oder Image-Gründen. Es gab nur einen einzigen Lancierungs-Grund: den Einsatz im Motorsport. Im Jahr 2006 dann nahmen wir uns im Rahmen dieses Rückblicks auf den E30-M einen dieser Ur-M3 zur Brust. Was wir fanden? Freude am Fahren.

VerbreiterungWas den ersten M3 von seinen Konkurrenten und Nachfolgern unterscheidet, war seine kompromisslose Auslegung auf den Rennsport. Die Initiatoren des ersten richtigen Sport-3ers saßen tatsächlich in der Rennabteilung, und sie wollten im Grunde nur ein adäquates Gerät für diverse Tourenwagen-Serien schaffen. Man ent­schied sich für das Reglement der Gruppe A, für deren Homologation eine Stückzahl von mindestens 5000 Fahrzeugen erforderlich war.

Nachträgliche Veränderungen waren bei dieser Serie kaum möglich, womit bereits das Basismodell möglichst nahe am Einsatzwagen dran sein musste. Und so sind die martialisch anmutenden Verbreiterungen und Leitwerke an Front und Heck keinesfalls Show-Elemente – sie sollten zum einen genug Platz für breite Pneus schaffen und zum anderen den Anpressdruck erhöhen. Wie ernst BMW den Feinschliff des Luftwiderstands nahm, zeigt sich anhand des hinteren Dach-Bereichs: Rund um die C-Säulen wurde eine Maske aufgesetzt, die das Dach verlängert und in Kombination mit einem höheren (aus Kunststoff gefertigten) Kofferraumdeckel für weniger Verwirbelungen sorgte.

Aus Gründen der Haltbarkeit entschied man sich für den Vier- und gegen den Sechs­zylinder, da dessen (im Vergleich längere) Kurbelwelle bei hohen Drehzahlen früher zu schwingen begann. Die Erfahrungen aus der Formel I halfen, den Kurbeltrieb derart steif auszulegen, dass er im Renneinsatz auch 10.000 Umdrehungen locker wegsteckte. Der Zylinderkopf selbst ist simpel gesagt ein um zwei Brennräume gekürztes Exemplar des legendären Sechszylinders aus dem M1.

 

Der muntere 2,3-Liter-Motor allein macht den Zauber der M-Variante der zweiten Dreier-Generation (werksintern E30 genannt) aber noch nicht aus. Vielmehr ist es das har­mo­nische Zusammenspiel aus zahlreichen Verbesserungen, die über normale Detail­opti­mierungen hinausgehen: Die Lenkung ist im Vergleich zu den normalen 3er-Versionen direkter übersetzt, die Bremsen deutlich größer, der erste Gang liegt links hinten, und das Hinterachs-Differenzial erhielt eine 25-prozentige Sperre.

Mit dem agilen Fahrverhalten lässt sich der M3 präzise und neutral durch Kurven zirkeln, dank des leichten Vierzylinders ist das Einlenkverhalten auch spontaner als bei den spä­teren M-Geräten. Was fast noch mehr verblüfft, ist die Art und Weise, wie modern sich dieses Auto noch heute anfühlt: Neben den groß geschnittenen und stark konturierten Sitzen entspricht vor allem das straffe, aber noch ausreichend komfortable Fahrwerks-Setup voll und ganz der Jetztzeit.

Insgesamt gab es fünf M3-Versionen: Neben dem Standard-Modell mit 200 bezie­hungs­weise 195 Kat-PS sowie der ersten (500 mal gebauten) Evolutionsstufe mit 220 PS scho­ben die Münchner 1988 das Cabrio mit 215 Pferden nach – zeitgleich mit dem Sondermodell „Europameister“ (erkennbar an einer Plakette auf der Mittelkonsole), zu Ehren des Titelgewinns. Ein Jahr später folgte der „Cecotto“, benannt nach dem Ge­winner der italienischen Tourenwagen-Serie und ausgerüstet mit dem Cabrio-Motor.

Die Krönung der Baureihe ist aber der nur 600 mal gebaute „Sport Evolution“. Unter der Haube steckte hier ein 2,5-Liter-Motor, dabei nutzten die Bayern die Erhöhung der Hub­raum-Grenze im Tourenwagen-Reglement aus, wollte man der Konkurrenz doch nicht hinterher fahren. Verstellbare Flügel vorne und hinten sowie Recaro-Schalensitze waren Markenzeichen der allerletzten Entwicklungsstufe.

 

Von allen Varianten ist diese heutzutage auch die Gefragteste. Es kommt nicht selten vor, dass schöne Exemplare für mehr als den damaligen Neupreis den Besitzer wech­seln. Doch auch die Tarife für die anderen Typen haben in letzter Zeit kräftig angezo­gen. Mit ein Grund: Einen M3 kann man auf Basis eines herkömmlichen Dreiers prak­tisch nicht nachbauen, sodass die übrig gebliebenen Exemplare mit allen Mitteln am Leben gehalten werden.

#10Grundsätzlich ist der M3, entsprechender Pflege vorausgesetzt, ein haltbares und solides Auto. Die Technik hat keine groben Schwachstellen, und auch die braune Pest findet nur wenige Orte zum Knabbern – solange nicht ein Unfallschaden halbherzig repariert wurde. Die größten Probleme entstehen, wenn übermotivierte Vorbesitzer wenig Wert auf Warmlauf-Phasen oder Ölwechsel-Intervalle gelegt hatten – Todsünden für die M3-Motoren.

Und falls doch einmal gröber investiert werden sollte: Die Ersatzteil-Versorgung ist – BMWs „Mobiler Tradition“ sei Dank – sehr gut, und viele Bauteile sind mit ein wenig Fachkenntnis sowie einer Grundausrüstung an Werkzeug auch in Heimarbeit zu tauschen. Doch so viel Freude der M3 auch in der Garage bereitet, entscheidend ist bei ihm natürlich die sprichwörtliche Freude am Fahren.