Sportlich und dynamisch wie der Vorgänger, aber deutlich größer und komfortabler: neuer Ford Focus
Als Ford 1997 nach dem biederen Escort den Focus präsentierte, sorgte dessen revolutionäres Design für mächtig Aufsehen. Sieben Jahre lang schaffte es der überaus dynamische Kompakte, nicht alt auszusehen und beschert dem Konzern noch heute erfreuliche Verkaufszahlen. Das ist laut Entwicklungsleiter Gunnar Herrmann auch der Hauptgrund dafür, warum Ford mit der Ablöse des aktuellen Modells so lange gewartet hat. Denn die Plattform-Brüder – Mazda3, Volvo S40/V50 sowie der hauseigene C-Max – rollen schon seit dem Vorjahr über unsere Straßen.
Entsprechend hoch waren die Ziele, die man sich bei Ford für den Nachfolger gesteckt hatte: Verbesserungswürdig waren in erster Linie Komfort und Geräuschentwicklung, gefragt zudem mehr Platz und ein ansprechenderes Innenleben. Keinesfalls verlieren durfte er seine allseits gelobte Fahrdynamik, und äußerlich musste er unverkennbar ein Focus bleiben.
Und tatsächlich: Ähnlich wie beim neuen VW Golf registriert man das neue Modell erst auf den zweiten Blick als solches. Obwohl in Länge (plus 17 Zentimeter) und Breite (plus 14 Zentimeter) deutlich gewachsen, signalisieren die markante Front, die dynamisch abfallende Dachlinie und die hoch gestellten Rückleuchten unverkennbare Marken- und Modell-Identität.
Eigens erwähnt werden von Chefdesigner Chris Bird die beiden ausgeprägten Sicken in der Motorhaube – stand hier womöglich das viel diskutierte kantige BMW-Design Pate? Im Innenraum findet man ein neu gestaltetes Armaturenbrett mit deutlich höherwertigem Kunststoff, ähnlich jenem des C-Max.
Gewissenhaft arbeitete Ford auch am Komfort, die 20 Prozent dickeren Seitenscheiben und ein deutlich steiferer Hilfsrahmen sorgen etwa für eine angenehmere Geräusch-Kulisse. Apropos Geräusch: Mit dem neuen Focus ging Ford erstmals ins Sound-Studio, um auch verwöhnten Fahrer-Ohren nur feinste Töne zu servieren – was der erste Fahreindruck bestätigt.
Schon nach wenigen Kennenlern-Kilometern zeigt sich zudem ein Gefühl der Vertrautheit. Alle Bedienungsorgane sitzen dort, wo man sie erwartet, der ganze Innenraum strahlt unaufdringliche Wohnlichkeit aus. Den 136 PS starken Zweiliter-Diesel unseres Testwagens kennen wir schon aus dem Intensivtest-C-Max, das agile Fahrverhalten erinnert positiv frappant an das Vorgängermodell.
Ein paar Ungereimtheiten bleiben allerdings bei näherer Betrachtung: Dass etwa die Dieselmotoren standardmäßig nur die Ende des Jahres auslaufende Euro-III-Abgasnorm erfüllen und man für Partikelfilter inklusive Euro-IV-Einstufung Aufpreis zahlen muss. Oder dass Ford zwar sowohl Xenon- als auch Kurvenlicht im Programm führt, nicht aber beides gemeinsam.
Dennoch kann man davon ausgehen, dass der neue Focus den Verkaufs-Erfolg des Vorgängers fortsetzen wird. Auch wenn die WRC-Zukunft des Ford-Rallyeteams unsicher ist, drängt sich doch die Frage nach einer Neuauflage der Straßensport-Version RS auf. Da gibt sich Ford noch sehr bedeckt, Techniker schwärmen allerdings schon hinter vorgehaltener Hand vom hervorragenden Zusammenspiel des Focus mit dem von Volvo stammenden Allradantrieb.
TECHNIK
R4, 16V, Turbo, 1997 ccm, 100 kW (136 PS) bei 4000/ min, max. Drehmoment 320 Nm bei 2000/min, Sechsgang-Getriebe, Vorderradantrieb, vorne: Dreiecksquerlenker, Federbeine, hinten: Mehrlenkerachse, Schraubenfedern, Teledämpfer, Stabilisator, Scheibenbremsen v/h (v bel.), ABS, L/B/H 4342/1840/1447 mm, Radstand 2640 mm, 5 Sitze, Wendekreis 10,7 m, Servo, Reifendimension 195/65 R 15, Tankinhalt 55 l, Reichweite (bis Tankreserve) 740 km, Kofferraumvolumen 385-1245 l, Leergewicht 1406 kg, zul. Gesamtgewicht 1875 kg, max. Anh.-Last 1500 kg, 0-100 km/h 9,3 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 7,5/11,9 sec, Spitze 203 km/h, Steuer (jährl.) EUR 501,60, Normverbrauch (Stadt/außerorts/Mix) 7,4/4,6/5,6 l, Testverbrauch 6,8 l Diesel
Preis: EUR 24.490,-
Serienausstattung: Front- und vordere Seitenairbags, durchgehende Kopfairbags, ESP, ABS, Bremsassistent, fünf Kopfstützen, fünf Dreipunktgurte, Isofix-Halterungen, Klimaautomatik, CD-Radio mit 4 LS und Lenkrad-Fernbedienung, Bordcomputer, vier E-Fensterheber, FB-Zentralsperre, beheizbare E-Außenspiegel, Tempomat, Nebelscheinwerfer, höhenverstellbarer Fahrersitz, Lederlenkrad in Höhe und Reichweite verstellbar etc.
