Der dynamisch und flott gezeichnete Peugeot 308 läuft auf der verbreiterten Plattform des Vorgängers. Im großen Test gastiert die Topversion mit 150 PS-Turbo-Benziner
Unsere erste Bekanntschaft mit dem Peugeot 308 betrifft gleich eine interessante Version. Unter der Haube des Testwagens steckt nämlich nicht wie so oft ein Diesel, sondern ein 150 PS starker Turbo-Benziner.
Der gemeinsam mit BMW entwickelte – und mit 175 PS auch im Mini Cooper S werkende – 1600er-Vierzylinder strotzt vor moderner Technik: Benzin-Direkteinspritzung, variabler Ventil-Hub an der Ansaug-Seite und ein sogenannter Twin-Scroll- Turbolader (getrennte Abgasführung für je zwei Zylinder). Im weiten Bereich zwischen 1400 und 3500 Touren liefert die deutsch-französische Konstruktion beachtliche 240 Newtonmeter.
Der Motor weiß vom Start weg zu gefallen: Am Stand und bei wenig Gas schnurrt er fast unhörbar, nur bei Volllast und hoher Drehzahl wird sein Klang kernig. Drehfreude ist aber ohnehin nicht seine Stärke. Eher die gleichmäßige und unauffällige Leistungsentfaltung. Ohne aggressiven Biss, aber auch praktisch ohne Turboloch.
Im Alltag ist man mit diesem Triebwerk gut gerüstet. Allzu sportliche Fahrleistungen darf man sich jedoch vom 1,6 THP im 308 nicht erwarten – unser Testwagen in Top-Ausstattung bringt immerhin beinahe 1400 Kilo auf die Waage.
Erfreuliches gibt es von der Verbrauchs-Front zu berichten: 7,7 Liter auf unserer Normrunde sind jedenfalls ein tadelloser Wert. Und im Gegensatz zu vergleichbaren Motoren von VW und Opel reichen dem Peugeot 95 Oktan – trotz der hohen Verdichtung von 10,5:1.
Kommen wir zum Fahrwerk: Parallel zur Karosserie des 308 wuchs auch die Spurweite gegenüber dem Vorgänger, der Radstand blieb dagegen gleich. Die Franzosen änderten nur Details wie etwa den Sturz an der Vorderachse und stimmten Federn wie Dämpfer neu ab.
Mit Erfolg: Der neue Kompakt-Gallier liegt deutlich satter auf der Straße als sein Vorgänger, auch Lastwechsel können ihm – sofern nicht absolut voll beladen – nichts mehr anhaben. In Sachen Komfort kann der 308 trotz strafferer Dämpfung das hohe Niveau des 307 halten.
Nicht ganz mit der gesteigerten Dynamik mitgewachsen ist die Lenkung: In unseren Tests ließ bei mehrmaligen blitzartigen Richtungswechseln die Servo-Unterstützung nach. Die Lenkung verhärtete, die Ideallinie war nur mehr mit Mühe zu halten. Im normalen Straßenbetrieb ist davon aber – selbst bei forcierter Fahrweise – nichts zu bemerken.
Wie schaut´s im Innenraum aus? Der 308 rollt auf der Plattform des Vorgängers. Vom Platzangebot her sollte das auch noch für einige Jahre reichen, sprengte doch der 307 bei seinem Auftritt vor sechs Jahren bis dahin gültige Kompaktklasse-Maße.
Einen Gutteil des einstigen Raum-Bonus hat der Nachfolger allerdings eingebüßt. Einerseits hat die Konkurrenz aufgeholt, andererseits hat Peugeot den 308 äußerst modisch gezeichnet. Trotz gewachsener Länge und Breite bietet er Passagieren nicht mehr Platz als der 307, die Innenhöhe ist durch die niedrigere Dachlinie sogar leicht geschrumpft (aber zumindest vorne immer noch reichlich).
Auch das Gepäckraum-Konzept ist in die Jahre gekommen. Zum Umlegen der Fondbank heißt es mit den Vordersitzen vorrücken und – will man vorne noch einigermaßen menschenwürdig sitzen – zuvor umständlich die Fond-Kopfstützen abnehmen. Gepäck muss zudem über die elend hohe Ladekante gewuchtet werden – mit 78 Zentimeter ist sie neun höher als beim 307.
