Lauda Marko Quester

Lauda, Marko, Quester – Formel 1 anno 1970: Wer zahlt, fährt

26. Januar 2022
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Es war klar, dass in den siebziger Jahren, nach dem Tod Jochen Rindts, die österreichischen Motorsportfans wieder einen heimischen Piloten in der Formel 1 sehen wollten. Drei Rennfahrer meldeten damals bei Sponsoren und Medien ihren Anspruch auf die Nachfolge Jochen Rindts an: Niki Lauda, Dieter Quester und Helmut Marko (im Bild v.l.n.r.).

Niki Lauda war der Jüngste von den dreien und damals nur intimen Kennern der PS-Szene ein Begriff. Aber er war fest entschlossen, sich in die Formel 2 einzukaufen und in weiterer Folge in den Grand Prix-Sport. Er habe sich alles gründlich überlegt, versicherte er in einem Interview mit der Tageszeitung „Kurier“, dazu brauche er Geld, das er nicht habe und auch nicht von seinen Eltern bekäme, obwohl die Millionäre seien. Er würde es über Kredite und Sponsoren auftreiben. Es war ein exakt ausgetüftelter Business-Plan des Nikolaus Lauda, würde man heute sagen.

Die anderen beiden Fahrer im Spiel um die Nachfolge Jochen Rindts, Helmut Marko und Dieter Quester, waren keineswegs weniger talentiert als Lauda (viele Fachleute sahen das damals sogar umgekehrt, aber Diskussionen nach mehr als fünfzig Jahren sind müßig), beide scheiterten freilich an ihrem großen Ziel, sich in der Formel 1 zu etablieren.

Bei Helmut Marko, der schon bald auf der Überholspur in die Weltklasse raste, war es schlichtweg Pech: Ein aufgewirbelter Stein beim Grand Prix von Clermont-Ferrand 1972 zerstörte sein linkes Auge. Marko musste seine Laufbahn beenden, obwohl der Le Mans-Sieger von 1971 bereits einen Ferrari-Vorvertrag für die Formel 1-Saison 1973 in der Tasche hatte. Kurzzeitig war er dann als Promi-Tester beim „Kurier“ tätig. Als er bei einem Jux-Rennen mit serienmäßigen Testfahrzeugen auf dem Wachau-Ring alle Kurier-Schreiber spielend abhängte, packte Fotograf Alois Rottensteiner seinen schwarzen Humor aus: „Unter euch Blinden“, feixte er in Richtung der versammelten Kurier-Journaille, „ist der Einäugige König.“ Helmut Marko konnte darüber herzlich lachen, und es war seine positive Lebenseinstellung, die ihm später neben seinem fundierten Fachwissen zu einer erfolgreichen Karriere als Rennsportmanager verhalf.

Dieter Quester, der Dritte im Bunde im Ringen um die Rindt-Nachfolge, brachte mehr Routine ins Renngeschäft ein als Marko oder gar Lauda. Er war 1962 schon Motorboot-Europameister, als sich Niki Lauda noch durch die Unterstufe des Gymnasiums quälte, und er zwang bei einem Formel 2-Rennen den damaligen Grand Prix-Star Clay Regazzoni in die Knie, als Lauda noch im hinteren Feld herumwappelte. So sehr Gemütswallungen bis hin zu halb ernst gemeinten Drohgebärden Questers ungebrochenen Ehrgeiz im Rennen selbst oder auch danach dokumentierten – der letzte Biss am Verhandlungstisch und die bedingungslose Bereitschaft, die nötigen Millionen hinzublättern, um in ein Formel 1-Cockpit steigen zu können (nur die Spitzenfahrer verdienten damals Geld, Neueinsteiger mussten einzahlen), fehlten ihm letztlich. Unterm Strich brachte er es nur zu einem einzigen Formel 1-Einsatz, beim Österreich-GP 1974 (Platz 9) für das Team Surtees.

Quester führte zur gleichen Zeit wie Lauda Verhandlungen mit dem englischen Rennstall March. Für Lauda war es das Wichtigste, einen Platz im Team zu ergattern. Auf ein paar hunderttausend Schilling oder gar D-Mark mehr oder weniger sollte es nicht ankommen. Dieter Quester hingegen spuckte Gift und Galle, weil die March-Leute von ihm so viel Geld haben wollten. Empört rief er beim „Kurier“ in Wien an und schimpfte: „Ich füttere nicht den britischen Pleitegeier. Bitte schreiben Sie das!“ Der „Kurier“ schrieb es, nur leider spielte jemand dem damaligen March-Boss Max Mosley die Zeitung in die Hände. Damit waren die Gespräche der Engländer mit dem Österreicher zu Ende. Lauda zahlte und bekam einen Platz im Cockpit.

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Fotos: Hans van Dijk/Wikipedia, Lothar Spurzem/Wikipedia, Porsche