Schein und Sein: BMW i3 im großen Test

11. März 2016
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:BMW
Klasse:Kleinwagen
Antrieb:Hinterrad
Treibstoff:Elektro
Leistung:170 PS
Testverbrauch:0 kWh/100km
Modelljahr:2015
Grundpreis:35.700 Euro

Eine Fahrgastzelle aus Kohlefaser, getragen von einem Rahmen aus Aluminium – BMW beschreitet beim i3 revolutionäre Wege. Tatsächlich wiegt der Bayer rund 250 Kilo weniger als vergleichbare Elektroautos. Schon der Crash-Test relativiert allerdings die Münchner Hightech.

NCAP beschei­nigt dem i3 schlechteren Insassen-Schutz als etwa den ebenfalls rein elektrischen Nissan Leaf und Renault ZOE mit ihren gewöhnlichen Stahlkarossen. Beim Fußgängerschutz fällt der BMW sogar weit ab. Dass die Bayern zudem etwa an Anschnall-Warnern für die Rücksitze sparen, bringt ihnen letztlich sogar nur vier der möglichen (und heute für Neuwagen so gut wie selbstverständlichen) fünf Sterne ein.

Foto: Robert May - Veröffentlichung mit Credit: Robert May, Veröffentlichung ausschließlich mit schriftlicher Genehmigung! Honorar nach vorheriger Vereinbarung!

Der Platz des knapp vier Meter langen i3 ist in der Stadt, sein Zielpublikum sind betuchte Öko-Freaks – oder solche, die sich gern dafür ausgeben.

Immerhin: Wer im i3 unterwegs ist, erntet Aufmerksamkeit. Rasch wird die Frage nach der Reichweite gestellt. 190 Kilometer lautet die Werksangabe, wir schafften im Test kaum mehr als 100. Zugegeben bei frostiger Witterung und mit einge­schalteter Heizung, die natürlich Strom braucht. Aber wollen Sie in einem 50.000 Euro-Auto gerne frieren? Ja, Sie haben richtig gelesen. BMW trimmt zwar den Basispreis auf erträgliche 35.700 Euro, lässt sich aber alles, was das Fahren angenehm macht, extra zahlen. So stecken in unserem keineswegs überschäumend ausstaffierten Testwagen Optionen um mehr als 14.000 Euro.

Mit denen macht der i3 dann auch einiges her. Die exotische Form zieht ohnehin alle Blicke auf sich, das helle Interieur mit den originellen Materialien versprüht Charme (und kostet in unserer Konfiguration 2000 Euro Aufpreis). Grobporiges Eukalyptusholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und faseriger grauer Kunststoff streichen den Öko-Gedanken hervor – quasi Jutebeutel statt Plastiksackerl.

 

Außer der Norm liegen auch die hinteren Türen. Sie öffnen gegenläufig, aber nur bei geöffneter Vordertürund geben einen großzügigen Einstieg in den Fond frei. Der ist aber eng, nicht ohne Grund ist der i3 nur für vier zugelassen. Vorne hingegen sitzt man bequem und luftig, einzig BMWs mühsame Sitzverstellung nervt. Außerdem fehlen brauchbare Ablagen im Cockpit. Dafür lassen die Münchner in der Mittelkonsole einen Durchstieg frei – vielleicht für den Fall, dass der Fahrer in einem engen Parkplatz nur rechts ein- oder aussteigen kann.

BMW versteckt den E-Motor tief im Heck, der i3 treibt (marken-typisch) die Hinterräder an. Die Lithium-Ionen-Batterie liegt zentral im Fahrzeugboden, was der Gewichtsverteilung zugutekommt und die Passagiere ähnlich hoch thronen lässt wie in alten Mercedes A- und B-Klassen. So bleibt Platz für ein Gepäckabteil im üblichem Kleinwagen-Format mit ebenem Boden auch nach dem Vorklappen der Fondlehnen. Das Ladekabel wird in einem eigenen Abteil unter der vorderen Haube mitgeführt. Anzuhängen ist es an jeder Haushalts-Steckdose, ein leerer Akku ist in rund zwölf Stunden wieder voll. Um auch Schnellade-Stationen nutzen zu können, sind zu­nächst 1340 Euro Aufpreis für die entsprechende Einrichtung im Wagen fällig. Für das passende Kabel dazu kassiert BMW dann noch einmal 200 Euro. In Betrieb zu nehmen ist der i3 einfach. Auch die restliche Bedienung ist rasch durchschaut, das mittels iDrive zu steuernde optionale Navi inklusive. Nur Radio­sender ohne Betriebsanleitung abzuspeichern, schaffte der – durchaus geübte – Testchef nicht.

