Im großen Fiat/Chrysler-Universum herrscht kaum ein Mangel an Allrad-Plattformen. Die Cherokee-Basis hätte sich für das Projekt angeboten, Alfas modulare Wunder-Plattform „Giorgio“ wäre ebenfalls allradfähig und wird auch die künftigen SUV-Modelle der Mailänder tragen. Aber ein Maserati muss ein Maserati sein, vom Schweller bis zur Dachkante, befand Chef Harald Wester – und setzte die Ghibli-Basis für den ersten SUV seiner Marke durch. Also auch mehr hauseigene Synergien, und – so die Hoffnung – ein authentischeres Endergebnis.
Was den Namen angeht: na ja. Langsam gehen Maserati wohl die Winde aus. Immerhin wird die Tradition der klangvollen Benennung nach Luftbewegungen hochgehalten. Aber mit Levante verbindet der Bildungsbürger normalerweise eine etwas antiquierte Bezeichnung für den Nahen Osten, in den letzten 70 Jahren nicht unbedingt ein Synonym für Freizeitfreude und Lebensglück. Dass der Name auch einen spanischen Wind bezeichnet, wissen bestenfalls Segler, eher aber Kite-Surfer, die er um die Gegend von Gibraltar herum bestens beflügelt. Normalerweise folgt er übrigens auf den Mistral, wogegen bei Maserati zwischen den beiden schlanke 46 Jahre liegen.
Die Übertragung der Marken-Physiognomie auf das SUV-Thema ist der Modeneser Marke dagegen gelungen. Die Darstellung des Sportlichen ebenfalls – da tut sich selbst Vorreiter Porsche deutlich schwerer, dessen Cayenne immer noch etwas Blunziges an sich hat. Die lange Motorhaube und die wellenartige Linie sind ureigenes und unverwechselbares Maserati-Kulturgut, die auch einem rasanten Hochsitz gut stehen. Das serienmäßige Luftfeder-Fahrwerk pumpt den Luxus-SUV auf gerölltaugliche Höhe oder lässt ihn sich sportlich an den Asphalt ducken. Und der V6-Diesel zieht alle Register, was knackiges Ansprechverhalten und sportlichen Durchzug betrifft. Natürlich liefert er genau die paar Euzerl Performance mehr, die es braucht, um den etwa gleich starken Zuffenhausener Edelstahl abzuhängen, da geht es um’s Prinzip. Beim Soundtrack ist der Diesel-Dreizack etwas stumpf, bei allem merkbaren Bemühen, dem Dreiliter-Aggregat ein wenig Klangkörper abzuringen. Das einzige echte Minus, vor allem, wenn man erst einmal das heißere Röhren des Benzin-Bruders gehört hat.
Und wie er das tut! Die imposanten mehr als drei Meter Radstand bringen auffallende Ruhe ins Gerät. Enges Kurven-Gewedel ist damit vielleicht nicht seine beste Disziplin, aber dafür ist er auch nicht gebaut worden. Sehr wohl aber für entspanntes, schnelles Reisen aus souveräner Perspektive. Das beachtliche Fünfmeter-Trumm liegt exzellent in der Hand, fordert, aber überanstrengt niemals. Und endlich wieder eine hydraulische Lenkung mit entsprechender Rückmeldung, inzwischen sehr Old School, weil der Siegeszug der elektrischen eigentlich schon abgeschlossen ist. Der Levante gibt seinem Fahrer einen ungehetzten, aber trotzdem schnellen Rhythmus vor, in dem man gerne einschwenkt – ganz einfach, weil er passt, keine Dissonanzen hat und Freude macht. Die Buchhalter und Excel-Listen-Junkies in den Konzernzentralen werden das nie verstehen – aber es geht nicht um die hunderstel-genaueste Passung, den flinkesten Fensterheber, die optimalste Nutzen-Ratio und den Sieg im Assistenzsystem-Wettrüsten. Es geht darum, ein stimmiges Auto zu bauen, dessen Charakter in jedem Detail spürbar ist. Und auf dem Gebiet sind die Italiener bis heute unbesiegt. Deswegen werden ihre Autos geliebt, die anderen bloß ge- und wieder verkauft. Wer dafür prinzipiell anfällig ist, wird dem Levante emotional schwer widerstehen können. Und falls die linke Gehirnhälfte dennoch befriedet werden muss: In der Preisfrage punktet der Maserati ebenfalls – der Basistarif ist mehr oder weniger derselbe wie für einen Cayenne Diesel, in dem dann allerdings noch die Luftfederung und eine Menge andere Goodies fehlen.
Technik
Preis: € 85.442,–