Leser-Service: ALLES AUTO hilft (Dezember 2022)

16. Dezember 2022
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Aktuelles

Regelmäßig wenden sich Leserinnen und Leser mit Fragen oder Bitten um Problemlösung rund ums Thema Auto an uns. Wir helfen und schaffen Klarheit bei komplexen Sachverhalten. Hier die Fälle aus dem Dezember 2022:

Was gilt als Lkw?

Die Straße, in der ich wohne, wurde kürzlich durch bauliche Verengungs-Maßnahmen und ein 30 km/h-Tempolimit „verkehrsberuhigt“. Weil die Fahrbahn nun für Lkw-Gegenverkehr an manchen Stellen zu eng ist, hat man Fahrverbotsschilder für Lkw montiert. Allerdings nur mit dem Zusatz „ausgenommen Straßendienstfahrzeuge“, weitere Einschränkungen wie z.B. „ab 3,5
Tonnen“ oder „über 10 Meter Länge“ gibt es nicht.

Ich selbst fahre einen VW Caddy Cargo als Firmenwagen. Dieser ist ein bloß 4,50 Meter langes Kompaktfahrzeug, aber steuerrechtlich ein Lkw. Gilt das Fahrverbot also auch für meinen Caddy? Wenn ja, dürften aber auch die Post und diverse Lieferdienste nicht mehr in unsere Straße ein­fahren…

Robin Meyer
1180

Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Claudia Bobrich:

Wenn es bei dem Verkehrsschild „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge“ keine Einschränkungen durch Zusatztafeln gibt, gilt das Verbot für alle Lastkraftfahrzeuge. Laut Kraftfahrgesetz (KFG) ist ein Lastkraftwagen ein „Kraftwagen, der nach ­seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern auf für den Fahrzeugverkehr bestimmten Landflächen bestimmt ist, auch wenn er in diesem Fall eine beschränkte Ladefläche aufweist“. 

Das Fahrverbot gilt dann sowohl für Ihr Fahrzeug als auch für Post, Lieferdienste etc., sofern deren Fahrzeuge der gesetzlichen Definition eines Lkw entsprechen.

Maut-Nachzahlung

Ich habe vor kurzem ein ­Schreiben von einem italienischen Inkasso-Büro erhalten, das auf ein Autobahnmaut-Vergehen von mir nahe Modena verweist, das ich vor sieben (!) Jahren begangen haben soll. Nach einigem Nachdenken erinnere ich mich daran, dass meine Kreditkarte nicht funktioniert hat, der Schranken dann aber trotzdem geöffnet wurde. Wie auch im­­mer, ich würde gern wissen, ob ich diese Strafe bezahlen muss oder ob sie längst verjährt ist.

Heinrich Kleinfalk
2340 Mödling

Dazu Öamtc-Jurist Mag. Tatjana Gamil:

Bei den Autobahnbetreibergesellschaften in Italien handelt es sich um Aktiengesellschaften, und nicht um staatliche Körperschaften. Deshalb muss man laut unserem deutschen Partnerklub ADAC im Gegensatz zur Bußgeld-Sanktion von einer privatrechtlichen Forderung aus­gehen, es handelt sich somit um einen zivilrechtlichen An-spruch, wobei Fahrer und Kfz-Halter solidarisch für die Be-zahlung der Autobahnmaut haften. Zu­­dem können die Betreibergesellschaften im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen für den Fall der nicht rechtzeitigen Entrichtung der Gebühren (zivilrecht­liche) Aufschläge erheben.

Geht man von der Forderung der nicht bezahlten Mautgebühr für die Benutzung der italienischen Autobahn als zivilrecht­lichen Anspruch aus, so wird man die Vollstreckbarkeit bejahen müssen. Im Zweifel könnte diese daher von einem Inkassobüro entweder im gerichtlichen Mahnverfahren oder gegebenenfalls von der italienischen Autobahnbetreiber-Gesellschaft di­­rekt im grenzüberschreitenden Streitfall zur Erlangung eines europäischen Vollstreckungs­titels eingeklagt werden. Die zivilrechtliche Verjährungsfrist für derartige Forderungen in Italien beträgt grundsätzlich zehn Jahre.