 

Der Elektro-BMW stürmt vehement los, 170 PS erlauben den Sprint von null auf 100 beinahe in Sportwagen-Manier. Selbst bei Tempo 130 beschleunigt der i3 noch beachtlich, man gehört jedenfalls stets zu den Flotteren im Verkehr. Der Antrieb ist dabei so gut wie nicht zu hören, Wind- und Rollgeräusch machen den i3 bei höherem Tempo aber nicht leiser als benzin- oder dieselgetriebene Konkurrenz. Ungewohnt ist die extreme Motorbremswirkung beim Gaswegnehmen. Die schafft einen Fahrstil zwischen ständigem Beschleunigen und Bremsen, ein konstantes Tempo zu halten, ist schwierig. Zudem variiert die Verzögerung unvorhersehbar, was in Kurven zu unliebsamen Überraschungen führen kann.

Foto: Robert May - Veröffentlichung mit Credit: Robert May, Veröffentlichung ausschließlich mit schriftlicher Genehmigung! Honorar nach vorheriger Vereinbarung!Auf der Straße liegt der hohe BMW etwas hoppelig, bleibt im Grenzbereich aber – nicht zuletzt dank frühem ESP-Eingriff – meist gutmütig. Angenehm ist die direkte und gefühlvolle Lenkung. Unsere Slalom-Parcours durchfuhr der i3 ziemlich unwillig, was wir auf die extrem schmalen (Spar-)Reifen zurückführen.

Auch wenn unser Testurteil also insgesamt zwiespältig ausfällt: Der i3 wird seine Freunde finden, das zeigt schon der rege Vorverkauf. Er fällt auf im Straßenbild, hebt den Grün-Gedanken in die Premium-Liga und wendet sich an eine Klientel, der auch BMWs deftige Preise nichts anhaben können.

Motor & Getriebe – Tolle Beschleunigung. Für 30 Sekunden stehen 170 PS zur Verfügung, auf Dauer 102. Ungewohnt: die extreme und oft variierende Motorbremswirkung.

Fahrwerk & Traktion – Auf welligen Straßen hoppelig, in Kurven träge. Feinfühlige und direkte Lenkung, tadellose Bremsen.

Cockpit & Bedienung – Zwei übersichtliche Displays, eines direkt vor dem Fahrer. Bedienung großteils logisch. Sitze und Sitzposition OK, doch wenig Seitenhalt und umständliche Verstellung. Fond-Fenster nicht zu öffnen.

Innen- & Kofferraum – Vorne großzügig Platz, die hinteren Beiden haben’s enger. Glattflächiger, nicht allzu großer Kofferraum. Zum Vorklappen der 1:1 geteilten Fondlehne braucht man beide Hände, der Ladeboden bleibt stets eben. Staufach fürs Ladekabel unter der vorderen Haube, doch wenig brauchbare Ablagen im Innenraum.

Dran & Drin – Basisausstattung äußerst mager, aber jede Menge Extras, darunter zwei Interieur-Designs. Materialien teils eigenwillig, doch hochwertig. Verarbeitung tadellos. Auch mit Range-Extender (Zweizylinder-Benziner, Aufpreis 4700 Euro) zu haben.

Schutz & Sicherheit – Sechs Airbags und die üblichen E-Fahrhilfen Serie, gegen Aufpreis diverse Assistenten. Nur vier Sterne beim NCAP-Crashtest.

Reichweite & Laden – Kräftiger Motor plus kleine Batterie bedeuten geringe Reichweite. Zurückhaltend gefahren sind je nach Witterung 100 bis 140 km zu erwarten. Hilfreich: die exakte Anzeige der Rest-km. Simples Laden an Haushalts-Steckdose, Dauer etwa zwölf Stunden. Schnelllade-Einrichtung gegen Mehrpreis.

