Der Mittelklassewagen Lada 1500, eine russische Lizenzproduktion des längst eingestellten Fiat 125 aus dem Schiguli-Werk in Togliatti, war schon bei seiner Premiere Mitte der siebziger Jahre ein hoffnungslos veraltetes, rückständiges Auto, zumindest nach westlichen Maßstäben. Immerhin: Der Lada bot viel Platz im Innen- und Kofferraum. Und war konkurrenzlos billig.
Letzteres dürfte auch einer der Gründe dafür gewesen sein, warum sich der sowjetische Fiat-Ableger österreichweit bald in die Bestsellerlisten drängte. Mit aggressiver Werbung auf Plakaten und in den Zeitungen (Motto: Alle sind blöd, die ein teureres Auto kaufen) entwickelte sich der Lada in Österreich überraschend zum Verkaufsschlager in seinem Marktsegment. Angesichts dieses Erfolges hatte der tüchtige Lada-Verkaufsdirektor Gerhard Mühlauer damals allen Ernstes geglaubt, sein Lada sei ein unschlagbares Klasse-Auto.
Umso entsetzter war er, als der Lada bei einem Vergleichstest des „Kurier“ abgeschlagen Letzter wurde. Aufgeregt drohte Mühlauer, er war der Marketing-Stratege des Lada-Importeurs ÖAF, dem „Kurier“ mit Klage, ehe ihn eine Glosse in der Tageszeitung unvermutet gnädig stimmte. Geschrieben hatte sie Martin Maier, der große Sprachästhet, der regelmäßig auch Auto-Geschichten für den „Kurier“ verfasste. MM, wie sich Martin Maier nannte, liebte es, nicht die Siegerwagen der Vergleichstests zu bewegen, sondern die Verlierer. Das schien ihm journalistisch die größere Herausforderung zu sein.
Und so äußerte sich Martin Maier in der „Kurier“-Ausgabe vom 8. Mai 1976 über den Lada:
„Da ist das Fahrverhalten: Erst will die* dickschädlige Lada nicht hinein in die Kurve, dann will sie nicht heraus……Da ist die Kupplung: Der linke Fuß wird Schwerarbeiter. Doch darin steckt erzieherischer Wert. Wer die Todsünde begeht, bei Rotlicht an Kreuzungen den Gang eingerückt zu lassen und das Pedal zu treten, der lässt’s bald erschöpft sein.“
Und, in Zeiten des lebendigen Kommunismus klang das beinahe literarisch: „Wenn man die Lada für längere Zeit abstellen will, soll man es laut Betriebsanleitung in einem dunklen Raum tun. Das klingt nach endloser Abwesenheit des Besitzers. Wer weiß, wo er sich herumtreibt. Wo er herumgetrieben wird.“
Und dann, offenbar für jene Leser, die ein solches Auto besaßen: „Wem steht die Lada gut zu Gesicht? Starken Männern. Drum lieben Frauen Lada-Fahrer.“
Bald meldete sich der Lada-Verkaufschef Mühlauer bei mir am Telefon. Er war auf mich, der ich für die Punktewertung der „Kurier“-Tests verantwortlich war, verständlicherweise nicht besonders gut zu sprechen. „Aber immerhin“, sagte er zu mir, „gibt es bei Ihnen in der Zeitung auch einen Journalisten wie den Martin Maier, der wirklich etwas von Autos versteht und erkannt hat, dass unser Lada ein Spitzenprodukt ist.“
*Der weibliche Artikel für Lada war in den 70er-Jahren üblich.
Foto: Paul Schulze / flickr.com
Rolex
( 11. April 2021 )
Ist Lada in Österreich (bzw, in ganz West-/Mitteleuropa) jetzt eigentlich noch erhältlich? In eurer Preisliste sind alle Modelle eingeklammert, im Katalog ist der 4×4 vulgo Taiga noch abgebildet. Hab letztes Jahr mal gelesen, dass nur mehr Restbestände verkauft werden. Die Verkaufsstatistik weist seit Septembert jedenfalls nur mehr 0 Stück aus…
Aus technischer Sicht ist es nur logisch – selbst der “moderne” Vesta ist im Vergleich mit z.B. Dacia chancenlos. Lediglich die Schrulligkeit konnte man noch irgendwie als Verkaufsargument sehen. Wobei – da es ja aktuell auch keinen Jimny mehr zu kaufen gibt, hätte der Taiga weiterhin seine Fans und Käufer gefunden…
Rest in peace? Or rest pieces? 😉
lg, Rolex
Georg Koman
( 12. April 2021 )
Hallo Rolex,
Ende 2019 wurden von AvtoVAZ alle Verträge mit den europäischen Importeuren gekündigt und die Lieferung von Neufahrzeugen eingestellt – wohl aus Abgasgründen. Bis ins 2. Halbjahr 2020 war der Importeur noch lieferfähig, aktuell sind Neufahrzeuge aber bestenfalls noch als einzelne Restexemplare (mutmaßlich Tageszulassungen, die dann nicht mehr in der Neuwagen-Verkaufsstatistik aufscheinen) bei Händlern erhältlich.
Im aktuellen (April-)Heft war es nicht mehr möglich, den Lada 4×4 aus dem Katalog rauszunehmen, während sich das “Einklammern” der Lada-Modelle in der Preisliste noch ausging. Sorry für die damit erzeugte Verwirrung!
Hans
( 11. April 2021 )
Anscheinend wird Lada nicht mehr nach Westeuropa exportiert, wegen der Abgasgrenzwerte.
Die ungarische Lada-Seite (hier spielte Lada immer eine größere Rolle als im Westen) schreibt: “der Lada-Neuwagenverkauf wird in Europa und damit auch in Ungarn auf unbestimmte Zeit eingestellt.”
Dem Niva/Taiga kann ich persönlich wenig abgewinnen, aber der Vesta SW Cross würde mir optisch besser als jeder Dacia (und auch als viele andere Autos) gefallen. Aber mit dieser Technik wird das nix…
MfG J
Weuzi
( 20. April 2021 )
Männliche Autos sind deutsch. Die bella macchine in Italien und in Britannien sind eindeutig weiblich. Mit der Lada, als italienisch – russisches Derivat, hat sich auf einmal das weibliche ins Deutsche verirrt. Si – va bene – und dazu hat es Russland gebraucht?