Ein Vergleich dient immer dazu, herauszufiltern, welÂÂches Auto in seiner Klasse die meisten poÂÂsitiven Eigenschaften kombiniert. Und dennoch rücken diese Kriterien in unserem Fall ein wenig in den Hintergrund, denn hier treten zwei Weltanschauungen gegeneinÂander an: Benzin gegen Elektro. Alteingesessener Autobauer gegen gehypten Newcomer. Deutsche Ingenieurskunst geÂÂgen amerikaÂnischen Ideenreichtum. Porsche geÂgen Tesla.
Um das Ganze noch ein wenig zu toppen, treffen hier auch noch zwei große SUV aufeinander – eine KlasÂÂse, die ohnehin in der Kritik steht, Städte zu verstopfen und unnötig viel Treibstoff zu verblasen.
In der einen Ecke: der brandneue Cayenne S. In dritter Auflage ist Porsches Größter zwar ein komplett neues Auto, man muss aber von vorne betrachtet schon geÂÂnauÂÂer hinsehen, um optische Unterschiede zum Vorgänger ausmachen zu können. Dafür steckt umso mehr Neues unter dem Blech: Beim GeÂÂwicht konnten rund 100 Kilogramm eingespart werden, neue Achsen, verfeinertes Fahrwerk und ein mit allerlei technischem Firlefanz aufgewerteter Innenraum zeigen dazu, dass der Porsche so ziemlich das Maximum darstellt, was man in dieser Klasse derzeit kaufen kann.
Doch auch als stolzer Zuffenhausener musste er im Zuge der AbÂÂgas-Diskussionen Federn lassen. Der verbaute Motor, ein V6-BenÂziner mit zwei Turbos, verfügt nur mehr über 2,9 Liter Hubraum, stammt eigentlich aus dem Audi RS5 und hat in der Cayenne-Konfiguration stramÂÂme 440 PS, die über eine Achtgang-Automatik auf alle vier Räder verteilt werden.
In der anderen Ecke: das beÂÂwährte Model X. Seit 2016 auf dem Markt, mit zwei E-Motoren – einer vorne, einer hinten – und ebenso vielen Kofferräumen bestückt. Mit 471 Pferden sogar etwas stärker als der Porsche, aber auch um 8000 Euro teurer und 400 Kilogramm schwerer. Unverändert: der unÂÂkonÂÂventionelle Zugang zu völlig banalen Elementen wie etwa dem Einsteigen – nähert man sich der Fahrertür, springt sie automatisch auf und schließt sich, sobald man das Bremspedal betätigt. Auch öffnen sich die hinteren Pforten nicht wie übÂÂlich zur Seite, sondern Âfalten und schwenken mit einem komÂplizierten Mechanismus fast senkrecht nach oben. Braucht zwar kein Mensch, sticht aber aus der Masse hervor.
Bei uns freilich zählen vorwiegend Fakten und messbare DaÂÂten. Ist der Cayenne trotz klassischer Auslegung und herkömmlichem Antrieb gar innovativer als der in Details doch sehr verspielte Tesla?
Motor & Getriebe
Eines muss man den Porsche-Technikern lassen: Sie haben es mit ihrer Abstimmung des Audi-Motors geschafft, den relativ geringen HubÂÂraum weitgehend auszugleichen. Kraftvoll und geschmeidig hängt der V6 am Gas, hat bereits im unteren Drehzahlbereich ausreichend Punch für alle alltäglichen Lebenslagen. Er dreht aber auch luftig hoch und schafft es, die über zwei Tonnen des Cayenne um geÂÂÂÂfühlte 500 Kilo zu reduzieren. ZuÂÂdem ist das Ansprechverhalten für einen zwangsbeatmeten Motor erÂÂstaunÂlich spontan.
Darüber kann der Tesla nur lachen: Das Gefühl im Magen, wenn man bei ihm Vollgas gibt, ist einzigartig – schlagartig wirken die Fliehkräfte auf den Körper, und das dazu noch völlig lautlos. So viel Kraft, und das derÂÂÂart spontan serviert, macht den Elektro-Ami im Alltag unÂÂschlagbar schnell. Im Endeffekt sind die Fahrleistungen unserer beiden Super-SUV zwar nahezu identisch, damit der Porsche jedoch dem Model X nachkommt, muss man ihn auswringen wie ein nasses Handtuch. Kein Wunder, stemmen die zwei E-Motoren um fast 300 Newtonmeter mehr als der Otto aus Stuttgart, und das auch noch vom Stillstand weg.
Bemerkenswert: Selbst bei Âvollem Krafteinsatz arbeitet der Porsche-V6 wohlklingend, aber nie nervig laut, während das immer lauter werdende Surren und Summen des Tesla stark an eine Straßenbahn erinnert. Dafür ist sein Schaltkomfort unerreicht: Bei nur einer Fahrstufe kann es ja kein Schaltrucken geben. Doch auch die Achtgang-Wandlerautomatik des Cayenne schafft es praktisch immer, den richtigen Gang gefühlvoll und sanft einzulegen.
