Glavitzas Gschichtln – Autostunts beim Bundesheer

27. April 2020
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Offensichtlich war ich schon immer anders. Als Bub bevorzugte ich beim Schifahren gerade Linien, statt die Zeit mit schönen Schwüngen zu ver­geuden. Mit dem Fahrrad suchte ich Falllinien durch obersteirische Wäl­der – entsprechend setzte es jede Menge Watschen „post curatio“ – zu Deutsch: „Nach Behandlung“, weil die Fahrräder nachher stark gebraucht ausgesehen hatten.

Wirklich grimmig wurde es, als ich zur Verteidigung des Landes einbe­ru­fen wurde. Mein großes Vorbild war inzwischen vom Häuptling der Sioux, „Sitting Bull“, zu Stirling Moss mutiert. Trotz drohender zwölf Mona­te statt deren neun meldete ich mich zu den Kraftfahrern der Fliegerabwehr-Division in Zeltweg. Nach den lästig empfundenen Strammsteh-Übungen machte ich den Heeresführerschein für Haflinger und anderes olivgrün bemaltes Gerät.

Auf vier Rädern begann ich das Heer zu lieben. Ich war natürlich ein fürchterlicher Soldat, denn zu parieren und Befehle von merkwürdigen und zum Teil alkoholkran­ken Korporälen zu befolgen, war nicht gerade meins – im Gegenteil, ich organisierte im Heer „mein eigenes“, was angesichts der Schläue meiner Vorgesetzten nicht sonderlich schwer war. Meine Kreativität schlug Purzelbäume, als ich am Horizont des riesigen Flugplatzes den sogenannten Autowaschplatz entdeckte.

Fern von allen Kasernen und Fliegerhangars, also mitten auf einer einsamen Wie­sen­fläche, mussten die Fahrzeuge gereinigt werden – und auf dieser Wiese begann ich nach dem Putz-Procedere die Autos „trockenzufahren“. Um den Wirkungsgrad des Trocknens zu erhöhen, steckte ich mit Holzpflöcken ein Oval aus – für mich fortan „Indy 500“. In der Hoffnung, nach der Adoleszenz einmal im echten Indiana­polis anzugasen, begann ich auf der improvisierten Rundpiste zu üben. Und zwar mehrmals täglich. Mein Zugführer lobte mich vor versammelter Mann­schaft ob meines Fleißes, Autos zu waschen. Ich mutierte zu A.J. Foyt und Lloyd Ruby hinter den Volants der Haflinger, Jeeps und des ob seines unsynchronisierten Getriebes berüchtigten Dodge.

Mein Übungsprogramm umspannte Driften und Linksbremsen sowie – und das wurde mir dann fast zum Verhängnis – Zweirad-Fahren. Das funktionierte meistens, aber nicht immer, mit dem Haflinger wegen der Differenzialsperre, die per Hand zu­geschaltet werden konnte. Oft endete diese Übung jedoch mit einem Überschlag, und ich benötigte stets Hilfe meiner Kameraden, um das Gefährt wieder aufzustel­len. Zum Supergau kam es aber, als die Piloten der Fouga-Magister (zweisitziger Düsen­trainer) beim Landeanflug das Oval – und vielleicht auch mich bei meinen Exerzitien – entdeckt hatten und nach der Landung meinen Kompanie-Kommandanten informierten.

Mehr brauchst ned! Unser Zugführer, sonst nicht mit besonderer Intelli­genz ausge­stattet, legte sich mit Binokular bestückt und mit Grasbüschel getarnt in die Nähe von Kurve vier auf die Lauer. Ich war gerade auf einer „Qualifying Lap“, als er aus seiner Deckung sprang und mir wild fuchtelnd entgegenrannte. Am nächsten Morgen musste ich zum Rap­port. Der Kompanie-Kommandant brüllte, dass ich tagelang eine so genannte „Zruckfrisur“ hatte. Zur Strafe durfte ich drei Wochenende nicht nach Hause fahren. Aber was tut man nicht alles, um das Linksbremsen bei Vollgas zu üben. Im späteren Leben sollte ich für meine Überschläge fürstliche Gagen erhalten, davon dann beim nächsten Mal.

Foto: Archiv Glavitza