Foto: ADAC

Abstands-Messung

Ich erhielt jüngst eine Anonymverfügung wegen zu geringem Abstand zum vor mir fahrenden Fahrzeug. Es würde mich interessieren, wie solche Verstöße ermittelt werden. Handelt es sich dabei um ein Einzelbild oder um ein Video? Es gibt nämlich etliche Situa­tionen, in denen man trotz Bemühens um einen sicheren Abstand für kurze Zeit straf­fällig ist, bevor es gelingt, den richtigen Abstand wieder herzustellen, etwa, wenn der Vordermann unerwartet bremst oder man von einem Über­ho-lenden geschnitten wird.

Deshalb meine Fragen: Wie kontrolliert die Polizei den Ab­­stand zwischen zwei Fahrzeugen? Werden oben geschilderte Situationen berücksichtigt? Gibt es eine Möglichkeit, Einsicht in die Aufnahme bzw. das Video der Polizei zu nehmen?

Mag. Dietmar Brunner
6020 Innsbruck

Grundsätzlich kommen bei ­stationären oder mobilen Ab­­standsmessungen Videosysteme zum Einsatz. Damit soll aus­geschlossen werden, dass man zum Handkuss kommt, obwohl man notgedrungen und nur kurzzeitig den Mindestabstand (zwei Sekunden werden empfohlen, unterhalb einer Sekunde wird gestraft) unterschritten hat, weil der Vordermann un­­erwartet abgebremst oder sich jemand vor einen in die Spur gedrängt hat.

Gegen eine Anonymverfügung gibt es kein Rechtsmittel. Um Einsicht in das Videoma­terial zu erhalten, müssen Sie die Zahlungsfrist der Anonymverfügung verstreichen lassen. Da­­nach erhalten Sie eine An­­zeige, gegen die Sie dann Einspruch erheben bzw. Einsicht in das Videomaterial fordern können. Genaue Infos stehen vermutlich in der Anzeige bzw. ist darin jedenfalls eine Kontakt-Telefonnummer für weitere Fragen angegeben.

Schrägpark-Regeln

Zum Thema Parken heißt es in der 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung, die seit dem 1. Oktober 2022 gilt, dass ein „Hi­­neinragen des Fahrzeugs in den Gehsteig nur mehr im ge­­ringfügigen Ausmaß erlaubt“ sei. Als geringfügig werden „Seitenspiegel“ oder „Stoßstange“ definiert. Abgesehen davon, dass es klassische Stoßstangen seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gibt (sondern Kunststoff-Stoßfänger), frage ich mich nun, ob ich mein Schrägpark-Verhalten ändern soll. Bisher bin ich immer bis zum Anstehen des Vorderreifens am Randstein vorgefahren. Ich bitte daher um einen Tipp, wie weit das Auto den Gehsteig beim Schrägparken noch überragen darf.

Mag. Ottfried Jäger
E-Mail

Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Claudia Bobrich:

Die Frage, wie weit Ihr Fahrzeug den Gehsteig exakt über­ragen darf, lässt sich nicht ge­­nerell beantworten. Im Fall einer Verwaltungsstrafe müsste im Einzelfall geklärt werden, ob das „geringfügige Ausmaß“ überschritten wurde.

Durch die angesprochene StVO-Novelle ist jedenfalls nur noch ein Hineinragen in Fußgänger-Flächen in geringfü­gi-gem Ausmaß erlaubt. Seitenspiegel und Stoßstange werden lediglich als Beispiele angeführt. Eine exakte Definition für diese Begriffe bzw. wie weit ein Überhang generell erlaubt ist, ist nicht festgelegt. Das hat den Grund, dass es wie so oft auf den Einzelfall ankommt.

Gemäß den gesetzlichen Erläuterungen zur Novelle wird die Beurteilung, ob ein Hineinragen lediglich ein geringfügiges Ausmaß nicht überschreitet, „auch von der Gesamtbreite des betroffenen Gehsteigs ab­­hängen, insbesondere wenn ­dieser einen Breitenzuschlag zum Ausgleich des Fahrzeugüberhangs gemäß Stand der Technik aufweist.“ Es kommt daher nicht darauf an, wie ge-nau „Stoßstange“ definiert wird, sondern wie die Gegebenheiten vor Ort sind und wie massiv gegebenenfalls die Verkehrsbeeinträchtigung ausfällt.

Da diese Bestimmung erst seit kurzem besteht, gibt es noch keine ausreichende Rechtsprechung zu dem Thema. Welche Maßstäbe bzw. Richtwerte sich künftig ergeben, bleibt also abzuwarten.Â