Kleine Motoren produzieren mehr Schadstoffe; Hersteller rudern zurück

19. Oktober 2016
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Motoren mit relativ kleinem Hubraum, aber “anständiger” Leistung sind heute quasi omnipräsent. Getrieben durch die realitätsfremden Prüfstand-Verbrauchsvorgaben der EU schrumpften die Motoren überall immer weiter zusammen. Nicht zuletzt dem VW Abgasskandal und all seiner Nachwirkungen ist es aber quasi zu verdanken, dass die Diskrepanz zwischen Prüfstand- und Realitätswerten ins Zentrum der Aufmerksamkeit diverser Stellen rückte. Vor allem in Hinblick darauf, dass bei Messungen im Real-Betrieb oft deutlich höhere CO² und NOx-Werte gemessen wurden, als bei Prüfstand-Untersuchungen. Nun kommt allerdings der neue Prüfzyklus – mit praxisnäheren Tests – und Downsizing scheint seine Haltwertszeit überschritten zu haben.

Wie Reuters auf dem Autosalon in Paris aus diversen Quellen hörte, reagieren die ersten Autobauer bereits auf diese Entwicklungen: Renault, General Motors und auch VW planen so manch aktuellen Motor mit besonders kleinem Hubraum in Zukunft gegen gleichstarke Aggregate mit wieder größeren Verbrennungsräumen (oder mehr Zylindern) zu ersetzen. General Motors (Opel) wird beispielsweise seinen aktuellen 1.2 Liter Diesel-Motor auslaufen lassen. Mit der neuen Architektur für Kleinwagen, die 2019 kommen soll, wird der kleinste Motor um 25-30 Prozent größer sein – also wohl ein 1,6 Liter Motor.

VW hingegen wird die 1,0 Liter Dreizylinder wieder gegen Vierzylinder austauschen. Ähnlich bei Renault. Dadurch, dass viele dieser kleinen Motoren – bei Renault wurde Reuters exakter – in gewissen Situationen zusätzlichen Treibstoff in die Brennkammer spritzen, einfach um ein Ãœberhitzen zu verhindern, steigen die Anteile von unverbranntem Kohlenwasserstoff, Feinstaub und Kohlenmonoxid. Das über die Abgasanlage zu reinigen wäre zu teuer. Also kehrt man zu größeren Motoren zurück, die eben weniger “extrem” belastet werden müssen. Analysten gehen somit davon aus, dass die neuen Test-Zyklen über kurz oder lang dazu führen werden, dass es keine Diesel-Motoren mit weniger als 1.5 und keine Benziner mit weniger als 1,2 Liter Hubraum mehr geben wird.

Die quasi lachenden Dritten dieser Entwicklung sind die wenigen Hersteller, die sich dem Downsizing-Trend nicht unterworfen haben. Mercedes-Benz zum Beispiel. Dreizylinder sucht man in ihrem Portfolio ebenso vergebens wie besonders kleine Diesel. “Es wird offensichtlich, dass kleine Motoren keinen Vorteil bringen”, meinte Thomas Weber – Forschung und Entwicklungs-Chef bei Daimler “deswegen sind wir nie auf den Dreizylinder-Zug mitaufgesprungen”.

Wer nun allerdings als Autonarr gleich schöne Gedanken an eine Zukunft voll mit Bigblock-Motoren durchdenkt: Lasst es. Natürlich müssen Motoren nach wie vor sparsamer und schadstoffärmer werden. Und der absehbare Weg dorthin führt über deren immer seltenere Verwendung – also Hybrid und E-Systeme.