Ist wirklich alles so teuer geworden, wie es scheint – oder glauben wir das nur? Wir vergleichen die Steigerung der Autopreise seit 1980 mit jener der Gehälter.

Ende 2011 wollte es ­ALLES AUTO ein für alle Mal wissen: Werden unsere Pkw wirklich laufend teurer? Und zwar gemessen an der Inflation einerseits und andererseits auch an den Lohnentwicklungen? Das Ergebnis war damals auch für die Redaktion über­raschend: Unser Teuerungs-Gefühl trügt. Tatsächlich stiegen im Betrach­tungszeit­raum seit 1980 die Preise eines Kleinwagen wie dem Ford Fiesta sogar deutlich weniger an als der Verbraucherpreisindex, kurz VPI, die eines Golf lagen mit ihm ungefähr gleichauf, nur ein gehobenes Modell wie die Mercedes E-Klasse wies eine höhere Preisentwicklung auf – wogegen die Löhne im gleichen Zeitraum deutlich stärker stiegen, sodass immer weniger Monatsgehälter für den jeweiligen Kaufpreis aufgewendet werden mussten.

So weit, so erfreulich. Doch seither ist viel Zeit vergangen, und irgendwie fühlt es sich inzwischen so an, als würde das nicht mehr gelten – Grund genug, die Tabelle mit den Zahlen der letzten zwölf Jahre aufzufüllen und das nachzuprüfen. Der Ergebnis-Spoiler vorab: Nach wie vor ist das positive Verhältnis von Inflations­rate, Lohnsteigerung und Neuwagen-Tarifen größtenteils intakt. Etwas mehr als doppelt so teuer ist das Leben seit 1980 geworden, wogegen der letzte Neupreis des 2023 eingestellten Ford Fiesta nur geringfügig mehr, nämlich um das 2,26-fache gestiegen ist.

Praktisch exakt um das Gleiche ist der VW Golf teurer geworden, nur beim Mercedes E liegt der Faktor mit 2,69 etwas höher. Erfreulich erweist sich allerdings die Lohn­entwicklung bis heute: Bei Arbeitern beträgt sie aktuell mit dem rund 2,9-fachen des Bruttoeinkommens von 1980 deutlich mehr als die VPI-Steigerung, bei Angestellten fällt sie sogar noch besser aus. Am besten entwickelten sich die Löhne mit dem 3,17-fachen des Ausgangswertes bei höheren Angestellten.

Es kommt aber auch auf den Zeitraum an, auf den die Betrach­tung angewendet wird. Je später jemand in die Arbeitswelt eingetreten ist, desto weniger Anteil an der langfristig positiven Entwicklung kommt ihm zugute. Mit Lohnsteigerungen jenseits der 5 Prozent per anno war es spätestens 1992 vorbei, und in den Nuller-Jahren wurde kaum mehr die Inflation ausgeglichen.

Dazu sind 80 Prozent der Preissteigerungen seit 1980 von 2011 bis heute angefal­len, während die unteren Gehaltsschichten in gleichen Zeitraum nur etwa 60 Prozent Zuwachs verzeichnen, rund 70 die mittleren, wogegen die höheren praktisch gleich­wertig wie der VPI gestiegen sind.
Faktisch mehr in der Tasche als 2011 hat also niemand, und diejenigen, bei denen es ohnehin knapp sein könnte, sogar weniger. Anders gesagt: Wer in den letzten zwölf Jahren zu arbeiten begonnen hat und sein Gehalt nicht durch beruflichen Aufstieg verbessern konnte, verdient
heute indexbereinigt bestenfalls gleich gut wie zu Beginn, vielfach wird das Einkommen aber weniger Kaufkraft aufweisen.

Dass ein Neuwagenkauf in dieser Situation eventuell nicht die dringlichste Sache ist, erklärt ebenso die rückläufigen Zulassungszahlen in diesem Bereich wie die jährlich steigenden bei Gebrauchten. Dennoch ist die Verhältnismäßigkeit zwischen Kauf­preisen und Gehältern besser, als es subjektiv empfunden wird: 8,3 Monatslöhne eines Arbeiters würden heute für einen Ford Fiesta anfallen – einer mehr als anno 2011 und damit etwa das Niveau des Jahres 2000, aber immer noch klar weniger als 1990 oder 1980. Dazu gibt es derzeit ­Angebote für Kleinwagen, die einige Tausender günstiger ausfallen als der Fiesta-Letztpreis, etwa für Seat Ibiza, Kia Picanto oder Suzuki Ignis – und dieses Ergebnis damit wieder relativieren. 7,8 Gehälter kostet aktuell ein VW Golf für einen Angestellten, sogar einen Hauch weniger als 2011, und damit mehr als zweieinhalb weniger als 1980.

Dass sich (Aus-)Bildung bezahlt macht, beweist das Verhältnis beim höheren Angestellten und dem Beispiel-Preis des Mercedes E-Klasse: Hier werden zwar 13,8 Monatslöhne fällig – was aber nicht mehr ist als im Jahr 2011 und immerhin 2,3 weniger als im Jahr 1990.
Fazit: Auch wenn sich die Lohn-Preisspirale derzeit nicht so günstig dreht, sind die Tarife der Autohersteller heute unverändert sozial­ver­träglicher als früher – obwohl sie dafür laufend mehr an Ausstattung bieten. Nach­lässe bei Abschluss von hauseigenen Leasing- und Versicherungsverträgen drücken die hier genannten Preisniveaus für gewöhnlich sogar noch weiter.

Wie 2011 schließt der Artikel mit dem Verweis auf einen weite­ren Inflationsbremser: ALLES AUTO startete seinerzeit mit um­­gerechnet 2,03 Euro in den Verkauf und liegt mit seiner Steigerung auf heute 3,90 Euro deutlich unter der VPI-Entwicklung im gleichen Zeitraum.

Foto: Fiat Schönbrunn

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