Vergleichstest: Kia Ceed gegen VW Golf

22. Oktober 2018
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:Kia
Klasse:Kompaktwagen
Antrieb:Vorderrad
Treibstoff:Benzin
Leistung:140 PS
Testverbrauch:7,0 l/100km
Modelljahr:2018
Grundpreis:29.390 Euro

Der Kia Ceed scheint im dritten Anlauf seine Linie gefunden zu haben. Generation eins war primär pragmatisch, die pralle Design-Dynamik von Generation zwei ging etwas zulasten des Praxiswerts. Mit Generation drei bewegt man sich nunmehr elegant am Mittelweg zwischen gutem Styling und überzeugenden praktischen Qualitäten. Auch der Name wurde entschlackt: Statt cee’d heißt er nun Ceed, groß ge­­schrieben und ohne verwirrenden Apostroph.

Der VW Golf VII ist dagegen schon seit sechs Jahren auf dem Markt. Zugegeben, im Vorjahr gab es ein Facelift, das neben leichter optischer Auffrischung auch neueste technische Details wie Assistenzsysteme oder in einigen Modellen gar Gestensteuerung brachte. Seit heuer gibt es den Golf in der getesteten Ausstattung „Rabbit 40“. Die Zusatz­zahl steht für 40 Jahre Rabbit und die ebenso lange Führungsposition in Österreichs Auto-Verkaufsstatistik.

Ebenfalls sehr frisch ist der auf Sparsamkeit getrimmte 130- PS-Benziner, mit dem der Golf als „BlueMotion“ zum Vergleich antritt. Der Kia setzt dem 140 PS sowie die Top-Ausstattung „Platin“ entgegen.

 

Motor & Getriebe

VW treibt beim 2017 eingeführten 1,5 Liter-Benziner großen technischen Aufwand: Zur Steigerung des Wirkungsgrads ar­­beitet der Motor nach dem Miller-Brennverfahren, außerdem gibt es einen Turbolader mit va­riabler Turbinen­geo­me­trie und Zylinder-Ab­schaltung. Das maximale Drehmoment von ­200 Newtonmetern steht bei extrem frühen 1400 Touren an. Ein Topwert, allerdings liefert der vergleichsweise konventi­onelle 1,4 Liter-Vierzylinder von Kia sein Drehmoment-Maximum auch schon bei 1500 Touren ab, in seinem Fall sind es so­­gar 242 Nm.

Trotz auf dem Papier identischer Fahrleistungen – in beiden Fällen gelingt der Sprint auf 100 km/h in 9,1 Sekunden, und die Höchstgeschwindigkeit be­­trägt hüben wie drüben 210 km/h – wirkt der Kia-Motor in praktisch allen Lebenslagen spritziger, was sich beim Durchzug auch eindeutig nachmessen lässt. Im Innenraum ist der Ceed fast so leise wie der Golf, auch bei Autobahntempo sind Unterhaltungen ohne Geschrei möglich.

Von außen hört sich die Sa­­che allerdings ganz anders an: Gibt der Kia-Fahrer Vollgas, glaubt der geneigte Zuhörer, ein Eurofighter sei im Anflug. Ein Sound, der Benzinbrüder gleichermaßen verzückt, wie er Autofeinde empören könnte. Und wir sprechen hier nicht einmal über ein Sport-Modell, der über 200 PS starke „GT“ wartet ja noch in der Pipeline.
Die Sechsgang-Handschaltungen schenken einander nichts, beide sind äußerst präzise und angenehm kurzwegig. Sowohl Ceed als auch Golf sind übrigens auch mit Sieben­gang-Doppelkupplungs-Automatik erhältlich, im Fall des VW verfügt diese über eine bis 130 km/h erweiterte Segel-Funktion zum Spritsparen.

Zwei kompakte Bestseller im Vergleich: Platzhirsch VW Golf tritt als Rabbit 40 gegen den komplett neuen Kia Ceed in Top-Ausstattung an.

Zwei kompakte Bestseller im Vergleich: Platzhirsch VW Golf tritt als Rabbit 40 gegen den komplett neuen Kia Ceed in Top-Ausstattung an.