Im Cockpit der üppig ausgestatteten Topversion Active Pro” herrschen hochwertige Materialien vor. Hebel und Schalter sind einfach zu durchschauen (einzige Ausnahme: die überladene Radio-Fernbedienung an der Lenksäule). Wer gute Augen und zarte Finger hat, wird auch mit den winzigen Tasten des Navigations-Radios keine Probleme haben. Schlecht ablesbar sind hingegen die Instrumente mit grauer Schrift auf weißem Grund. Dreimaliges Komfort-Blinken und vier One-Touch-Fensterheber versöhnen wieder.
In Sachen Qualität haben die Franzosen sichtlich aufgeholt. Der Testwagen war durchwegs solide verarbeitet. Nichts schepperte, knarrte oder quietschte. Eine diesbezügliche Skepsis möge uns Peugeot verzeihen, doch der 308 wird ja bei gleicher Ausstattung und Motorisierung durchwegs billiger angeboten als sein Vorgänger. So eine Preispolitik kann potenziellen Käufern nur recht sein.
Attraktive Materialien und praktische Bedienung, doch schlecht ablesbare Instrumente: 308-Cockpit in Topversion
MOTOR & GETRIEBE
Der aufgeladene Benzin-Direkteinspritzer läuft leise und seidig. Guter Durchzug schon aus dem Touren-Keller, mäßige Drehfreude. Gute, wenn auch nicht sportliche Fahrleistungen. Die Schaltung hakelt gelegentlich und sträubt sich gegen schnelle Gangwechsel. Wünschenswert: eine längere Übersetzung oder ein sechster Gang.
FAHRWERK & TRAKTION
Straff-komfortables Fahrwerk, im Grenzbereich leicht untersteuernd. Lastwechsel-Reaktion nur im voll beladenen Zustand, ESP greift dann sicher korrigierend ein. Ausreichend präzise und direkte Lenkung. Standfeste Bremsen.
COCKPIT & BEDIENUNG
Überschaubare Bedienelemente. Angenehm: simpler Tempomat, dreimaliges Komfort-Blinken, vier One-Touch-Fensterheber. Störend: kleine, zu tief montierte Außenspiegel. Komfortable Möbel. Für eine optimale Sitzposition sollte sich das Lenkrad weiter herausziehen lassen.
INNEN- & KOFFERRAUM
Ausreichend Platz für fünf Erwachsene, Fond-Kopffreiheit nicht allzu üppig. Viele Ablagen, so etwa Laden unter den Vordersitzen und große Fond-Türfächer. Kofferraum-Volumen bestenfalls im Klassenschnitt. Rückbank mühsam umzulegen, sehr hohe Ladekante, kleine Heckklappe.
DRAN & DRIN
In der Top-Version “Active Pro” praktisch lückenlos bestückt. Nur wenige Extras. Auch mit Viergang-Automatik zu haben, dann aber um 10 PS schwächer. Überwiegend hochwertige Kunststoffe, attraktiv auch die Teilleder-Polsterung. Saubere Verarbeitung.
SICHER & GRÜN
Serienmäßig sieben Airbags und optionale Fond-Seitenairbags sind Klassen-Spitze. Auch alle Elektronik-Helfer sowie Isofix an Bord. NCAP-Crashtest mit dem Maximum von fünf Sternen absolviert. Günstiger Verbrauch.
PREIS & KOSTEN
Einzig den Mazda3 erhält man in ähnlich komplett bestückter Top-Version, er liegt dann auch preislich gleichauf. Ein 170 PS starker VW Golf TSI kostet 1000 Euro weniger, Opel Astra (180 PS), Ford Focus (145 PS) und Renault Mégane (163 PS) kommen rund 4000 Euro günstiger, sind aber bei weitem nicht so reichlich ausgestattet. Der 150 PS starke Fiat Bravo 1,4 T-Jet ist sogar knapp 7000 Euro billiger. Klassenübliche Garantie, Werthaltung der Topversion fraglich.
FAZIT:
Der 308 ist dynamischer als sein Vorgänger, der moderne Turbo-Benziner eine echte Bereicherung. Einzig das Raumkonzept wirkt heute veraltet.
MOTOR-BAUART:
Vierzylinder Reihenmotor vorne quer liegend, Abgasturbolader mit Wastegate und Ladeluftkühler, Ladedruck max. 0,8 bar. Fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei oben liegende Nockenwellen mit Kettenantrieb, vier Ventile pro Zylinder, betätigt über Rollenschlepphebel, variabler Ventilhub auf der Einlassseite. Elektronisch geregelte Benzin-Direkteinspritzung.
