Trotz kompakter Außenmaße findet man dank durchdachtem Innen-Konzept viel Platz im brandneuen Opel Meriva. Im großen Test tritt das Rüsselsheimer Raumwunder mit dem neuen, 100 PS starken Commonrail-Diesel an.
Vier Jahre nach Einführung des höchst erfolgreichen Zafira schiebt Opel Van-Ware nach, und zwar eine Schuhnummer kleiner. Der im spanischen Figueruelas (bei Saragossa) gebaute Meriva ist knapp 30 Zentimeter kürzer als der Zafira und rund fünf Zentimeter schmäler – aber mindestens ebenso clever wie sein großer Bruder.
Die relativ teuren Vans stehen ohnehin nicht immer an erster Stelle in der Käufergunst, vielmehr sind es die kleineren Raumwunder, die zunehmend an Bedeutung gewinnen, nicht nur aufgrund der günstigeren Preise.
Äußerlich setzt der kleine Opel bis auf die markanten Kotflügel-Verbreiterungen zwar keine neuen Design-Akzente – die Front etwa trägt brav das aktuelle Familiengesicht -, in seiner Gesamterscheinung wirkt der Meriva aber durchaus ansprechend.
Ungleich auffälliger sind die inneren Werte. Einsteigen erfolgt dank großer Türen sehr bequem, hilfreich ist auch die hohe und übersichtliche Sitzposition – sie erweckt zudem den Eindruck, in einem wesentlich größeren Wagen zu thronen. Die Cockpit-Landschaft ist opel-typisch ergonomisch und dazu sauber verarbeitet, allerdings wie gehabt nüchtern gestylt.
Umso erfreulicher: der für diese Klasse hohe Fahrwerks-Komfort. Die Vorderachse wurde vom Corsa übernommen, hinten kommt die von Astra Caravan und Zafira bekannte Torsionslenkerachse zum Einsatz. Und dank des relativ großen Radstands (nur sieben Zentimeter kürzer als jener des Zafira) realisierten die Ingenieure eine zwar straffe, aber erstaunlich komfortable Feder-Dämpfer-Abstimmung. Dabei bleibt der Meriva selbst mit vier Personen und etwas Gepäck an Bord bei forscher Gangart erfreulich neutral und unbeirrbar auf Spur.
Der eigentliche Clou des Meriva steckt jedoch im Fond: Die drei Sitze lassen sich nämlich einzeln verschieben, umlegen oder mittels einfacher Handgriffe zur Gänze eben im Boden verstauen. Wer etwa den mittleren Fondsitz nicht braucht, kann diesen in der Versenkung verschwinden lassen und die beiden äußeren um knapp acht Zentimeter nach innen verschieben – mit dem Ergebnis einer Ellbogenfreiheit à la Mittelklasse. Und dank langer Schenkelauflage werden selbst größere Etappen nicht zur Tortur.
Die ab der zweiten Ausstattungsstufe Enjoy” serienmäßig umklappbare Beifahrersitzlehne ermöglicht darüber hinaus den Transport von extra-langen Gegenständen, wie etwa einem Surfbrett. Apropos Laden: Mit einem maximalen Kofferraumvolumen von fast eineinhalb Kubikmetern erreicht man das Niveau von Mittelklasse-Kombis.
Ein hohes Niveau bietet auch der neue 1,7-Liter-Turbodiesel, dank Commonrail leistet er 100 PS und 240 Nm, aber auch Geräusch-Komfort und Verbrauch sprechen für den stärkeren der beiden Selbstzünder. Einzig störend: Das deutliche Turboloch bis knapp unter 2000 Touren nervt beim Beschleunigen aus engen Kurven. Trotzdem schade, dass diese Version erst im Spätsommer zu haben sein wird und nicht wie die anderen Varianten (Benziner mit 85 PS ab 15.400, 100 PS ab 16.600 und 125 PS ab 18.300 Euro sowie Diesel mit 75 PS ab 16.400 Euro) bereits zum Markt-Start Anfang Mai.
Das Gesamtpaket Meriva ist also absolut attraktiv – nicht unrealistisch, dass Opel hier eine Fremdmarken-Eroberungsrate von 50 Prozent erwartet. Mit attraktivem Preis/Leistungs-Verhältnis, durchdachtem Raumkonzept und sparsamen Motoren werden vor allem Jungfamilien gelockt. Dass man aber gerade Menschen, die aufs Geld schauen müssen, Sicherheits-Details wie ESP und Kopfairbags in der Serienausstattung vorenthält, ist kein feiner Zug von Opel.
