In Sachen Verkaufszahlen tut das Alter seiner Beliebtheit kaum einen Abbruch. Und das wirft natürlich ein paar Fragen auf. Ist der Golf wirklich so gut? Und funktioniert sein über Jahrzehnte bewährtes Konzept der allgemeinen Verträglichkeit, nirgends anzuecken und keine ausgewiesene Stärke, dafür aber auch keine Schwäche zu haben, noch immer? Genau das gilt es, zu klären.
Unser Exemplar kommt mit fünf Türen und in Highline-Konfiguration daher. Die Ausstattung ist von Haus aus also gut, aber noch lange nicht komplett. Mehr als 16 Zoll-Räder gönnt VW seinem besten Stück nicht, dafür sind Klimaautomatik und Sportsitze ebenso dabei wie ein hübsches Touchscreen-Infotainmentsystem inklusive Freisprecheinrichtung.
Navi kostet extra, und wem das 20 Zentimeter-Display nicht reicht, der kann sich gegen Aufpreis eine größere Version mit 23 Zentimeter gönnen. Die kann man sich sparen, denn für die größere Diagonale verzichtete man auf die praktischen Drehregler, etwa für Lautstärke und Sendersuchlauf sowie Karten-Zoom. Das muss man schon wollen, zumal eine Top-Ergonomie schon immer eine der Grundpfeiler des Golf-Erfolgs war.
Und die beherrscht der Bestseller bis heute perfekt: Schalter, Hebel, Ablagen, Pedale, alles sitzt so angegossen, als wäre es auf einen zugeschnitten. Die Sitze zählen zudem zum Besten, was die Industrie derzeit zu bieten hat. Und so bleibt als einziges Manko die charakteristisch-dicke C-Säule stehen, die die Sicht nach schräg hinten stark einschränkt.
Die 490 Euro Aufpreis für die volldigitalen Instrumente namens Active Info Display sind nicht zwingend nötig. Mit diesem Bildschirm anstelle der analogen Instrumente lässt sich zwar alles noch ein wenig feiner konfigurieren, aber man kommt auch problemlos ohne aus.
Bewusst entschieden wir uns für den Diesel mit zwei Litern Hubraum und 150 PS. Wer Golf sagt, meint schließlich TDI, dazu ist dieser wohl der allerletzte seiner Gattung, der die Abgasnormen noch ohne Harnstoff-Einspritzung erfüllt. So günstig wird Selbstzünder-Fahren in dieser PS-Region also nie mehr sein.
Was gleich auf den ersten Metern auffällt: Das typische TDI-Brummen ist zwar dezenter geworden, aber immer noch vorhanden. Dafür kann man den Vierzylinder herrlich schaltfaul fahren, sogar das Herumnudeln knapp über Leerlaufdrehzahl verdaut er ohne Murren. Und die Fahrleistungen geben keinen Grund zur Kritik. Ebenso der Spritkonsum: So nahe dran am eigenen Normverbrauch war schon lange kein Diesel mehr. Und wir gehen davon aus, dass die Software bei unserem Exemplar voll und ganz den gesetzlichen Auflagen entspricht.
Stichwort Innenraum: Natürlich ist die gesamte Konkurrenz jünger als des Österreichers liebstes Automobil. Dennoch spielt der Golf beim Platzangebot nach wie vor ganz vorne mit. Nur bei einzelnen Werten können sich Opel Astra und Hyundai i30 absetzen, bei der Innenbreite bleibt der VW freilich unerreicht. Auch am Kofferraum merkt man das Alter kaum: 380 Liter sind nach wie vor voll drin im Segment.
Eine echte Überraschung gab es dafür bei den Fahrdynamik-Kapiteln: So straff sich der Golf auch anfühlt – sein Fahrwerk lässt überraschend viel Karosserie-Bewegung zu, die dem Abrollkomfort zwar zugute kommt, das Heck bei Slalom und Ausweichtest dafür erstaunlich unruhig macht. Das ESP hatte zwar alles im Griff, dennoch war im Test deutlich mehr Lenkarbeit nötig als erwartet, was nur zum Teil an der exakten, aber relativ indirekten Steuerung lag.