MOTOR-DATEN:
Hubraum 1598 ccm, Bohrung x Hub 77 x 85,8 mm, Verdichtungsverhältnis 10,5:1, Max. Leistung 110 kW (150 PS) bei 5800/min, Spez. Leistung 68,8 kW/l (93,9 PS/l), Max. Drehmoment 240 Nm bei 1400-3500/min, Ölinhalt 4,0 l, Kühlwasserinhalt 7,8 l
KRAFTÜBERTRAGUNG:
Vorderradantrieb, Fünfgang-Getriebe.
Übersetzungen: I. 3,45, II. 1,87, III. 1,29, IV. 0,95, V. 0,74
Achsantrieb 3,95
FAHRWERK:
Vorne: Querlenker, McPherson-Federbeine, Stabilisator. Hinten: Torsionslenkerachse, Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer. Radstand 2608 mm, Spurweite vorne/hinten 1536/1531 mm. Zahnstangen-Lenkung mit elektro-pneumatischer Servounterstützung, Lenkübersetzung 16,2:1. Hydraulische Zweikreisbremse mit Bremskraftverstärker, vier Scheiben mit Einkolben-Faustsattel-Zangen (vorne innenbelüftet). Reifen & Räder: 225/45 R 17 94 W Pirelli P Zero Nero auf Leichtmetall-Felge 7,5 J x 17
KAROSSERIE:
5 Türen/5 Sitze, Luftwiderstandsbeiwert cw 0,29, Stirnfläche A 2,30 m2, Luftwiderstandsindex A x cw 0,67, Länge/Breite/Höhe 4276/1815/1498 mm, Wendekreis 10,7 m, Tankinhalt 60 l, Eigengewicht 1327 kg, max. zul. Gesamtgewicht 1826 kg, Kofferraumvolumen (VDA-Norm) 348-1201 l
VERBRAUCH:
Norm (Stadt/außerorts/ Mix) 9,8/5,6/7,1 l, Testverbrauch 7,7 l/100 km ROZ 95 (entspricht CO2 179 g/km), Reichweite (bis Tankres.) 700 km
FAHRLEISTUNGEN:
Werksangaben: 0-100 km/h 8,8 sec, Spitze 213 km/h
ALLES AUTO-Messwerte: 0-80 km/h 6,7 sec, 0-100 km/h 9,4 sec, 60-100 km/h (im 4. Gang) 10,6 sec, 80-120 km/h (im 4. Gang) 10,4 sec
WARTUNG:
Service/Ölwechsel alle 30.000/30.000 Kilometer, 190 Vertrags-Werkstätten in Österreich
GARANTIE:
2 Jahre Fahrzeug-Garantie ohne Kilometerbegrenzung, 3 Jahre Lack-Garantie, 12 Jahre Garantie gegen Durchrosten, 2 Jahre Mobilitätsgarantie
PREIS UND AUSSTATTUNG:
Basispreis: EUR 28.300,-
Serienausstattung: Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, Fahrer-Knieairbag, ABS, ESP, Bremsassistent, Isofix, Reifendruck-Kontrolle, Verbundglas-Seitenscheiben, fünf höhenverstellbare Kopfstützen, fünf Dreipunktgurte (vorne mit Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern), Klimaautomatik, Festplatten-Navigation, CD-Radio mit 7 LS und Lenksäulen-FB, GSM-Telefon mit Freisprecheinrichtung, vier E-Fensterheber, Einparkhilfe rundum, Innenspiegel aut. abblendend, Außenspiegel el. beheiz- und klappbar, Bordcomputer, Licht- und Regensensor, Tempomat mit Begrenzer, Bi-Xenon-Kurvenlicht, beheiz- und höhenverstellbare Sportsitze vorne, Teilleder-Polsterung, Nebelscheinwerfer, Gepäcknetz, Alarmanlage, Panoramaglasdach mit E-Rollo, Aluräder, FB-Zentralsperre etc.
Extras: Fond-Seitenairbags EUR 262,-, CD-Wechsler EUR 405,-, E-Fahrersitz mit Memory EUR 458,-, Lederpolsterung ab EUR 1216,-, Metallic-Lack EUR 458,-
Fotos: Robert May
Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 10/2007 “