 

Fahrwerk & Traktion

Wie schon beim Motorsound gibt sich der Kia auch beim Fahrverhalten sportlich: Er ist spürbar straffer abgestimmt als der VW ohne dabei unangenehm hart rüberzukommen. Soll es ein­­mal schnell ums Eck gehen, ist der Koreaner in seinem Element: Die hochpräzise Lenkung ist ungewöhnlich direkt (außerdem ungewöhnlich schwergängig), das Heck lenkt freudig mit, ohne dabei unkontrolliert auszubrechen – Fahrfreude pur!

Der VW Golf bezieht nicht so eindeutig Stellung, wie immer möchte er es allen recht machen. So ist er sanfter gefedert, die Lenkung ist mitteldirekt, wenn auch genauso präzise wie jene des Ceed. Und das Fahrverhalten bezeichnet man am besten als „stoisch“. Der Wolfsburger bleibt auf Linie, komme, was da wolle. Übertreibt man es, agiert das ESP genauso sanft und höflich wie beim Korea-Kollegen, ab­­schaltbar ist es in beiden Fällen nicht. Laut unbestechlicher Stoppuhr nimmt der Kia dem VW auf unserem Tracktest bei knapp eineinhalb Minuten Fahrzeit etwas mehr als eine Sekunde ab, was in etwa dem Geschwindigkeits-Gefühl beim Fahren entspricht.

Auf der Bremse herrscht wieder Gleichstand: Beide benötigten bei sommerlich heißen 30 Grad 39,3 Meter von 100–0 km/h. Ein feiner Wert, der aber bei 20 Grad Außentemperatur sicher noch zu toppen wäre. Dem Golf kommen dabei die am Testwagen befindlichen 225er-Reifen zugute. Eine Dimension, die beim Kia im Gegensatz zum VW serienmäßig ist. Detail am Rande: Während der Deutsche auf koreanischen Hankook-Reifen anrollt, setzt der Koreaner mit Michelin lieber auf europäische Ware.

 

Cockpit & Bedienung

Beim Golf Rabbit 40 kommt serienmäßig das volldigitalisierte „Active Info Display“ zum Einsatz, allerdings jenes der ersten Generation. Dieses kann Tacho und Drehzahlmesser „schrumpfen“ und in den Zwischenraum etwa die Navi-Karte einspielen, es macht aber im Gegensatz zu Generation zwei nicht den ganzen Instrumentenraum auf Wunsch zur Navi-Projektionsfläche. Konventionell, mit schönen, ­chrom-umrandeten Analog-Armaturen kommt dagegen der Kia daher. Natürlich gibt es zwischen den Uhren auch ein Digitaldisplay. Beide teilen die Funktionen sehr klug auf fest zugeordnete Knöpfe und diverse Menü-Funktionen im Touchscreen auf. Weder gibt es ein unübersichtliches Knöpfchen-Konzert, noch verstecken sich wichtige Funktionen im siebzehnten Untermenü. Übersichtlichkeit und Bedien-Logik liegen daher am obersten Klassen-Ende. Einziger Unterschied: Der Kia-Touchscreen ist deutlich höher platziert und liegt damit im optimalen Sichtfeld.

In Sachen Assistenzsysteme ist der Autonomie-Level 2 – gleichzeitig automatisches Bremsen, Gasgeben und Lenken – in der Kompaktklasse angekommen. Beim Kia agiert der Spurhalte-Assistent passiv (Vibrations-Warnung im Lenkrad) und aktiv (Lenk-Korrek­tur). Die passive Variante ist allerdings nervig, vibriert sie doch schon, wenn man eine Fahrbahnlinie auch nur ansatzweise berührt. Zwar lässt sich die Funktion wegschalten, beim nächsten Start ist sie aber wieder da. Und aktives Lenken ohne passives Vibrieren gibt es bei Kia nicht, das System vibriert sogar, wenn es eine Kurve selbst nicht sauber kriegt. Beim VW agiert das System ausschließlich aktiv und das sehr gut.

Die Karosserie-Übersichtlichkeit liegt auf modernem Niveau. Soll heißen: Die Sicht nach schräg hinten ist aufgrund der breiten C-Säulen deutlich eingeschränkt. Eine Rückfahr­kamera ist aber überall erhältlich, beim getesteten Ceed „Platin“ sogar aufpreisfrei.

