Editorial
Zu seufzen, dass früher alles besser war, ist wohl eine Alterserscheinung, wenn Nostalgie und Wehmut den Blick zurück trüben. Dass ganz früher vieles besser war im Motorsport, lässt sich bei so mancher Oldtimer-Veranstaltung erfahren, etwa im inneren Dunstkreis der heimischen Ennstal-Classic. Das betrifft besonders die PS-Protagonisten längst vergangener Renn-Epochen.
Sir Stirling Moss etwa konnte ich dort als wahren Gentleman erleben. Bei meiner ersten Ennstal-Classic 2006 fuhr der heute 86jährige noch selbst die ganze Rallye mit, und das im selben Team, bei Mercedes. Bevor er sich am ersten Abend zu uns setzte, ging er zum Nachbartisch, wo die Werks-Mechaniker saßen, gab jedem einzelnen die Hand und bedankte sich. Jahre später, als ich ihn und seine charmante Frau Susie schon öfter getroffen hatte, spielte er mit meinem kleinen Sohn mit Modellautos – das Foto, das dabei entstand, wird meinem Filius später sicher Freude bereiten.
Ebenso wie der Schnappschuss, der ihn vor zwei Jahren auf dem Arm von Nigel Mansell zeigt. Nachdem jemand dem Formel I-Star der 80er und 90er das Ansinnen des Vierjährigen „Zeigst du mir deinen Ferrari?“ übersetzt hatte, war der Brite diesem ohne Zögern nachgekommen. Zwei Jahre zuvor, bei der Weihnachtsfeier der Ennstal-Classic, hatte mein Sohn eine spielerische Begegnung mit einer anderen Lichtgestalt der Grand Prix-Geschichte: Maria Teresa de Filippis war im beschaulichen Steyrling bei PS-Wirt Sigi Schwarz zu Gast – und im stereotypischen Stil einer italienischen Nonna kümmerte sie sich um den kleinen Mann, der gerade einmal gehen konnte.
Im Jänner dieses Jahres starb die Grand Dame des Grand Prix-Sports in ihrem Haus in Bergamo, Helmut Zwickl erinnert sich in einem Nachruf an die feurige kleine Lady aus bestem neapolitanischer Familie. Wenn ich an Maria Teresa zurückdenke, dann habe ich ein Bild vor Augen, das ich nie vergessen werde – und mit dem wir unsere Story auf Seite 118/119 aufmachen: Nie zuvor und danach habe ich einen Menschen derart glücklich Auto fahren gesehen wie 2005 die damals 78jährige über den Stadtkurs von Gröbming im Maserati 250 F – einem Grand Prix-Boliden aus den 50ern, den heute kaum einer artgerecht bewegen kann.
Mit geschärftem Blick in die Gegenwart und unmittelbare Zukunft kümmern wir uns in diesem Heft natürlich auch um jede Menge neue Autos. Die sind natürlich viel besser als die Fahrzeuge von früher. Wenn auch nicht so voller Spirit & Seele wie damals. Das zeigt zumindest unser nostagisch-wehmütiger Blick in den Rückspiegel.
Enrico Falchetto
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