Die Pkw-Neuzulassungen liegen seit Jahren auf niedrigem Niveau. In den Erklärungsversuchen belügt sich die Auto­branche lieber selbst, als der Wahrheit ins Auge zu sehen.

Um gut 100.000 Pkw pro Jahr machen die Neuzulassungen derzeit weniger aus als noch vor einigen Jahren. Die Zahlen weisen aus, dass vor allem der Privatkunden­bereich stark zurückgegangen ist – eine große Menge Menschen hat sich also vom Neuwagenmarkt ab­­gewendet. Gestiegenes Umweltbewusstsein, wie einige frohlocken, ist dafür allerdings nicht der Grund. Auch den Herstellern ist diese Entwicklung selbstverständlich nicht entgangen – was die ­Ursachenforschung angeht, fischt man eher im Trüben.

Es werden Untersuchungen bei namhaften ­Wirtschaftsexperten beauftragt, die dann erklären, an der Kaufzurückhaltung wären die aktuellen Kriege schuld. Oder die Unsicherheit, welcher Antriebsart die Zukunft gehört. Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass sich in Österreich jemand deswegen kein neues Auto kauft, weil Putin die Ukraine oder die Hamas Israel überfallen hat? Oder weil in zehn Jahren eine diffuse EU-Regelung gelten soll, die ohnehin niemand mehr ernst nimmt? Gemeinsam haben diese Erklärungen, dass sie die Konzerne von der Verantwortung freisprechen, es vor allem selbst vergeigt zu haben.

Die Menschen kaufen heute mehrheitlich aus einem Grund weniger Neuwagen: Weil sie für ihr Geld nicht mehr das bekommen, was sie wollen. Dank der zuletzt hohen Inflation für deutlich mehr Geld als noch vor wenigen Jahren. Auch wenn sich momentan alle Hersteller vor Boni, Kaufprämien und Rabatten geradezu überschlagen. Die Hitparade dessen, was zuneh­mend abgelehnt wird, ist so gut wie identisch mit den Ausstattungslisten der meisten heutigen Fahrzeuge: etwa hyperkomplexe digitalisierte Innenräume, Assistenzsysteme, die permanent piepsen oder vibrieren und ganz zu schweigen von Elektroautos mit beeindruckenden Reich­weiten, die aber nur auf dem Papier existieren. Als Drauf­gabe gibt es ein PR-Dauerfeuer, dass jedem einreden will, all das wäre das Coolste seit der Erfindung des warmen Wassers. Wer seine Kunden dermaßen für dumm verkauft, ist vielleicht selbst nur halb so schlau wie er glaubt.

Die Haupt-Ausrede lautet, dass die Autos ­deswegen so sind, weil sie die gesetzlichen Auflagen erfüllen müssen. Entscheidungsträger, denen dazu nichts anderes einfällt – etwa, dass sie in ihrer Gehaltsklasse fähig sein müssten, das Regelwerk mitzugestalten anstatt es passiv hinzunehmen – wurden eventuell einfach schon zu oft befördert. Aktuell ist ein Grad an Reglementierung erreicht, der massiv in die Kerneigenschaften des Produkts selbst eingreift und es für immer mehr Käufer unattraktiv macht. EU-Richtlinien und NCAP-­Vorgaben führen letztlich dazu, dass sich die zahlungskräftige Kundschaft lieber bei Gebraucht­wagen bedient, als Neuware zu kaufen.

Denn weg sind die Käufer ja nicht: Die Zuwächse bei den Second Hand-Zulassungen in den letzten Jahren entsprechen ziemlich exakt dem, was dem Neu­wagen-Markt abgeht – so viel auch zum Thema Umweltbewusstsein. Einige Hersteller machen es zumindest teilweise richtig(er) und können solide Marktanteile oder sogar Zu-wächse aufweisen, die ande­ren sollten dort dringend Nachhilfestunden nehmen. Insgesamt empfiehlt es sich aber, die Ab­­wanderung der Kunden als das zu sehen, was sie ist: ein Signal, Autos zu bauen, die den Bedürfnissen der Menschen entsprechen – nicht mehr und nicht weniger.

Foto: Porsche Holding

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