Leser-Service: ALLES AUTO hilft (Oktober 2022)

19. Oktober 2022
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Aktuelles

Regelmäßig wenden sich Leser mit Fragen oder Bitten um Problemlösung rund ums Thema Auto an uns. Wir helfen und schaffen Klarheit bei komplexen Sachverhalten. Hier die Fälle aus dem Oktober 2022:

Links vor rechts?

An einer großen Kreuzung mit zwei nebeneinander liegenden Rechtsabbiegespuren wechselte ich in die linke der beiden, weil in der rechten ein Lkw fuhr. Gleichzeitig bog ein mir ent­gegenkommender Autofahrer aus seiner Sicht nach links ab, er fuhr also genau in dieselbe Straße wie ich. 

Eine Berührung war gerade noch zu verhindern, dennoch blieben wir danach beide stehen, um uns „freundlich“ auszutauschen. Der andere Autofahrer war der Meinung, dass im Fall von zwei Rechtsabbiegespuren nur die rechte gegenüber entgegenkommenden Linksabbiegern Vorrang habe, die linke dagegen Nachrang, weil seine Linksabbiegespur ja genau dort einmündet und er im Gegensatz zu mir keine Spur-Wahlmöglichkeit habe. Diese Rechtsmeinung kommt mir seltsam vor, daher möchte ich bei Ihnen um Rat fragen.

Gerald Neumann
2525 Leobersdorf

Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Christiane Milz:

Grundsätzlich ist nach den ­Vor- gaben der StVO „nach rechts in kurzem, nach links in weitem Bogen“ einzubiegen. Auf Kreuzungen mehrspuriger Straßen ist der Fahrstreifen, der vor dem Einbiegen befahren wurde, auch beim Einbiegen zu benützen. Der Lenker eines Fahrzeuges darf den Fahrstreifen wechseln, wenn er sich überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Gleiches gilt auch beim Einbiegen aus einspurigen Fahrbahnen. 

Darüber hinaus gilt im ­Einzelfall das allgemeine Rücksichtnahmegebot sowie die ­Vorrangregeln des §19 StVO zu beachten. Ihr linksabbiegender „Kontrahent“ hat also im Grunde recht. Im Fall einer Kollision wäre aber im Detail durch Sachverständige zu ­überprüfen, welches Fahrzeug genau zu welchem Zeitpunkt eingebogen ist und dem jeweils anderen damit den Vorrang genommen hat.

Asymmetrische Felgen

Bei nahezu allen Automarken finden sich heutzutage so­­ge-nannte „strömungsopti­mierte“ Felgen. Aber: Meist haben die Felgen jeweils eines Satzes
ein Einheits-Design. Somit „schauen“ sie auf jeder Seite in eine andere Richtung. Ist das falsch verstandene Sparsamkeit? Es gibt ja auch rechte und linke Scheinwerfer, Spiegel und laufrichtungsgebun-dene Reifen. Da kann es doch kein Problem sein, eine rechte und linke Felgen-Form zu bauen. Und wie sollen links und rechts gegenläufige Räder, die dadurch unterschiedlich angeströmt werden, einen Spritspareffekt haben?

Ernst Eisinger
E-Mail

Der Sinn von Aerodynamik-Felgen besteht vorrangig im Erzeugen eines „Wand“-Effekts, der Verwirbelungen an den Rädern vermeidet. Abge­sehen von ein paar anderen Details ist diese neue Art der Felgen vom Layout her vor allem geschlossener als herkömmliche und erzeugt daher bei entsprechendem Tempo den Effekt einer glatten Fläche, an der der laterale Luftstrom entlang der Fahrzeugflanke ungehindert strömen kann. Optische Details machen dabei keinen Unterschied, da­­her ist die Montageseite egal, und es gibt – aus Spar- und Logistik-Gründen – auch kein unterschied­liches Links/Rechts-Design der Räder.