Interessant auch die Art und Weise, mit der Teslas Model X geÂÂfahren werden kann: Aufgrund der starken Rekuperation kommt man mit der MoÂÂtorbremswirkung allein meist über die Runden, muss das eigentÂliche Bremspedal also weit seltener verwenden als beim Porsche. Dessen Gänge kann man auch über ein Sportprogramm anwählen lassen oder mittels Schaltwippen wechseln – was sich aber nie so souverän und butterweich anÂÂfühlt wie im NorÂmal-Modus.
Fahrwerk & Traktion
Während der Porsche auf ein adaptives Fahrwerk vertraut, also normale Schraubenfedern mit einstellbaren Stoßdämpfern kombiniert, verfügt der Tesla serienmäßig über eine LuftfeÂderung. Diese lässt sich nicht nur in der Höhe vielfach verstellen, sondern dämpft und federt auch sanfter und etwas nachgiebiger. Dennoch ist der Ami nicht übertrieben komfortabel, sondern immer noch auf der straffen Seite und wirkt gerade bei kurzen Stößen etwas hoppelig.
Gerade was das Schluckvermögen betrifft, merkt man, dass der Cayenne schon eine Fahrzeug-Generation weiter ist. Sicher ist auch er kein Softie, doch er schluckt alle Unebenheiten anstandslos und ohne zu knarzen oder knistern. Gleichzeitig versteht sein Fahrwerk aber auch die schnelle Gangart.
Jeder Befehl der feinfühlig und direkt arbeitenden, 2500 Euro teuren Allradlenkung wird zielgenau umgesetzt. In engen KurÂÂÂven spürt man sogar, wie das Heck aktiv mitschwenkt. Seitenneigung oder Lastwechsel sind kaum vorhanden. Auch hat Porsche die Gewichtsverteilung so gut hinbekommen, dass das Dickschiff erst sehr spät ganz sanft zu untersteuern anÂÂfängt. Wer das Setup über den Drehregler am Lenkrad auf Sport oder Sport+ verstellt, macht die Sache zwar härter, aber nicht besser.
Dagegen wirkt der Tesla schwerfällig und behäbig. Sein Mehrgewicht aufgrund der an Bord befindlichen Akkus kann er nicht verleugnen. Er lenkt sich im direkten Vergleich unÂÂwillig, schiebt weÂÂsentlich früher über die VorÂderÂräder. Dafür bietet die serienmäßige HöhenÂÂÂverÂstellung des Fahrwerks den großen Vorteil, für schlechte Wege ein paar zusätzliche Zentimeter Bodenfreiheit zu lukrieren.
Zum Schluss zu den Bremsen: Die beiden schweren SUV hatten spürbar mit den nicht so griffigen Winterreifen zu kämpfen. Der leichtere Porsche anÂkerÂÂte etwas besser, die Tesla-Stopper konnten schon beim GroÂÂßen Test (hier nachzulesen) nicht sonderlich überzeugen, vor allem nicht bei mehreren aufeinanderfolgenden Vollbremsungen.
Cockpit & Bedienung
Der Cayenne profitiert von den Errungenschaften der zweiten Panamera-Generation, verfügt also über die großen Touch-Felder auf der Mittelkonsole, die in Verbindung mit dem großen Touchscreen eine hohe Bedienfreude ergeben. ÂClever auch: Bis auf den Drehzahlmesser sind alle Armaturen digital, lassen sich fast nach Belieben konfigurieren.
Das Tesla-Cockpit ist vom grundsätzlichen Layout lufÂtiger ausgelegt, was ein ganz Âanderes Raumgefühl ergibt. Der riesige, aber für den Bedienkomfort fast schon zu große Touchscreen hat den Nachteil, dass er alle ÂFunktionen bündelt und deswegen eine kaum durchschaubare Menüflut auf den Fahrer hereinbricht. Für fast alle BeÂÂfehle muss man in teils schwer auffindbare ÂUntermenüs vordringen, und die Druckfelder sind teilweise winzig – das lenkt beim Fahren schon ziemlich ab. Immerhin beÂÂkommt man ein großes Bild von der Rückfahrkamera, was gut ist, denn die Ãœbersicht nach hinten ist mehr als bescheiden.
Dafür gibt es kein Auf- oder Zusperren – sich einfach dem Tesla nähern, und schon springt automatisch die Fahrertür auf (Letzteres ist freilich eine OpÂÂtiÂon). Steigt man aufs Bremspedal, schließt sich die Pforte wieder.
