Werbung, vor allem die im TV, ist immer ein guter Gradmesser für die Befindlichkeiten der Gesellschaft. Will ein Spot derzeit nicht sofort im Fokus der Moral-Wächter landen, muss er nicht nur genderneutral, sondern auch möglichst multiethnisch sein. Was in etwa gleichbedeutend damit ist, dass möglichst keine weißen Europäer – also die überweigende Mehrheit der Kunden – darin vorkommen dürfen.
Die melden sich eventuell nach dem Werbe-Block zu Wort – vor allem ökologisch aufklärende Beiträge stehen hoch im Kurs, dem Informations- und Bildungsauftrag des Fernsehens sei Dank. Dort referieren dann Akademiker wortgewandt, auch NLP-trainierte Vereins-Sprecher werden gerne vor die Kamera gebeten. Nicht zu vergessen engagierte Politiker, dann noch grüne Start-Up-Unternehmer und neuerdings die unvermeidlichen Freitags-Schulstangler mit ihren in altkluges Gymnasiasten-Deutsch gegossenen Klima-Parolen. Das alles sind die Guten.
Aber natürlich kommt auch die Gegenseite zu Wort. Menschen, die gerne Auto fahren, es sich auch nicht verbieten lassen wollen. Es vielleicht beruflich müssen – oder sie haben das Thema eventuell sogar zu ihrem Hobby gemacht. Mit anderen Worten: die Bösen. Und da wird es spannend – präsentiert werden uns hier nämlich niemals äquivalente Typen zu den Guten. Zum Beispiel jemand von der Hochschule für Maschinenbau, eloquente Vertreter der Branche oder betuchte Autosammler. Eher wird etwa ein g’standener Berufsfahrer befragt, der sich dann halt simpel und geradeaus äußert. Man kann das Zittern der Bobos fast spüren, wenn sie vor dem Bildschirm im Angesicht so schlichter Denkweise erschaudern.
Oder es werden junge Menschen besucht, die freitags nicht demonstrieren gehen, weil das für sie ein Arbeitstag ist. Nach dem sie am wohlverdienten Wochenende an ihren Autos schrauben. Seltsamerweise sind es in diesen Beiträgen praktisch immer Menschen mit Migrationshintergrund, die präsentiert werden. Eventuell ist ihr Deutsch nicht perfekt, und sie drücken sich nicht so gewählt aus wie die anderen, die Guten. Sie sagen halt, was ihnen wichtig ist, warum sie ihr Auto mögen oder gerne fahren. Also primitiv und ökologisch gewissenlos – jetzt schaudert es den guten Öko erst recht vor dem TV-Kastl.
Wer meint, diese Auswahl an Protagonisten wäre zufällig, ignoriert den darin steckenden Rassismus. Denn um nichts anderes handelt es sich – auch, wenn er hier nicht von Idioten mit Glatze und Springerstiefeln rausgebrüllt, sondern ganz subtil im Bildungs-Kontext eingeträufelt wird. Die mittransportierte Botschaft lautet: Die heute noch Auto fahren, sich vielleicht sogar darüber hinaus damit beschäftigen – das sind keine von uns. Wollt ihr zu denen gehören – oder nicht doch lieber zu den gebildeten, schön sprechenden? Zu denen mit nicht so dunklem Teint?
Abgesehen davon, dass diese Zuordnung nicht der Realität entspricht: Die neuen HerrInnen-Menschen bedienen sich hier abseits ihrer gender-getreuen, multi-ethnischen Scharade rücksichtslos alter Stereotypen – TV-gerecht aufbereitet und von den zuständigen Redaktionen abgesegnet. Was sonst penibel kontrolliert wird, schlüpft im Eifer des Auto-Bashings als völlig salonfähige Selbstverständlichkeit durch. Ach ja, und um die zuvor gestellte Frage zu beantworten: Nein danke, wir wollen in diesem Fall lieber nicht zu den Guten gehören.
Foto: Porsche Austria