Foto: ÖAMTC

Doppelte Mindestprofiltiefe

Im Zuge des Verkaufs meines Autos ließ ich einen ÖAMTC-Ankaufstest vornehmen. Dabei wurde folgendes als „leichter Mangel – §57a-relevant“ de­­klariert: „Reifen hinten: doppelter Wert der gesetzlichen Mindestprofiltiefe unterschritten“. Ich habe noch nie gehört, dass die doppelte Mindestprofiltiefe der Reifen eine rechtlich bindende Messgröße wäre. Ich würde es ja verstehen, wenn der ÖAMTC das als „Hinweis“ deklarieren würde, aber warum fährt man das schwere Ge­­schütz eines „Pickerl-relevanten Mangels“ auf und agiert damit zu Ungunsten der Autoverkäufer? Oder habe ich etwas verpasst, und die doppelte ­Mindestprofiltiefe ist nunmehr Pickerl-relevant?

Karin Soukal
1030 Wien

Dazu Andrej Prozent, Koordinator für Technische Standards beim ÖAMTC:

Die ÖAMTC Kaufüberprüfung ist im Prüfumfang deutlich umfangreicher als die §57a- Begutachtung, mit dem An­­spruch, nicht nur den Status quo festzustellen, sondern einen Ausblick für das konkrete Kaufobjekt zu geben, also welcher Aufwand in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Daher kann die Mängelbeurteilung von den ­Kriterien der §57a-Begutachtung abweichen. Die Mängel­beurteilung richtet sich vorrangig nach den Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, erfolgt objektiv und nicht zu Gunsten oder Ungunsten von Käufer:in oder Verkäufer:in.

Die gesetzliche Mindestprofiltiefe bei Pkw-Reifen darf 1,6 Millimeter nicht unterschreiten. Ein neuer Pkw-Sommerreifen verfügt über eine Profiltiefe von circa acht bis neun Millimetern. Richtig ist, dass die Unterschreitung des doppelten Wertes der Mindestprofiltiefe kein gesetzlich festgelegter Wert ist. Allerdings ist bei weniger als 3,2 Millimetern Resttiefe vom Profil mehr weg, als noch da ist. Das bedeutet, der zukünftige Besitzer kann unter Umständen schon bald ein Pickerl-relevantes Thema (schwerer Mangel) bekommen. Ob Hinweis oder leichter Mangel – die Reifen müssen bald ersetzt werden.

Foto: Werk

Tempolimit-Zwang

Die Europäische Union hat angeblich kürzlich eine Verordnung verabschiedet, die eine Anti-Geschwindigkeits-Technologie namens Intelligent Speed Assistance (ISA) für Autos, die auf dem europäischen Markt eingeführt werden, obligatorisch macht. ­Darüber hinaus soll die Technologie ab 2024 für alle in der EU verkauften Neuwagen verpflichtend sein. Haben Sie Informationen, ob das stimmen kann?

Peter Plankenbüchler
1210 Wien

Seit dem 6. Juli 2022 sind einige Assistenzsysteme für seither neu typisierte Modell­reihen zwingend vorgeschrieben, ab dem 6. Juli 2024 werden diese für alle neu zugelassenen Fahrzeuge verpflichtend sein. Bei ISA handelt es sich weder um ein erzwungenes Tempo­limit noch um eine Anti-Ge­­schwindigkeits-Technologie. ISA ist ein (bei einigen Herstellern schon seit Jahren erhältliches) Assistenzsystem, das den adaptiven Tempomat und die Verkehrszeichenerkennung miteinander kombiniert. Der Vorteil: Die Fahrgeschwindigkeit passt sich auf Wunsch auto­matisch der aktuell erlaubten Höchstgeschwindigkeit an.

ISA selbst ist gar nicht gesetzlich verpflichtend, sondern le­­diglich eine Warnfunktion bei Überschreiten des aktuellen Ge­­schwindigkeitslimits (optisch, akustisch). Diese Warnfunktion ist deaktivierbar, muss beim erneuten Motorstart aber wieder „scharf geschaltet“ sein.