Preis & Kosten – Schon in der Basis teurer als andere Elektroautos, ausstattungsbereinigt erst recht. Vergleichbare Benziner kosten einen Bruchteil. Dafür sind die ersten fünf Jahre Service gratis. Magere Fahrzeug-Garantie, immerhin acht Jahre auf die Batterie. Dünnes Werkstatt-Netz. Werthaltung noch nicht einschätzbar.

Foto: Robert May - Veröffentlichung mit Credit: Robert May, Veröffentlichung ausschließlich mit schriftlicher Genehmigung! Honorar nach vorheriger Vereinbarung!

Gegen Aufpreis verleihen originelle Materialien dem Cockpit Charme. Das Display vor dem Fahrer ist gut abzulesen, liefert aber nur wenige Informationen.

[vc_row][vc_column width="2/3"][vc_column_text]Eine Fahrgastzelle aus Kohlefaser, getragen von einem Rahmen aus Aluminium – BMW beschreitet beim i3 revolutionäre Wege. Tatsächlich wiegt der Bayer rund 250 Kilo weniger als vergleichbare Elektroautos. Schon der Crash-Test relativiert allerdings die Münchner Hightech. NCAP beschei­nigt dem i3 schlechteren Insassen-Schutz als etwa den ebenfalls rein elektrischen Nissan Leaf und Renault ZOE mit ihren gewöhnlichen Stahlkarossen. Beim Fußgängerschutz fällt der BMW sogar weit ab. Dass die Bayern zudem etwa an Anschnall-Warnern für die Rücksitze sparen, bringt ihnen letztlich sogar nur vier der möglichen (und heute für Neuwagen so gut wie selbstverständlichen) fünf Sterne ein. [/vc_column_text][/vc_column][vc_column width="1/3"][vc_column_text][/vc_column_text][vc_column_text css=".vc_custom_1457707806405{background-color: #f2f2f2 !important;}"]Der Platz des knapp vier Meter langen i3 ist in der Stadt, sein Zielpublikum sind betuchte Öko-Freaks – oder solche, die sich gern dafür ausgeben.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_column_text]Immerhin: Wer im i3 unterwegs ist, erntet Aufmerksamkeit. Rasch wird die Frage nach der Reichweite gestellt. 190 Kilometer lautet die Werksangabe, wir schafften im Test kaum mehr als 100. Zugegeben bei frostiger Witterung und mit einge­schalteter Heizung, die natürlich Strom braucht. Aber wollen Sie in einem 50.000 Euro-Auto gerne frieren? Ja, Sie haben richtig gelesen. BMW trimmt zwar den Basispreis auf erträgliche 35.700 Euro, lässt sich aber alles, was das Fahren angenehm macht, extra zahlen. So stecken in unserem keineswegs überschäumend ausstaffierten Testwagen Optionen um mehr als 14.000 Euro. Mit denen macht der i3 dann auch einiges her. Die exotische Form zieht ohnehin alle Blicke auf sich, das helle Interieur mit den originellen Materialien versprüht Charme (und kostet in unserer Konfiguration 2000 Euro Aufpreis). Grobporiges Eukalyptusholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und faseriger grauer Kunststoff streichen den Öko-Gedanken hervor – quasi Jutebeutel statt Plastiksackerl. [gallery columns="4" size="mediaholder-medium" ids="6837,6844,6843,6842,6841,6840,6839,6838" link="file"]   Außer der Norm liegen auch die hinteren Türen. Sie öffnen gegenläufig, aber nur bei geöffneter Vordertürund geben einen großzügigen Einstieg in den Fond frei. Der ist aber eng, nicht ohne Grund ist der i3 nur für vier zugelassen. Vorne hingegen sitzt man bequem und luftig, einzig BMWs mühsame Sitzverstellung nervt. Außerdem fehlen brauchbare Ablagen im Cockpit. Dafür lassen die Münchner in der Mittelkonsole einen Durchstieg frei – vielleicht für den Fall, dass der Fahrer in einem engen Parkplatz nur rechts ein- oder aussteigen kann. BMW versteckt den E-Motor tief im Heck, der i3 treibt (marken-typisch) die Hinterräder an. Die Lithium-Ionen-Batterie liegt zentral im Fahrzeugboden, was der Gewichtsverteilung zugutekommt und die Passagiere ähnlich hoch thronen lässt wie in alten Mercedes A- und B-Klassen. So bleibt Platz für ein Gepäckabteil im üblichem Kleinwagen-Format mit ebenem Boden auch nach dem Vorklappen der Fondlehnen. Das Ladekabel wird in einem eigenen Abteil unter der vorderen Haube mitgeführt. Anzuhängen ist es an jeder Haushalts-Steckdose, ein leerer Akku ist in rund zwölf Stunden wieder voll. Um auch Schnellade-Stationen nutzen zu können, sind zu­nächst 1340 Euro Aufpreis für die entsprechende Einrichtung im Wagen fällig. Für das passende Kabel dazu kassiert BMW dann noch einmal 200 Euro. In Betrieb zu nehmen ist der i3 einfach. Auch die restliche Bedienung ist rasch durchschaut, das mittels iDrive zu steuernde optionale Navi inklusive. Nur Radio­sender ohne Betriebsanleitung abzuspeichern, schaffte der – durchaus geübte – Testchef…