Die Sitze sind hier wie dort straff, langstreckentauglich und bieten guten Seitenhalt. Für rund 500 Euro Aufpreis hat der Golf den empfehlenswerten „ergoActive“-Sitz an Bord, mit verstellbarer Sitzflächenlänge, Heizung und fahrerseitiger Massage-Funktion.

 

Innen- & Kofferraum

Als wesentlich jüngeres Modell ist der Kia Ceed etwas länger als der VW Golf, was sich auch im Radstand (plus drei Zentimeter) auswirkt. Ein Vorteil, der im Passagierraum allerdings nicht an­­kommt, haben Hintensitzende im Golf doch einen Zentimeter mehr Beinfreiheit. Dafür bietet der Kia trotz gleicher Außenbreite innen ein paar wertvolle Zentimeter mehr Ellbogenraum.

Die Kopffreiheit ist im Golf epochal – vorne gibt es einen ganzen Meter, hinten immer noch 97 Zentimeter. Hier muss der Ceed ein paar Zentimeter vorgeben, was aber primär am aufpreispflichtigen Panoramadach des Testwagens liegt.

Beim Gepäckabteil setzt der Koreaner endlich seine Längen-Zentimeter in messbare Vorteile um: 395 Liter Grundvolumen liegen am oberen Kompaktklassen-Ende, obwohl der Wolfs­burger mit 380 Litern tapfer dagegenhält. Beide Laderäume lassen sich hervorragend nutzen, sind 2:1 erweiterbar und verfügen über doppelte Böden – weshalb es nach dem Lehnen-Umlegen auch keine lästige Stufe gibt.

Die Ladekante des Golf liegt mit 65 Zentimetern angenehm niedrig (Ceed: 67), dafür schwingt die Heckklappe des Koreaners noch weiter auf, selbst mit 188 Zentimetern Körpergröße muss man sich nicht bücken, beim Wolfsburger öffnet sie nur bis 184 Zentimeter.

An Ablagen herrscht hier wie dort kein Mangel, die vorderen Türfächer können auch kleinere Flaschen aufnehmen. Leider verzichtet Kia auf die praktische Kühlfunktion des Handschuhfachs, obwohl diese bei früheren Ceed-Modellen an Bord war.

 

Dran & Drin

Beim Kia Ceed „Platin“ sucht man länger nach Ausstattungs-Details, die er nicht hat, als nach solchen, die er hat. Es handelt sich dabei um die typisch koreanische „All inclusive“-Mitgift. LED-Scheinwerfer, Navigationssystem, Lederpolsterung, Einpark-Vollautomatik, Verkehrszeichen-Erkennung – alles drin, alles dran.

VW knausert beim Rabbit 40 zwar nicht bösartig, im Vergleich zum Kia wirkt der Golf aber gar karg. Dem Koreaner hat er lediglich das digitalisierte Cockpit und den CD-Player vo­­raus. Letzterer ist aber eher ein Tribut an das frühe Entwicklungsjahr, denn insgesamt ge­­hört die automobile Scheiben-Abspielmöglichkeit zu einem aussterbenden Vergnügen. Typisch VW, dass manche Extras nur in Verbindung mit anderen erhältlich sind. Wer Verkehrszeichen-Erkennung wünscht, muss auch ein Navi nehmen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Die Extraliste des VW Golf umfasst alles, was der Kia Ceed serienmäßig bietet und noch mehr, für den Rabbit 40 sind manche Goodies aber nicht erhältlich, etwa Lederpolsterung oder Räder mit mehr als 17 Zoll Durchmesser. Für den Ceed „Platin“ gibt es überhaupt nur zwei Extras: Panoramadach und Metallic-Lack.

 

Schutz & Sicherheit

Der neue Kia Ceed war noch kein Kanditat des Euro-NCAP-Crashtests, doch bereits sein Vorgänger erhielt 2012 die vollen fünf Sterne, im gleichen Jahr gab es für den VW Golf ebenfalls das Sterne-Maximum.

An aktiver Sicherheit ist der Ceed kaum zu überbieten, serienmäßig sind LED-Schein­wer­fer mit statischem Kurvenlicht, Fernlichtsensor, Notbrems- und Querverkehrs-Assistent, passiver und aktiver Spurhalte-Assistent, Toterwinkel-Warner, Ra­­dar-Tempomat und Verkehrszeichen-Erkennung.

