Covid 19: Das Wort zum Freitag

24. April 2020
Keine Kommentare
5.291 Views
Alles Klartext

Neuerdings wissen wir ja wieder, wie sich wirkliche Sorgen anfühlen. Die um den Job, das Einkommen, die wirtschaftliche Existenz etwa. Oder wie wir die Familie weiterhin erhalten können. Gegen die akute persönliche Bedrohung wirkt die allfreitägliche Beschwörung einer diffusen Katastrophe plötzlich nicht mehr so brisant.

Auch das Gegeneinanderausspielen von Erwerbsgesellschaft und Klimathema funktioniert nicht mehr. Bis vor kurzem hatte Deutschlands Klima-Gretl-Klon Luisa Neubauer noch gefragt, wieso denn alle immer meinten, einen Job zu brauchen. Die Antwort kann sie sich jetzt bei einigen Millionen frisch gebackener Arbeitsloser europaweit persönlich abholen. Und auch das schwedische Kind selbst, dessen Zukunft angeblich gestohlen wurde, hat nun eventuell nur deswegen eine, weil ihr heimischer Sozialstaat samt seinem hochentwickelten Gesundheitssystem ihr sie ermöglicht.

Überhaupt wirkt Thunberg in ihren Internet-Botschaften derzeit hölzern und ziellos – in einer Welt der stillstehenden Fabriken, des lahmgelegten Handels und fast leerer Straßen fehlen ihr die Gegner. So muss sich ein Palästinenser fühlen, wenn ihm Israel abhandenkommt. Sobald es wieder eine Schule gibt, die man stangeln kann, kehrt aber sicher auch das Freitags-Klimagebet zurück. Dass die günstige Wetterlage einen größeren Einfluss auf die Verbesserung der (ohnehin immer hohen) Luftqualität hatte als das Pausieren von Produktion und Verkehr, wird dabei vermutlich keine Rolle spielen – es zählt halt die Utopie, nicht die Realität.

Zu Letzterer gehört allerdings, dass die verteufelte Industrie – und allen voran die böse Autobranche – gerade mit der Produktion von dringend benötigtem medizinischen Gerät in die Bresche gesprungen ist. Nicht aus Gewinn-Denken, sondern weil es notwendig war und sie es kann. Trotzdem wird sie demnächst wieder am Pranger stehen.

Das Nebengeräusch zur Freude über die Kimaziel-Einhaltung ist die nunmehr gewonnene Erkenntnis über den Preis, der dafür zu bezahlen ist: eingeschränkte Mobilität, reduzierter Konsum, mehr Arbeitslose als in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, Mangel-Gesellschaft und Versorgungsstaat für alle.

Die Frage, ob man den geretteten Planeten auf diese Art genießen will, muss sich jeder selbst beantworten.

(Kommentar)

Foto: Lupus in Saxonia/Wikipedia