5.3

Fazit

Der i3 fällt auf, sowohl optisch als auch mit tollen Fahrleistungen. Nicht alles ist aber so perfekt, wie es aussieht. Zudem lässt sich BMW den Spaß gar teuer bezahlen.

Motor & Getriebe
Fahrwerk & Traktion
Cockpit & Bedienung
Innen- & Kofferraum
Dran & Drin
Schutz & Sicherheit
Reichweite & Laden
Preis & Kosten
User-Wertung : 0.59 ( 45 Stimmen)
5

Permanentmagnet-Synchronmotor mit Flüssigkeits-Kühlung, 170 PS (125 kW) bei 4800/min (für 30 Sek.), max. Drehmoment 250 Nm bei 0–4800/min, Hinterradantrieb, Scheibenbremsen v/h (v bel.), L/B/H 3999/1775/1578 mm, Radstand 2570 mm, 4 Sitze, Wendekreis 9,86 m, Reifen­dimension 155/70 R 19 (Testwagen-Bereifung Bridgestone Blizzak LM500 ), 8 Lithium-Ionen-Module zu je 12 Zellen, Ladedauer bei 230 V/16 A 6-8 Stunden bis 80%, Reichweite 190 km, Kofferraumvolumen 260–1100 l, Leergewicht 1261 kg, zul. Ge­samt­gewicht 1620 kg, max. Anh.-Last – kg, 0–100 km/h 7,2 sec, Spitze 150 km/h, Steuer (jährl.) “befreit”, Werkstätten in Österreich 28, Service alle 10.000 km (mind. alle 2 Jahre), Normverbrauch (Mix) 12,9 kWh/100 km, Testverbrauch 16,9 kWh/100 km, CO2 (Norm/Test) -/- g/km

Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, ABS, ESP, Bremsassistent, vier Kopfstützen (h höhenverstellbar), Isofix, Reifendruckkontrolle, Klimaanlage, MP3/CD-Radio mit 4 LS und USB/AUX-Anschluss, Bluetooth für Tel., Außenspiegel elektr. verstellbar, E-Fensterheber v, Einparkhilfe h, Lederlenkrad, Aluräder, FB-Zentralsperre etc.

Fahrerassistenz-System (Radar-Tempomat, City-Notstopp, Stau-Assistent etc.) € 996,–, Komfort-Paket (Klimaautomatik, Innen- und Außenspiegel aut. abbl., Licht- und Regensensor, Tempomat, Multifunktions-Lenkrad) € 2004,–, Parkassistenz-Paket (Einparkhilfe v, Rückfahrkamera, Einpark-Automatik) € 996,–, Navigation € 2004,–, Bluetooth für Audio inkl. Handy-Anbindung € 504,–, HiFi-Audio mit 14 LS € 810,–, Alarmanlage € 486,–, Sitzheizung v € 336,–, Teil-/Voll-Lederpolsterung € 2004,–/3012,–, LED-Tagfahrlicht € 204,–, Voll-LED-Scheinwerfer € 900,–, Schnelllade-Einrichtung € 1340,–, Wärmepumpe für Klimaanlage € 660,–, Keyless-Go € 426,–, E-Schiebe-Glasdach € 996,–, Range Extender (ca. 100 km zusätzliche Reichweite) € 4700,–, Metallic-Lack € 672,– etc.