Extras: CD-Wechsler, DVD-Navigation mit Touch-Screen, automatisch abblendender Innenspiegel, Licht- und Regensensor, Bi-Xenon- oder Kurven-Licht, verstellbare Pedalerie, Einparkhilfe, schlüsselloses Zugangs-System KeyFree”, regelbare Servolenkung, heizbare Windschutzscheibe, diverse Aluräder bis 18 Zoll etc.
FAHREN & FÜHLEN
Der Zweiliter-16V-Diesel packt nach einem kleinen Turboloch unterhalb von 2000 Touren kräftig an und dreht willig hoch. Gute Laufkultur und zurückhaltender Sound, auch Wind- und Abrollgeräusche gering. Hervorragend gedämpftes, komfortabel gefedertes Fahrwerk ohne Wanken oder Poltern. Hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich, im Grenzbereich lange neutral, keine Lastwechsel-Tücken. Lenkung direkt, sehr präzise und sportlich schwergängig, eine dreistufige Regelung für Servo-Unterstützung gibt´s gegen Aufpreis. Die exakte Schaltung mit weit auseinander liegenden Ebenen erfordert manchmal etwas Nachdruck. Ideal platzierter Ganghebel, sehr lange Getriebe-Übersetzung. Kräftige, standfeste und gut dosierbare Bremsen. Sitze groß dimensioniert, weich und komfortabel, dennoch ausreichend konturiert und mit gutem Seitenhalt. Logische und gut erreichbare Verstellung.
PLATZ & NUTZ
Viel Platz auf allen Sitzen, nur die Kopffreiheit im Fond ist eingeschränkt. Glattflächiger, großer Kofferraum, via 2:1 umklappbarer Rücksitze leicht erweiterbar, die Kopfstützen können dabei dran bleiben. Gepäcknetz oder Verzurrösen gibt es nicht. Sehr angenehm: das riesige, stufenlos klimatisierte Handschuhfach sowie viele weitere Ablagen, 1A-Cockpit-Ergonomie mit großen, exzellent ablesbaren Instrumenten, gut erreichbare Radio-Fernbedienung, kleiner Wendekreis, vier One-Touch-Fensterheber. Weniger fein: die zwar große und weit aufschwingende, aber nur mit einigem Kraftaufwand zu schließende Heckklappe. Ford-typisch (und etwas mühsam beim Waschwasser-Nachfüllen): Motorhaube nur von außen mittels Schlüssel zu entriegeln.
Spür- und sichtbare Design- und Haptik-Verbesserungen – ähnlich dem Van-Bruder C-Max: Cockpit im neuen Focus
DRAN & DRIN
Die zweithöchste Ausstattungsstufe “Ghia” bietet unter anderem Klimaautomatik, CD-Radio mit vier Lautsprechern und Lenkrad-Fernbedienung (Details siehe Kasten Seite 55). Die Aufpreisliste hält neben CD-Wechsler, Navigation oder Alurädern auch Schmankerln wie etwa elektrisch verstellbare Pedalerie, schlüsselloses Zugangssystem oder Sprachsteuerung bereit. Dazu gibt es entweder Xenon- oder Kurvenlicht. Klapperfreie und solide Verarbeitung. Hochwertiger Kunststoff am Armaturenbrett, strapazfähige Polsterung. Den Rotstift merkt man am billig und nicht sehr robust wirkenden Kofferraum-Boden oder am dünnen Dachhimmel. Sportlich-dynamisches Außen-, elegant-harmonisches Innen-Design.
SICHER & GRÜN
Ford Focus-Sicherheit: Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, fünf Dreipunktgurte und ebenso viele höhenverstellbare Kopfstützen (reichen vorne bis 1,90, hinten nur bis 1,70 Meter Körpergröße), Isofix-Halterungen, ABS, Bremsassistent und ESP. Serienmäßig erfüllen die Diesel-Motoren nur die Abgasnorm Euro III, für Euro IV mit Partikelfilter muss man kräftig aufzahlen. Einigermaßen braver Verbrauch.
PREIS & WERT
Kompakt-Konkurrenz mit Power-Diesel: Nur der deutlich schwächere Renault Mégane (120 PS) kann den 136 PS-Focus preislich deutlich schlagen, Peugeot 307 (selber Motor), VW Golf (140 PS) und BMW 118d (nur 121 PS) etwa liegen gleich auf, der luxuriös bestückte Alfa 147 (140 PS) ist teurer. Vier Jahre Fahrzeug-Garantie inklusive Mobilitätsschutz, zwölf Jahre gegen Durchrosten. Sehr gute Werthaltung zu erwarten. Dichtes Werkstatt-Netz, Service jährlich oder alle 20.000 Kilometer.
ALLES-AUTO-TESTURTEIL :
Ford zeigt wieder echte Größe im Kompakt-Segment.
Fotos: Len Vincent
Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 10/2004 “