Beim Golf sind dagegen nur Notbrems-Assistent und Radar-Tempomat Serie. Alle an­de­ren Kia-Helfer erhält man zwar auch, aber nur gegen Aufpreis. Das einzige Sicherheits-Feature, das der VW dem Kia voraushat, ist der Fahrer-Knieairbag.

Sauber & Grün

VW hat sich nicht nur in Sachen Motor-Technik enorm viel Mühe gegeben, um den Verbrauch zu senken, auch an Aerodynamik-Maßnahmen hat man nicht gespart. Bestandteile des „BlueMotion“ sind etwa Karosserie-Tieferlegung und zahlreiche Abdeckungen an der Fahrzeugfront (beides sieht nebenbei auch noch ziemlich gut aus). Ergebnis: Mit 6,1 Liter Superbenzin kommt der Golf im Test mit fast einem Liter weniger durch als der Ceed.

Beide hatten dabei optisch wertvolle, aber nicht gerade verbrauchsgünstige 225er-Reifen auf 17 Zoll-Felgen angeschraubt – die beim Kia „Platin“ sogar serienmäßig sind.
Um die Abgasnorm Euro 6d- TEMP zu erfüllen, haben bei­­de einen Benziner-Partikelfilter an Bord, auch in Sachen übriger Abgase gibt’s gute Noten.

 

Preis & Kosten

Überraschung: Der Kia ist um 3600 Euro teurer als der VW. Allerdings handelt es sich in unserem Vergleich um den Ceed „Platin“ mit Überdrüber-Ausstattung. Begnügt man sich beispielsweise mit „Silber“, also der zweiten von vier Stufen, kommt man locker auf Golf-Niveau, spart dann im Vergleich zum Wolfsburger aber 2000 Euro. Ausstattungsbereinigt ist Kia also wie gewohnt preisgünstiger als VW. Jedenfalls dem Listenpreis nach, beim Rabatt-Gewähren sind die Koreaner knausriger als die Deutschen.

Wie immer punktet Kia mit seiner Siebenjahres-Fahrzeuggarantie. VW spendiert dem Rabbit 40 als einzigem Golf-Modell allerdings auch fünf Jahre. Zum Service muss man mit dem Golf zum ersten Mal nach zwei Jahren, dann jährlich, beim Ceed beträgt das Intervall grundsätzlich zwei Jahre (oder 30.000 Kilo­­meter).

Mit sparsamem Benziner samt Partikelfilter wird der Rabbit 40 „BlueMotion“ mit Sicherheit zum Werthaltungs-Kaiser, doch auch der Kia-Ruf ist dank Top-Garantie und -Qualität in­­zwi­­schen so gut, dass man sich keine großen Wertverlust-Sorgen ma­­chen muss.

Testurteil

Unterm Strich geht der Kia Ceed 1,4 T-GDI Platin als Sieger des Ver­­gleichs­­tests hervor. Sein hervorragendes Handling macht richtig Spaß, die Ausstattung ist formidabel, in Sachen Materialqualität und Verarbeitung liegt er mit an der Spitze der Klasse, und ausstattungsbereinigt ist er gewohnt preiswert. Der VW Golf 1,5 TSI ACT BlueMotion hat einen supermodernen, extrem sparsamen Motor. Der sitzt allerdings in einer prinzi­piell schon sechs Jahre alten Karosserie. Was natürlich den einen oder anderen Punkt kostet – trotz seines Alters ist der Golf aber defi­nitiv noch vorne dabei.

Am Ende entscheiden drei Pünktchen zugunsten des Kia Ceed (re.). Der Koreaner ist rundum gelungen, doch man muss dem VW Golf (li.) Respekt dafür zollen, dass er nach sechs Jahren noch so knapp an der Spitze dran ist.

Am Ende entscheiden drei Pünktchen zugunsten des Kia Ceed (re.). Der Koreaner ist rundum gelungen, doch man muss dem VW Golf (li.) Respekt dafür zollen, dass er nach sechs Jahren noch so knapp an der Spitze dran ist.

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