TECHNIK
4-Zylinder-Reihe, 4-Ventil-Technik, Turbo, 1686 ccm, 74 kW (100 PS), max. Drehmoment 240 Nm bei 2300/min, Fünfgang-Getriebe, Vorderradantrieb, vorne: Dreiecksquerlenker, Stabilisator, Federbeine, hinten: Verbundlenkerachse, Längslenker, Stabilisator, Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Scheibenbremsen v/h (v bel.), ABS, L/B/H 4042/1694/1624 mm, Radstand 2630 mm, 5 Sitze, Wendekreis 10,9 m, Servo, Reifendimension 185/60 R 15, Tankinhalt 53 l, Reichweite (bis Tankreserve) 770 km, Kofferraumvolumen 350-1410 l, Leergewicht 1350 kg, zul. Gesamtgewicht 1805 kg, 0-100 km/h 13,5 sec, 60-100 km/h (im 4. Gang) 8,3 sec, Spitze 175 km/h, Steuer (jährl.) EUR 330,-, Normverbrauch (Stadt/außerorts/ Mix) k.A./k.A./5,5 l, Testverbrauch 6,1 l Diesel
Preis: EUR 16.400,-
FAHREN & FÜHLEN
Der quirlige Commonrail-Diesel springt prompt an, läuft selbst bei höheren Drehzahlen angenehm leise und hängt tadellos am Gas, liefert aber erst nach Überwinden eines massiven Turbolochs (bis 2000 Umdrehungen) kräftigen Vortrieb und ordentlichen Durchzug. Kaum Wind- und Abroll-Geräusche. Straffes, dennoch überraschend komfortables Fahrwerk ohne Filterschwächen, leicht untersteuernd ausgelegt, 1A-Traktion. Eher indirekte und nur mäßig präzise Lenkung mit zarten Antriebseinflüssen, griffiges Volant. Leichtgängige, exakte und gut abgestufte Schaltung, etwas zu tief platzierter Hebel. Bremsen: ordentlich dosierbar, wirkungsvoll und standfest. Straffe, großzügig dimensionierte Sitze mit mittelmäßigem Seitenhalt, kommoder Schenkelauflage und etwas fummeliger Lehnenverstellung.
PLATZ & NUTZ
Speziell dank üppiger Bewegungsfreiheit in Reihe zwei (angenehm lange Schenkelauflage, dazu im Viersitzer-“Modus” viel Innenbreite) muss der Meriva auch den Vergleich mit den Kompaktvans nicht scheuen, vorne ist´s ausreichend luftig. Für die Fahrzeugklasse erfreulich großer, dank niedriger Ladekante auch einfach zu beladender Kofferraum. Viel Variabilität: Die hinteren Sitze lassen sich verschieben, umklappen und komplett eben im Boden versenken, die umlegbare Beifahrersitzlehne ermöglicht zudem den Transport von langen Gegenständen bis 2,40 Meter. Meriva-Clou: Nach Versenken des mittleren Fondsitzes können die beiden verbleibenden Sessel um jeweils knapp acht Zentimeter nach innen verschoben werden. Plus: One-Touch-Fensterheber, Fahrersitz höhenverstellbar, brauchbare Ablagen, kleiner Wendekreis. Weniger gut: Die breite A-Säule stört den Blick in die Kurve, Lenkrad nur höhenverstellbar.
DRAN & DRIN
In der Top-Version “Cosmo” gut, aber nicht üppig ausgestattet (siehe auch Kasten Seite 59), u. a. aufpreisfrei: Alufelgen, Dachreling und Nebelscheinwerfer. Das Extra-Angebot umfasst eine Fülle von praktischen wie hilfreichen
Features wie Klimaanlage (oder -automatik), Sitzheizung, Navigation, Einparkhilfe, CD-Radio inklusive Lenkrad-FB. Ab Herbst auch mit automatisiertem Fünfgang-Schaltgetriebe (Aufpreis rund 500 Euro) erhältlich. Sauber und solide verarbeitet, strapazfähige Materialien (wenig Hartplastik), zurückhaltend-nüchternes Design.
SICHER & GRÜN
Meriva-Sicherheit: Front- und Seitenairbags vorne, ABS, Bremsassistent, Traktionskontrolle, an allen fünf Sitzen höhenverstellbare Kopfstützen (vorne bis 1,80 m, hinten jedoch nur bis 1,70 m Körpergröße) und Dreipunktgurte, Isofix-Verankerungen. Gegen Extra-Geld gibt´s ESP, einen durchgehenden Kopfairbag-Vorhang plus
aktive Kopfstützen vorne. Positiv abgehakter Umwelt-Check, sparsam beim Verbrauch.
PREIS & WERT
Die Klein-Van-Konkurrrenten sind allesamt PS-schwächer, Hyundai Matrix und Toyota Yaris Verso dabei etwas billiger, Audi A2 und Mercedes A sowie Kompaktvans wie Mazda Premacy oder Renault Scénic dagegen teurer. Zwei Jahre Neuwagen-Garantie (inklusive Mobilität), zwölf Jahre Antidurchrost-Versprechen. Wahrscheinlich überdurchschnittlich gut bei Werthaltung und Zuverlässigkeit, sehr dichtes Werkstatt-Netz, Service und Ölwechsel verschleißabhängig.
ALLES-AUTO-TESTURTEIL :
Klein-Van mit viel Variabilität, ausgeprägtem Lade-Talent, ordentlichem Komfort und attraktivem Diesel.
Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 4/2003 “