Die Strafzölle auf chinesische E-Autos sind in Kraft. Ihre Verhängung offenbart grobe Einschätzungsmängel seitens der EU. Bezahlen wird die Rechnung dafür am Ende der Kunde – egal, welches Auto er kauft.
Erst wurde damit gedroht, dann hat man sie provisorisch eingeführt, aber nicht eingehoben, nun sind die Strafzölle auf chinesische E-Autos doch in Kraft. Das Tauziehen im Vorfeld spiegelt die Uneinigkeit wider, die darüber innerhalb der EU-Mitglieder herrscht. Unterlegen sind am Ende die deutschen Autobauer, die von den Strafzöllen selbst, aber auch von den zu erwartenden Gegenmaßnahmen Chinas am stärksten betroffen sind. Aufgrund der dortigen Bestimmungen fertigen sie in der Volksrepublik in Joint Ventures mit einheimischen Unternehmen – weswegen die Straf-Aufschläge nun auch für ihre Produkte gelten. Mehrere Modelle der Volkswagen-Gruppe, aber auch die beiden Elektro-Minis inklusive Aceman sind davon betroffen. Schlagend werden die neuen Regelungen auch für die China-Schweden Volvo und Polestar.
Die Befürworter und Betreiber der Strafzölle sind vor allem die französisch dominierten Konzerne: Die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz und Stellantis – sie bauen in China keine Autos und verkaufen dort auch kaum welche, haben von etwaigen Gegenmaßnahmen also wenig zu befürchten. Dass es den insgesamt wesentlich Umsatz- und Stückzahlen-stärkeren Deutschen nicht gelungen ist, sich durchzusetzen, offenbart vor allem die mangelnde Unterstützung der eigenen Regierung – anzunehmender Weise in der Abneigung des grünen Koalitionspartners gegen diesen Industriezweig begründet, die sogar so weit geht, lieber zehntausende Arbeitsplätze zu gefährden als über den eigenen Ideologie-Schatten zu springen. Dass selbst die Miteigentümerschaft des Landes Niedersachsen nicht ausgereicht hat, hier ausreichenden politischen Druck zu erwirken, steht symbolhaft für die politische Hilflosigkeit in unserem Nachbarland.
Um die Höhe der Staats-Subventionen für chinesische Autohersteller zu erheben, brauchte es keine Expertise: Sie sind in den jeweiligen Bilanzen der praktisch sämtlich börsennotierten Unternehmen angeführt. Übersehen haben die Verantwortlichen in Brüssel dabei, dass damit automatisch auch die Joint Ventures mit den europäischen Konzernen gefördert wurden, die sie nun sozusagen rückwirkend abstrafen und damit die selbst verordnete Mobilitätswende torpedieren.
Dazu unterhalten praktisch alle chinesischen Hersteller in Europa eigene Vertriebszentralen als Tochter-Unternehmen. Es ist anzunehmen, dass diese nun mittels niedrigerer Einkaufspreise von der Konzernmutter die Aufschläge so klein wie möglich halten und dafür die Gewinne verstärkt aus dem Zwischenhandel mit den einzelnen Landes-Organisationen generieren. Doch selbst, wenn man der Einfachheit halber nur den Netto-Kundenpreis eines BYD Dolphin mittlerer Ausstattung in China (nicht exakt dasselbe Auto wie die Europa-Variante) als Basis heranzieht und alle ab jetzt zusätzlich anfallenden Aufwände anrechnet, bleibt eine Differenz von gut 8000 Euro zum aktuellen Marktpreis in Österreich. Bei derartigen Spielräumen können Mehrkosten zwar, müssen aber nicht zwingend auf die Kunden abgewälzt werden.
Dazu bestätigt Danijel Dzihic, Geschäftsführer der österreichischen BYD-Importeurs-Organisation innerhalb der Denzel-Gruppe, dass vorausschauend mit Lagerfahrzeugen vorgesorgt wurde. Bis das BYD-Werk im ungarischen Szeged gegen Ende 2025 seinen Betrieb aufnimmt, wird die neue Tarif-Situation also bestenfalls eine kurzfristige Herausforderung zwischen dem Abbau des Lagerbestandes und dem Anlaufen der Montage in der EU sein.
Ignoriert haben die EU-Verantwortlichen außerdem, dass die Volksrepublik die globalen Lieferketten für den überwiegenden Teil der Akku-Rohstoffe beherrscht. In diesem Punkt sind die etablierten Hersteller mit ihren E-Modellen am verwundbarsten, weil sie Preiserhöhungen wegen des bereits herrschenden Kostendrucks nicht abfedern können. Werden die China-Modelle hierzulande also wegen der Zölle teurer, werden es die europäischen wegen der im Gegenzug angehobenen Rohstoffpreise. Die Blöße, mit kleinlichen Gegenzöllen zu reagieren, muss sich China also gar nicht geben – es kann stattdessen einfach seine Gewinnspannen hochfahren.
Seltsam mutet an, dass die EU die eigene Förder-Freude offenbar weniger kritisch sieht als die anderer Nationen. Für das Tesla-Werk in Grünheide nahe Berlin lagen die Zuschüsse bei rund 1,15 Milliarden, womit jedes dort gebaute Fahrzeug bisher mit rund 3850 Euro gestützt wurde. Volkswagens künftige Batteriezellen-Giga-Factory im spanischen Sagunt hat bisher drei Milliarden an Förderungen kassiert, weitere 4,5 kommen in der zweiten Ausbauphase dazu. Noch einmal 4,35 Milliarden hat Seat für die Akku-Endfertigung in Martorell bei Barcelona erhalten.
Die größte Fehleinschätzung liegt allerdings darin, dass die Kunden wegen etwaiger Preissteigerungen von China-Modellen auf europäische E-Autos umschwenken. Diese werden dadurch nicht günstiger und daher auch nicht attraktiver.
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