Top 10 (+1): Vergessene GTI-Gegner

20. Mai 2016
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Aktuelles

Der Golf GTI mag die Klasse der Hot Hatches begründet haben, aber er war bei weitem nicht der einzige Vertreter. Praktisch jede Marke fühlte sich berufen, einen scharfen Kompakten auf den Markt zu bringen, sogar Yugo. Andere wiederum meinten, GTi ziehe auch in größeren Klassen – so brachte Citroen sogar von ihrem Luxusliner CX eine Variante mit diesem Beinamen auf den Markt.

Doch die Klasse lebte immer von den kleinen Vertretern. Und die gab es vor zwanzig Jahren in einer unglaublichen Vielzahl. Gut gemeint haben es alle, aber wirklich gut waren nur die wenigsten. Es hat also schon seine Gründe, warum sich manche bis heute gehalten haben, und andere hingegen seit langem schon den Bach hinunter gegangen sind. Und dann gibt es noch diejenigen, die sich einen Nachfolger verdient hätten, die Hersteller aber lieber Minivans bauten, oder gleich ganz zusperrten. Wir wollten zehn Beispiele aus dieser Epoche heraus picken die zeigen, wie bunt die Welt der Golf-Gegner einmal war. Geworden sind es elf. Aus … Gründen.

 

Platz 11:

9Chrysler GT Cruiser

Wer erkennt den Widerspruch in sich? GT und Cruisen im Namen das konnte einfach nicht gut gehen. Der PT Cruiser war schon mühsam genug zu fahren, und als GT hatte er zudem auch noch viel zu viel Leistung, mit denen die Vorderräder endgültig nicht mehr wussten, was sie damit anfangen sollten. 2,4 Liter Hubraum plus Turbolader, das ergab bärige 223 PS, mit denen man Bäume hätte ausreißen können. Hier riss der Fahrer aber jedes mal halbert das Lenkrad aus, weil die Lenkung bei Volllast jeder Spurrille folgte. Damit es auch stets lustig blieb, wurde die Bremse standesgemäß unterdimensioniert. Insofern konnte man über das schlechte Fahrwerk froh sein. So wurde man in Kurven wenigstens nie schnell und blieb am Leben. Klingt alles sehr unglaubwürdig? Es war leider wirklich so, aber wenn es einen immer noch interessiert, dem sei gesagt: Auf diese Erfahrung kann man getrost verzichten. So wie auf eine Beinamputation.

 

Platz 10:

7Renault 11 Turbo

Oh ja, Renault und ihre Sportmodelle, das ist immer etwas besonderes gewesen. Die Clios. Die schnellen 5er. Bitte, es gab sogar vom Nobelhobel Safrane eine Version mit V6-Biturbo, oder vom 21er einen Turboallradler. Also fad wurde es mit den Parisern wirklich nie. Und daher war es nur logisch, dass auch das kleine Schrägheck mit dem Namen 11 eine Leistungskur bekommen musste. Der Beiname Turbo genügte, um zu wissen, was hier abging. Unter der Haube befand sich der 1400er-Motor aus dem 5 GT Turbo, hatte also je nach Version 105 oder 115 PS. Die Leistung in einem derart braven Chassis, das schrie nach Fahrspaß. Immer fuhr das Gefühl des Leistungsüberschusses mit. Die Power ist einfach zu viel für die armen Antriebsräder, Jungejunge! Rein vom Gefühl her gab es kaum ein schnelleres Auto. Doch so oder so war er wirklich nur etwas für die Hartgesottenen. Ein Vergaser, der von einem Lader unter Druck gesetzt wird, das ist immer so eine Sache, bei der man nie weiß, ob, und wenn, wie lange sie gut geht. Dass es heute praktisch keine mehr gibt, sollte bei der Suche nach der richtigen Antwort einigermaßen behilflich sein.

 

Platz 9:

3Alfa Romeo 147 GTA

Jetzt wird es wirklich schwer. Weil Alfisti lieben ihre Autos ja genau deswegen, weil sie so sind wie sie sind. Das Problem beim 147 GTA ist aber: Er war leider alles andere als gut. Und ausgerechnet sein bestes Teil war gleichzeitig auch für seine schlechtes Eigenschaft verantwortlich: Der Motor. 3,2 Liter Hubraum, sechs Zylinder, natürlich ist das ein Traum und der Klang war auch zum Verlieben. Aber wir reden hier immer noch von einem Kompakten, und wenn in so einem relativ kleinen Auto ein schwerer Sechszylinder drin hängt, bedeutet das praktisch immer ein sehr unvorteilhaftes Gewichtsverhältnis. Traktion gab es wenn, dann nur zufällig, und auch das Fahrverhalten war mehr als fragwürdig. Das hohe Drehmoment ließ den kleinen Alfa nie geradeaus fahren, außer in Kurven. Abgesehen davon, ließ die Rundumverschalung den 147 GTA irgendwie verkleidet wirken, aber das war bei dem Gesamtpaket auch schon wurscht.

