ALLES AUTO Jahrbuch 2018

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Vorwort

„Maserati Ghibli SS, 1972, 330 PS, blau, öS 145.000 oder Tausch gegen Golf GTI“ lockte 1980 eine kleine Anzeige in der „Kleinen Zeitung“. Der inserierende Fiat/Lancia-Händler ging bald danach ebenso pleite wie der damalige Maserati-Importeur. Der Ghibli aber grollte fortan täglich unter meiner Nase vorbei, optimiert mit einem Glas­hebedach. Weiß, mit blau verlaufenden Dekorstreifen, gewann er in Velden den Auto­blumencorso – in der Promi-Jury saß neben Dagmar Koller mein heutiger Nachbar Eduard, der sich damals wunderte, wie unbedarft man in so was hineingeraten kann. Dann verkürzte ein Frontaler den langen Ghibli-Bug um einen halben Meter, sein Fahrer schlug Jahre später mit dem Gleitschirm hart auf. Mehr Glück hatte sein Mechaniker: ­
Bei dem lag ein Zweit-Ghibli um 50.000 Schilling als Ersatzteillager im Naturkräuter­garten.

Einen Ghibli könnte man heute um 499 Euro im Monat leasen. Als Neuwagen mit Diesel. Wird der Ghibli SS-Eigner in unserer Geschichte (ab Seite 108) seinen 22 Jahre jungen Range Rover mit BMW-Selbstzünder aus Steyr dank Altauto-Verschrot­tungs-Aktion bald eintauschen gegen ­einen Maserati Levante Diesel, wie wir ihn ab Seite 22 erfahren? „Alles unter vier Liter Hubraum ist ein Kinderwagen“, pflanzt Herr Johann seinen Ghibli Diesel tankenden Garagen-Nachbarn.

Sogar Ferrari kündigt einen SUV an. Mit Allrad und langem Innenraum überrascht auf Seite 14 bereits der GTC4 Lusso. Nichts Neues im Wilden Westen: 1969 ließ sich in Reno, Nevada, der ­Casino-Mogul Bill Harrah einen italienischen 4,4 Liter-V12 in seinen Jeep Grand Wagoneer einbauen, der Spitzmaulbug eines 365 GT ziert den „Jerrari“, der sich heute in Deutschland aufhält. Kein Agnelli und kein Iacocca hätten je geahnt, dass es Ferrari dank Chrysler eines Tages wieder mit Jeep treiben würde. Vielleicht lesen Sie schon im Exklusiv-Jahrbuch 2020 unseren Kitzbühel-Vergleichstest mit Lamborghini Urus und Bentley Bentayga Supersports? Wir bleiben dran.

Elektro-Ferrari wären auch nichts Neues, glückliche Prinzen surren damit schon länger ohne Führer­schein durch arabische Paläste. Maserati kündigt Elektro-Sportwagen an; bereits in den 40er-Jahren stellte man neben Batterien auch Lieferwagen für den Lokal­verkehr her. Ob man den Hype um Tesla nun leiden mag oder nicht: Das Modell S sieht in aller Subjektivität erträglicher aus als viele der überzeichneten Premium-Germanen, aber auch als Jaguar und – Maserati. ­Gegenteilige Ansichten bitte an die Redaktion. Grazie!

Erstaunliches in diesem Jahrbuch. Vom Opel Rekord ohne Dach (Seite 50) bis zum Mercedes 600 (Seite 114). Vom Skoda völlig ohne Dach (Seite 68) bis zum Pegaso (Seite 74). Eine Ente im Orange der Dyane auf Seite 138 fuhr im Sommer 1980 meine atemraubende Vorgesetzte im Verkehrsbüro, während ich auf den Führerschein sparte, sofern dies der Konsum von Autoliteratur zuließ. Zwei Oldtimer-Magazine gab es, die „Automobil- und Motorrad-Chronik“ und das reine Anzeigenblatt „Oldtimer-Markt“. Heute locken mich neben der Oberweite meiner Trafikantin mehr Klassik- und Youngtimer-Hefte als Neuwagen-Journale. Was sagt uns das?

Die Marktpreis-Liste im Fond (ab Seite 156) wird bei vielen von uns Nichtbesitzern eine Depres­sion auslösen. Um jene umgerechnet 10.500 Euro, die 1980 der achtjährige Maserati Ghibli kostete, wird man heute nicht einmal sein Wrack kriegen. Trotzdem bleibt eine schöne Qual zur Auswahl – von der Giulietta zum Lancia Beta, vom BMW 320 zum Mercedes 300 CE (alle ab ­Seite 120). Etliche hochinteressante Autos tauchen gar nicht in Listen auf, da sie das Radar der Markterheber unterfliegen. Davon ein andermal. Ehrenwort!

Hans-Karl Lange