Da kommt der Porsche nicht mit, bei ihm kostet sogar Keyless-Go 1369 Euro extra. Dank der steiler stehenden Heckscheibe sieht man beim CaÂÂÂyÂÂÂÂenne-Rangieren zwar mehr, dafür muss man sowohl für Rückfahr- als auch 360-Grad-Kamera Aufpreis zahlen.
Eine klare Entscheidung daÂÂfür bei den Vordersitzen: Die sind beim Porsche nicht nur beÂÂquem und angenehm groß geÂÂschnitten, sie halten einen auch fest auf der Sitzfläche, wirken dabei aber nie einengend. Kein Vergleich zu den Tesla-Hockern, die zwar deutlich besser sind als die Exemplare der ersten Model S – die Polsterung ist aber imÂÂmer noch zu hart und vor allem die Schenkelauflage viel zu klein dimensioniert.
Innen- & Kofferraum
Die Unterschiede sind teils miÂÂnimal, teils überraschend groß: Vorne bieten Porsche und Tesla den Insassen annähernd gleich viel Platz, woÂÂbei die acht ZenÂtiÂmeter zuÂÂsätzÂliche Kopffreiheit im Model X in Kombination mit der weit ins Dach reichenden Windschutzscheibe eine Kathedralen-artige Atmosphäre ergeben. Die stark abfallende DachÂlinie schränkt eben diesen Wert auf der Rückbank dafür stark ein. Dazu ist der Fond-Zustieg ob der aufschwingenden Fondtüren stark gewöhnungsbedürftig und langwierig – eine herkömmliche Tür öffnet deutlich schneller und sicherer.
Zu viert fährt es sich im Porsche also bequemer, und auch für die 3100 Euro teure dritte Sitzreihe im Tesla muss man ein Mindestmaß an FleÂxibilität mitbringen – viel Platz bleibt da für die Knie trotz längs verschiebbarer zweiter Sitzreihe nicht. Die zusätzlichen zehn Zentimeter Radstand des Amis Âbeanspruchen fast vollständig die Akkus im UnterÂboden für sich, der fehlende Mitteltunnel ergibt aber einen riesiÂgen Laderaum, wenn alle Fondlehnen umgeklappt sind – zuÂÂmindest bei der Fünfsitz-Konfiguration. Bei unserem Siebensitzer blieben mit 1645 LiÂÂtern über 60 Liter weniger übrig als im Porsche.
Der Cayenne-Kofferraum ist wie jener des Tesla sehr breit und flach ausgelegt. Der Ladeboden ist nicht verstellbar, die Rücksitzbank dafür im Verhältnis 2:1:2 umlegbar. Die Ladekante mag hoch sein, das Heck lässt sich mittels Knopf im Kofferraum aber zum Be- und Entladen kurzfristig absenken. Praktisch auch: ein großes Haltenetz an der Seite.
Stichwort Ablagen: Das luftige Raumkonzept des Model X bewirkt auch, dass es kaum MöglichÂkeiten gibt, den tägÂliÂchen Krimskrams gut abzuÂleÂgen. Dafür finden sich – tyÂpisch US-Car – BecherÂhalter mit giÂÂganÂÂtischen Abmessungen. Im Porsche gibt es unter der Mittelarmlehne zumindest ein groÂßes Fach, ansonsten fresÂsen die Touchfelder nahezu den gesamten Platz rund um den WählÂhebel. Immerhin bieten beide SUV in den Türfächern ÂgeÂÂnüÂÂÂgend Platz, um auch große GeÂÂtränkeÂflaschen unterzubringen.
Dran & Drin
Ãœber mittlerweile übliche Features wie Klimaautomatik und diverse elektronische Helferlein sowie feine Audiosysteme verfügen beide Probanden. Doch beim Zuffenhausener muss man sogar für Einparkhilfe, Rückfahrkamera, Sitzheizung und Keyless-Go extra zahlen. Der Tesla hat das alles ab Werk, zudem auch noch die Luftfederung und 20 Zoll-AluÂräder, während der Cayenne serienmäßig mit 19-Zöllern vorliebnehmen muss. Interessanterweise kostet bei beiden die LeÂÂderausstattung extra, über High-End-Features wie Allradlenkung, Vierzonen-Klima oder Matrix-LED-Licht verfügt nur der Porsche, wenn auch alles zu stolzen Preisen.
Stichwort Verarbeitung: Hier hat Tesla kräftig aufgeholt, wenngleich man an einigen DeÂtails immer noch Schwächen erkennt, die es in dieser Preisklasse einfach nicht geben darf, etwa klappernde Sonnenblenden oder mit Wasser unterlaufene Dichtungen. Zumindest wirkt der Großteil der verbauten Materialien solide und hochwertig.