Hat man sich aber einmal an diese Gangart gewöhnt, war unser Exemplar überraschend flott zu bewegen. Im Tracktest lag der Diesel-Golf auf Augenhöhe mit dem doppelt so starken Volvo V90 T6, wobei die bei den hohen Temperaturen schnell abbauenden Winterreifen bereits nach der ersten Runde spürbar nachließen.
Das zeigte sich auch bei den Bremsen. Die reine Verzögerung ist OK, aber wirklich nicht herausragend, was aber auch schon ein ewiger Kritikpunkt ist. Doch immerhin: Auf den Rutschbelags-Messungen blieb kaum ein Auto früher stehen als der Golf. Fazit: Die Wahl der Österreicher mag konservativ sein, doch sie ist eine gute.
Fahrwerk & Traktion – Überraschend komfortabel abgestimmt, was aber relativ viel Karosserie-Bewegung zulässt. Im Grenzbereich sanft untersteuernd, bei Lastwechsel überraschend unruhiges Heck. Bremsen OK, nicht überragend. Traktion bei vollem Krafteinsatz nicht immer ausreichend.
Cockpit & Bedienung – Klar gegliederte Armaturenlandschaft mit logisch angeordneten Bedienelementen. Touchscreen gut ablesbar, optionales Active Info Display bringt keine große Verbesserung. Karosserie-Übersicht nach hinten nicht optimal. Sitzposition nahezu perfekt, bequeme, gute konturierte Sportsitze.
Innen- & Kofferraum – Platzangebot großteils im guten Klassenschnitt, bei der Innen-Breite sogar Bestnoten. Kofferraum: ordentliche Größe, quadratisch und leicht zu beladen. Nach Umlegen der 2:1-Fondlehnen bleibt die Ladefläche eben. Top: zahlreiche gut platzierte, teils große Ablagen, riesige Türfächer.
Dran & Drin – Gut, aber noch lange nicht umfassend bestückt. Modellpflege brachte leichte Aufwertung, Navi, Leder und sogar 17 Zoll-Räder kosten aber weiterhin extra. Verarbeitung und Material-Wahl ohne Tadel. Doppelkupplung kostet 2000 Euro extra, Allradantrieb ebenso.
Schutz & Sicherheit – Ab Werk: Sieben Airbags und die üblichen E-Fahrhilfen, ebenso Müdigkeits-Erkennung und neuerdings der Abstandsregel-Tempomat. Gegen Aufpreis: Fond-Seitenairbags und diverse Assistenzsysteme.
Sauber & Grün – Wer sich am Riemen reißt, kommt überraschend nah an den Normverbrauch. Hilfreich: Das Stopp/Start-System aktiviert sich bereits im Ausrollen.
Preis & Kosten – Alles in allem kein Schnäppchen. Ein Opel Astra kostet weniger, ein besser bestückter Hyundai i30 (beide nur mit 1,6 Litern Hubraum) annähernd gleich viel. Ein technisch identischer, wenn auch etwas unpraktischerer Seat Leon liegt preislich ebenfalls drunter. Nur zwei Jahre Neuwagen-Garantie, dafür lebenslanger Mobilitäts-Schutz. Wiederverkaufs-Prognose absolut positiv.
Technik
Serienausstattung
Extras
€ 1138,–, Fahrerlebnis-Schalter € 180,–, Premium-Paket (Navigation, WLAN-Hotspot, Voll-LED-Scheinwerfer, autom. abblendb. Innenspiegel, Regensensor, Active Info Display etc.) € 2546,–, Komfort-Paket (Einparkhilfe v+h, beheizb. Wischdüsen, Sitzheizung v etc.) € 759,–, Active Info Display € 487,–, adaptives Fahrwerk € 1076,–, 17 Zoll-Aluräder € 267,–, Lenkrad-Heizung € 131,–, Metallic-Lack
€ 543,–, Leder-Ausstattung € 2296,–, etc.