Abgesehen vom ersten Modell, das im Vergleich zu seinem Vorgänger VW Käfer von der Form bis zum Antrieb alles auf den Kopf stellte, ist die Geschichte des VW Golf eine evolutionäre. Was das Design betrifft, kann man seit Generation fünf fast schon von schüchterner Weiterentwicklung sprechen. Seinen Bestseller ohne Not komplett umzukrempeln, wollte VW einfach nie riskieren.
Zumindest optisch schlägt auch Generation 8 voll in diese Kerbe: Abgesehen vom angeschärften Design der nun flacheren Scheinwerfer und Rücklichter sowie einer deutlicher hervorgehobenen Schulterlinie ändert sich praktisch nichts, die Proportionen bleiben ebenso gleich wie die tatsächlichen Maße. Längenzuwachs: bescheidene 26 Millimeter, in der Breite geht es sogar um einen Millimeter, in der Höhe um 36 Millimeter zurück. Gut so, das ständige Wachstum von Auto-Generation zu Auto-Generation ist schon länger nicht mehr lustig, Parkplätze und Garagen wachsen schließlich nicht mit.
Den gleich gebliebenen Außenmaßen entsprechend änderte sich auch am Innenraum nicht viel. Unser Maßband registrierte lediglich einen Zusatz-Zentimeter beim Kopf- und beim Beinraum im Fond, und selbst Letzterer wurde vermutlich mittels einer zarteren Vordersitz-Lehne generiert. Am Radstand liegt es jedenfalls nicht, der bleibt im Bereich des Vorgängers. Der Grund-Kofferraum ist mit 380 Litern ebenfalls gleich, das Maximalvolumen (1237 Liter) schrumpfte sogar, und zwar um rund 40 Liter.
Ebenso ins zurückhaltende Bild passt es, dass es den neuen Golf nicht mehr mit Elektroantrieb geben wird. Er baut nämlich auf der MQB-Plattform auf, die sich von der elektrischen MEB-Plattform deutlich unterscheidet. Auf Letzterer wird künftig die ID-Baureihe Platz nehmen, die in Kürze mit dem ID.3 gestartet werden wird. Der neue Stromer ist ja ganz anders proportioniert: Bei gleicher Außenlänge wie der Golf bietet er 15 Zentimeter mehr Radstand und damit die Passagier-Platzverhältnisse des Passat.
Wer jetzt vermutet, dass der neue Golf für ein besonders konservatives Publikum gemachtzu sein scheint, wird eines Besseren belehrt, sobald er einsteigt. Hier wartet nämlich Raumschiff Enterprise: Die Armaturen sind serienmäßig volldigitalisiert, die Radio-Lautstärke wird nicht mehr mittels Drehknopf, sondern via „Slider“ justiert, alles ist permanent mit dem Internet verbunden, Apps können wie beim Smartphone zugekauft werden („In-Car-Shop“).
Dazu verfügt der Golf bereits über Car2X-Funktionen, kann also mit anderen supermodernen Fahrzeugen Informationen über Unfälle, Staus etc. austauschen, und erstmals lassen sich sogar Funktionen nachträglich freischalten („We upgrade“). Wer nach Monaten draufkommt, dass er doch lieber einen Fernlicht-Assistenten hätte, kann diesen ganz einfach aktivieren. Nicht gratis natürlich, der notwendige Betrag wird dann vom hinterlegten Konto abgebucht. Immerhin spart man sich damit die NoVA.
Da es keine analoge Einstiegs-Version gibt, wird man sich mit dem digitalen Innenleben wohl anfreunden müssen, das benötigt etwas Zeit, ist allerdings so intuitiv wie möglich gelöst und demnach keine Hexerei. Und immerhin: Alles rund ums Thema Licht ist über eine Tasten-Insel links vom Lenkrad bedienbar, die Steuerungen für Klima, Assistenzsysteme und Fahr-Modi wurden wiederum in einem Grüppchen unterhalb des Touchscreens zusammengefasst. Die Slider für Radio-Lautstärke und Temperaturregelung liegen dazwischen, erfordern aber mehr Aufmerksamkeit als Drehknöpfe oder Tasten – und beleuchtet sind sie auch nicht.
Wer nicht herumsliden oder sich durch diverse Menüs tatschen will, der bemüht die Sprachsteuerung, die reagiert auch auf intuitive Anweisungen wie „Ich habe Hunger!“, „Meine Füße sind kalt!“ oder ähnliches. Auf unser Test-Statement „Hallo, Volkswagen – es stinkt!“ kam prompt die Antwort: „Umluft-Funktion wurde aktiviert“. Nicht schlecht. Noch besser kann es Amazons „Alexa“, die man sich via Aufpreis-Infotainmentsystem Discover Media oder Discover Pro ins Fahrzeug holen kann. Das schlaue Mädchen mit den großen Ohren kann man auch nach dem Wetter, nach neuesten Nachrichten oder nach diversen Öffnungszeiten befragen.
In Sachen Motorisierung wird diesseits der Elektromobilität alles zu haben sein, was das Herz begehrt, etwa Mildhybrid, Plug-In-Hybrid und Erdgas. Ganz neu ist der eTSI genannte Mildhybrid-Benziner, den es zum Start mit 150 PS gibt. Bestehend aus dem bekannten Vierzylinder-Benziner mit 1,5 Litern Hubraum und Zylinderabschaltung, allerdings gekoppelt mit einem Startergenerator, der wiederum auf einem 48 Volt-Bordnetz basiert.