Porsche lässt in diesen Kapiteln nichts anbrennen, alles sitzt wie angegossen, jedes Detail wirkt durchdacht und solide. Und auch die eingesetzten KunstÂstofÂÂfe sind entweder mit Leder bezogen oder greifen sich auch sonst sehr angenehm an.
Schutz & Sicherheit
Selbst zwei Jahre nach der Markteinführung hat es Tesla noch nicht geschafft, eine Euro-NCAP-Crashbewertung zu erÂÂhalten. Die US-Behörde NHTSA hat ihn im Rahmen ihrer Tests zwar mit fünf Sternen bewertet, nur lassen sich die zwei Prüfverfahren schwer miteinander vergleichen. Die Bewertungen für den neuen Cayenne fielen dafür fast durchwegs beruhigend aus. 95 Prozent beim Schutz für ErÂÂwachÂÂsene, 80 Prozent bei jenem für Kinder, und auch der Fußgängerschutz schnitt mit 73 ProÂÂÂzent noch solide ab.
In Sachen Assistenzsysteme blieb der Porsche mit 62 Prozent ein wenig hinter den Erwartungen, was aber kein Wunder ist, denn sowohl Spurhalte-Assistent, Verkehrszeichen-ErÂÂkenÂÂÂnung als auch Abstandsregel-Tempomat sind aufpreispflichtig. Letzterer kostet auch beim Tesla extra, über viele anÂÂdere Assistenzsysteme verfügt der X dafür aber serienmäßig.
Nichts zu meckern gibt es bei beiden punkto Ausleuchtung, da jeweils LED-Scheinwerfer seriÂenÂmäßig verbaut sind. Bei den Airbags hat der Porsche dank eines Luftsacks für die Fahrerknie die Nase vorne, und sogar Fond-Seitenpolster sind erhältlich, wenn auch – wieder einmal – nur gegen Aufgeld.
Sauber & Grün
Wichtig ist hier festzuhalten, wie wir die Verbräuche der beiden Autos gemessen haben: nämlich genau gleich. Das heißt: Wir verwendeten auch beim Model X (Sitz-)Heizung und fuhren auf der Autobahn – so wie mit dem Porsche – 130 km/h. Tatsache ist: Die Reichweite war bei vollem Akku gut 50 Prozent geringer als bei unserem letzten Test im Sommer 2016.
So auch das Bild beim Durchschnittsverbrauch: Kamen wir bei rund 25 Grad Außentemperatur auf 18,1 kWh, schluckte der 2,4 Tonnen-Brocken im Winter 39,8 kWh Strom. Damit kommt man nur rund 250 Kilometer weit, wobei gerade die letzten Kilometer besonders flott verschwinden. Nachladedauer? Am Tesla-eigenen Supercharger eine gute Stunde, an einer 380-Volt-Steckdose rund sieben.
Der Porsche ist dafür ein überraschend sparsamer ZeitÂgenosse, solange man das Gaspedal nicht mehr als notwendig tritt. Bei (legalem) Autobahntempo bleibt die Drehzahl unter 2000 Umdrehungen, die Start/Stopp-Automatik schaltet den Motor schon im Ausrollen aus. Grün-Vorteil Tesla: Er emittiert lokal weder Abgase noch CO2 – wie umweltfreundlich man tatsächlich fährt, hängt natürlich von der Herkunft des getankten Stroms ab.
Preis & Kosten
Auf dem Papier ist der Tesla 8000 Euro teurer, hievt man den Porsche aber auf sein AusstatÂtungsÂniveau, liegen die Kontrahenten praktisch gleichauf. WoÂÂbei der Porsche dafür über Features verfügt, die es beim Model X gar nicht gibt.
Bei der Garantie hat Tesla die Nase vorn: Vier Jahre bis maximal 80.000 Kilometer auf das FahrÂzeug, dazu acht Jahre auf Batterie und die komplette Antriebseinheit Âohne Kilometerbeschränkung. Die Cayenne-Garantie läuft nur zwei Jahre, Mobilitätsgarantie besteht bei Service-Treue dafür ein Autoleben lang.
Werthaltung: Da schlägt Tesla den Cayenne um Längen. Die wenigen Gebrauchten kosten fast so viel wie neue. Beim Benziner-Porsche schlägt die Preiskeule deutlich stärker zu, junge Vorgänger kosten teils 40 Prozent weÂÂniger.
Testurteil
Man muss anerkennen, dass es Tesla mit dem Model X als erstem Hersteller geÂlungen ist, einen funktionierenden Strom-SUV auf die breiten Räder zu stellen. Im Winter stößt der 2,4 Tonner naÂtürlich schnell an seine Grenzen. Und auch wenn er fantasÂtisch beschleunigt, was Fahraktivität und Agilität betrifft, hat er gegen den moderneren und harmonischeren Porsche Cayenne keine Chance. Das Ergebnis fällt dennoch überraschend knapp aus.