Greta Thunberg: Chance vergeben

31. Januar 2020
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Alles Klartext

Gibt es Neuigkeiten von Greta Thunberg? Leider nicht – und das schon seit ihrem gut inszenierten Auftauchen vor knapp eineinhalb Jahren. Unverändert geht sie mit der Maximalforderung des sofortigen Endes von Erdöl-, Kohle- und Gasförderung hausieren und wird dafür beklatscht, bevor man sich wieder dem Tagesgeschäft zuwendet. Die formale Spannweite ihrer Ansagen reicht gerade einmal von „gestohlener Zukunft“ über „brennendes Haus“ bis zu „Apokalypse“ – womit die Vorhersehbarkeit der Inhalte etwa gleich groß ist wie die der diversen Aschermittwoch-Reden, die uns bald wieder blühen.

Natürlich ist auch das Kalkül – die Botschaft lautet: „Keine Kompromisse, ich gebe nicht nach!“ Wen das beeindruckt: bitte sehr! Es führt nur zu nichts. Aber praktisch ist es immerhin: Wer nur protestiert, muss sich nie an Ergebnissen messen lassen und kann seine Anti-Attitüde theoretisch auch endlos weiterpflegen.

Greta Thunberg liefert keine Angebote, bietet keine Lösungen. Sie fordert nur – und immer dasselbe. Vielleicht tingelt sie ja auch in zehn Jahren noch als später Twen ohne Schulabschluss zwischen Klimakonferenzen und Davos, um dort ihren Text aufzusagen. Irgendwann wird sie damit nicht nur uninteressant, sondern auch unerheblich für den Lösungsprozess – er wird ohne sie stattfinden.

Derzeit besteht seitens Politik und Industrie eine Bereitschaft, die Bewegung, deren Ikone sie ist, an Entscheidungen zu beteiligen – es wäre der richtige Moment, sich auch konstruktiv einzubringen. Der an Peinlichkeit nicht mehr zu überbietende Kniefall von Siemens-Chef Joe Kaeser vor dem deutschen Gretl-Klon Luise Neubauer legt Folgendes nahe: Erstens, dass der Mann seine PR-Berater geteert und gefedert davonjagen sollte, und zweitens, dass kein Profi-Protestierer wirklich an praktischen Umsetzungen interessiert ist. Nichts ist lästiger, als seine Opposition in reale Lösungen gießen zu müssen.

Aber wann, wenn nicht unter solchen Vorzeichen, wäre die Zeit reif für produktive Inputs? Verantwortung übernehmen ist mehr, als freitags Plakate hochhalten und Parolen skandieren. Wie jede Protestbewegung aller Zeiten hält sich auch Fridays for Future für unvergänglich – tatsächlich ist die Halbwertszeit kurz und die Erosion hat längst eingesetzt. Schon jetzt finden Lehrer und Elternvereine FFF toller als die jugendliche Zielgruppe selbst. Die fand das Thema vor allem bei Schönwetter und außerhalb der Ferien reizvoll. Für die Legendenbildung a la Donnerstags-Demo und AudiMax-Besetzung wird es wohl reichen. Aber auch das ist nicht wirklich etwas Neues.

(Kommentar)

Foto: Anders Hellberg