Der Generator ermöglicht wesentlich verlängerte Motor-Abschaltphasen samt treibstoffschonendem Segeln und schiebt noch dazu kräftig mit an. Trotz gleichem Drehmoment-Maximum wie beim TSI ohne „e“ ist der Punch beim Anfahren spürbar kräftiger.
Zehn Prozent weniger Sprit verspricht Volkswagen mit diesem System. Nicht leicht vergleichbar, weil es den TSI vorerst nur mit Sechsgang-Schaltung und den eTSI nur mit Siebengang-DSG gibt. Bei der 150 PS-Variante (später kommt der Motor noch mit 110 und 130 PS) standen im Zuge unserer flotten Testfahrt knapp über sechs Liter auf der Anzeige.
Der 150 PS starke Zweiliter-Diesel, der dank doppelter SCR-Reinigung „Twindosing“ den Stickoxid-Ausstoß um 80 Prozent reduziert, bietet kräftigen Antritt ohne jede Anfahrschwäche. Auffällig unauffällig ist seine Geräuschentwicklung. Der Motor ist so gut gedämmt, dass man ihn unter normalen Umständen nicht mehr als Selbstzünder identifizieren kann.
Mit direkter Lenkung und Dämpfern, die weder zu weich noch zu hart sind, arbeitet sich der Golf agil und präzise durch Kurven aller Art, diesbezüglich fährt er seinem Vorgänger glatt um die Ohren. Vor allem mit dem weiterentwickelten DCC (adaptives Fahrwerk), das die Dämpfer-Härte sogar radselektiv je nach Fahrsituation anpasst.
Ob das Konzept „digitaler Wolf im braven Golfspelz“ bei der Mehrzahl der Kunden ankommt, wird man sehen, es stecken aber natürlich auch Kostengründe dahinter. Denn digitalisiert-vernetzt-modular wird es nach und nach in jedem neu präsentierten Auto des Volkswagen-Konzerns (und bei allen anderen Herstellern auch) zugehen. Das senkt die Stückkosten und kommt hoffentlich irgendwann dem Kunden zugute.
Derzeit beträgt der Preisanstieg gegenüber dem vergleichbaren Vorgänger-Golf knapp 2000 Euro, allerdings bei deutlich aufgewerteter Serienausstattung. Den Einstiegs-Tarif markiert demnächst der dreizylindrige 90 PS-Benziner mit rund 22.000 Euro.
Daten & Fakten
Basispreis in € | 26.990,– |
Zyl./Ventile pro Zyl. | 4/4 |
Hubraum in ccm | 1498 |
PS/kW bei U/min | 130/96 bei 5000 |
Nm bei U/min | 200 bei 1400–4000 |
Getriebe | 6-Gang, manuell |
L/B/H, Radstand in mm | 4284/1789/1456, 2636 |
Kofferraum/Tank in l | 380–1789 / 50 |
Leergewicht in kg | 1315 |
0–100 km/h in sec | 9,2 |
Spitze in km/h | 214 |
WLTP-Normverbrauch kombiniert in l/100 km | 5,4 |
CO2-Ausstoß in g/km | 122 |
Basispreis in € | 36.950,– |
Zyl./Ventile pro Zyl. | 4/4 |
Hubraum in ccm | 1498 |
PS/kW bei U/min | 150/110 bei 5000 |
Nm bei U/min | 250 bei 1500–3500 |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplung |
L/B/H, Radstand in mm | 4284/1789/1456, 2636 |
Kofferraum/Tank in l | 380–1789 / 50 |
Leergewicht in kg | 1380 |
0–100 km/h in sec | 8,5 |
Spitze in km/h | 224 |
WLTP-Normverbrauch kombiniert in l/100 km | 5,9 |
CO2-Ausstoß in g/km | 134 |
Basispreis in € | 26.790,– |
Zyl./Ventile pro Zyl. | 4/4 |
Hubraum in ccm | 1968 |
PS/kW bei U/min | 115/85 bei 3250 |
Nm bei U/min | 300 bei 1750–3200 |
Getriebe | 6-Gang, manuell |
L/B/H, Radstand in mm | 4284/1789/1456, 2636 |
Kofferraum/Tank in l | 380–1789 / 50 |
Leergewicht in kg | 1380 |
0–100 km/h in sec | 10,2 |
Spitze in km/h | 202 |
WLTP-Normverbrauch kombiniert in l/100 km | 4,2 |
CO2-Ausstoß in g/km | 110 |
Basispreis in € | 36.950,– |
Zyl./Ventile pro Zyl. | 4/4 |
Hubraum in ccm | 1968 |
PS/kW bei U/min | 150/110 bei 3500 |
Nm bei U/min | 360 bei 1750–3000 |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplung |
L/B/H, Radstand in mm | 4284/1789/1456, 2636 |
Kofferraum/Tank in l | 380–1789 / 50 |
Leergewicht in kg | 1465 |
0–100 km/h in sec | 8,8 |
Spitze in km/h | 223 |
WLTP-Normverbrauch kombiniert in l/100 km | 4,5 |
CO2-Ausstoß in g/km | 117 |