Tesla: Der Schmutz der anderen / UPDATE: Teslas Reaktion

10. März 2016
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Aktuelles

Es sind diese Diskussionen, die einem irgendwann beim Hals raushängen: BMW oder Mercedes. Austria oder Rapid. Mäci oder Burger King – irgendwie hat jeder recht, aber das will der andere einfach nicht wahr haben. Und dann gibt es da noch so einen Fall: Elektroauto oder Verbrennungskraftmaschine, wobei das Transportministerium von Singapur diesem Glaubenskrieg nun eine neue Wendung gab: Es stufte das erste importierte Tesla Model S nämlich mit einem CO2-Ausstoß von 222 Gramm pro Kilometer ein. Ein Elektroauto, wohlgemerkt. Doch die Argumentation ist durchaus stichhaltig: Zwar gibt Tesla offiziell einen Verbrauch von 210 Wattstunden pro Kilometer an. Laut des Transportministeriums kommt der Tesla nach Berechnungen nach UN-Auflagen aber auf 444 Wh! Wer sich jetzt fragt, wie ein Elektroauto überhaupt auf einen Ausstoß von Emissionen kommen kann – dazu bedarf es vorab einer kleinen Erklärung:

Neben dem Wirkungsgrad des Fahrzeugs (tank to wheel), wie effizient die Technik also mit dem Treibstoff umgeht, ist auch die Energiebereitstellung (well to tank) maßgeblich daran beteiligt, wie umweltfreundlich das jeweilige Auto wirklich ist. Es sagt aus, wie viel Energie aufgewendet werden muss, damit Benzin, Diesel oder Strom produziert und ins Auto gepumpt werden können, also von der Welle der Förderanlage bis zum Tank des Autos. Manche ahnen schon, worauf das hinaus läuft.

Und genau so war es jetzt auch in Singapur: Die Behörde nahm die 444 Wattstunden Verbrauch als Berechnungsbasis, um mit einer eigens dafür entwickelten Formel die Kohlendioxidbelastung herauszurechnen, die bei der Erzeugung des benötigten Stroms entsteht. Klar, oder?

Prickelnd ist die Sache deswegen, da somit eine Strafsteuer von 15.000 Dollar fällig wird, denn das hiesige Steuermodell für neue KFZ beruht auf deren Emissionswerten: Bei weniger als 95 Gramm CO2 pro Kilometer können es fast 30.000 Dollar Steuernachlass sein (!), bei über 230 Gramm muss man um genau diesen Betrag aber mehr an den Fiskus abführen. Glück im Unglück also, dass das Model S um acht Gramm unter der magischen Grenze blieb.

Dennoch möchten der Besitzer des aus Hong Kong importierten Tesla und der Teslaboss Elon Musk dieses Vorgehen nicht auf sich sitzen lassen. Der Fall werde überprüft, hieß es unlängst auf Musks Twitter-Account.

Update 10. März:

In der Zwischenzeit hat Tesla auf unsere Geschichte reagiert. In einer offiziellen Stellungnahme wird der Sachverhalt aus Sicht des kalifornischen Autobauers dargelegt: „Das Model S, das unser Kunde nach Singapur importiert hat, wurde 2014 gebaut und hat einen Stromverbrauch von 181 Wh/km, was einen Wert von 90 Gramm CO2/km ergibt. Wie das Transportministerium auch bestätigt hat, qualifiziert dieser Wert das Fahrzeug für die Einstufung in der Klasse mit dem niedrigsten Schadstoffausstoß und berechtigt den Besitzer für einen Steuernachlass, und keine Strafzahlung.“

Es folgen diverse Vergleiche mit deutschen Mitbewerbern, die auf 200 Gramm CO2 je Kilometer kommen, Erklärungen darüber, dass die Stromerzeugung in Singapur im Schnitt 0,5g CO2 je kWh ausstößt und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor aber sowieso viel schädlicher sind, weil aufgrund der Ölförderung, Raffinierung und so weiter noch einmal rund 25 Prozent an Emissionen dazu gerechnet werden müssten. Kurz: Ein Model S ist einfach viel sauberer als die anderen. Zudem wird festgestellt, dass Singapur Solar- und Windkraftanlagen ausbaut, die CO2-Produktion während der Stromerzeugung also noch weiter zurückgehen wird, oder zumindest sollte. Und wir geben zu, dass das alles faszinierend klingt und eh super ist, aber die entscheidende Frage bleibt unbeantwortet: Warum zum Geier haben die Behörden in Singapur das Model S dann so unvorteilhaft eingestuft? „Derzeit führen wir mit dem zuständigen Ministerium Gespräche, um die Problematik zu verstehen und um sicher zu gehen, dass das Model S unseres Kunden ordentlich gestestet worden ist“, gibt sich Tesla diplomatisch, ohne konkrete Fakten nennen zu können und ergänzt staatsmännisch: „Wir sind zuversichtlich, dass sich die Situation demnächst in Wohlgefallen auflösen wird.“ Und wir bleiben dran.