 

Platz 8:

1Renault 19 16V

Kann sich noch jemand an die Werbung erinnern? Als die Leute an einem Badestrand in Panik gerieten, weil der Badewaschl Alarm schlug, weil da irgendetwas schlimmes aus dem Wasser auftaucht. Weil das aber dann kein weißer Hai, sondern ein schnuckeliger roter Renault 19 war, waren auf einmal alle glücklich und fröhlich und streichelten den Neuen innigst. Oh ja, genau so begrüßt man einen wahren Favoritenschreck. 136 PS, 16 Ventile, über 210 km/h Spitze, die Eckdaten zeigten schon, dass es Renault mit ihrem neuen Sportgerät bitterernst meinte. Und mehr noch: Die Modellreihe 19 war generell erstaunlich ambitioniert: Die Karosserie war nämlich Coupé-haft gezeichnet, also nicht klassisch würfelig wie ein Kompakter. Ein Trend, der sich Jahre später über die gesamte Branche legen sollte, und den ausgerechnet Renault beim neuesten Mégane nicht mehr weiterführen wird. Hm.

 

Platz 7:

11Dodge Omni GLHS

Dodge was? Bitte das ist doch ein Simca! Oder ein Talbot? Was geht denn da ab? Alles berechtigte Fragen und Einwände, aber ich kann beruhigen: Recht hat jeder. Und zwar deswegen: Chrysler besaß damals den Hersteller Simca, und Simca präsentierte 1978 den Horizon. Ein durch und durch vernünftiger Kompakter mit fünf Türen, großer Heckklappe, und sparsamen Motoren. Chrysler war zu der Zeit nicht gerade gut unterwegs, also bastelte man sich eine neue Modellpalette zusammen, aus denen wahre Evergreens wie der Saratoga, der Daytona oder der Minivan (später Voyager) hervor gingen, die alle auf dem gleichen Teilebaukasten basierten. Und dann gab es als Einsteigermodell eben den Dodge Omni, den es auch als Plymout Horizon gab. So recht wollte der Funke bei den Amis aber nicht überspringen, also tat man das, was in dieser Situation jeder US-Autokonzern getan hätte: Man heuerte Carroll Shelby an, damit er seinen Namen und sein Gesicht für die Sportversion GLHS zur Verfügung stellte. Die Technik aber stammte, wie zu erwarten war, aus dem üblichen Konzernregal. 2,2 Liter Hubraum reichten für 112 PS, mit Turbolader kletterte sie auf 148. Dazu gab es dicke Schweller, dicke Räder und eine tiefschwarze Lackierung, und weil das europäische Kastl so leicht war, ging der GLHS tatsächlich ab wie Shelbys Katze.

 

Platz 6:

Fiat Tipo Sedici Valvole

Sedici Valvole, schon klar, dass das einfach nur sechzehn Ventile auf italienisch heißt, aber es klingt nach unbändiger Kraft, nach heißblütigem Temperament, nach sportlichem Flair, der sich quer durch das gesamte Auto zieht. War zum Teil auch so, auch wenn die 147 PS ein wenig spät kamen. Irgendwie hat es Fiat (ausgerechnet Fiat, die Granaten wie den Uno Turbo hervor brachten) verabsäumt, dem Tipo von Anfang an eine geile Version an die Seite zu stellen. Die Kompaktbaureihe von 1989 war Anfangs etwas sehr bieder. Praktisch zwar, aber so anziehend wie eine Seitengasse von Padua. Irgendwann kam dann der 1800er mit 110 PS daher, etwas später der 1800er-16V mit 138 PS. Aber wirklich lustig wurde es eben erst mit dem Zweiliter-Lampredi-Murl, der eng verwandt mit dem Lancia-Delta-Motor war. Was nicht schwer ist, basierte der Delta ja auf dem Tipo-Vorgänger Ritmo, auf dem aber auch der Tipo basierte. Unvergesslich das extrakurze Getriebe, das einen ständig im Getriebe rühren ließ wie in einem Nudeltopf, aber die Drehfreudigkeit des Vierzylinders erst voll zur Geltung brachte.

 

Platz 5:

2Toyota Corolla Twin Cam 16

Glaubt man den Erzählungen manch alter Glüher aus der Wiener Szene, dann war dieses Automobil so ziemlich das schärfste, was es damals für ein paar Tausender (wir befinden uns noch in der Schilling-Epoche) zu kaufen gab. Sicher hatte er nur 1600 Kubikzentimeter, aber die 125 PS waren hochexplosiv, und erst der Anfang. Denn die Drehfreudigkeit des Vierzylinders gilt bis heute als legendär. 8000, 9000, die Härtesten sollen sogar die 10.000 Umdrehungen gekratzt haben, also wir wollen das jetzt einfach mal so im Raum stehen lassen, müssen aber hinzufügen, dass man eine derartige Tortour aber eh nur einem Toyota zutrauen würde. Und das war auch das wahre Geheimnis des GT-i 16: Einerseits der brave Corolle drumherum, der aus jeder einzelnen Pore Langlebigkeit, Vernunft und Magermix ausstrahlte. Und dann aber dieses Sportaggregat unter der Haube, das den ganzen Tag hochgejubelt werden wollte. Eine Vitalität, die den GT-86 auch schmücken würde.

 

Platz 4:

8Toyota Yaris TS

Toyota wirkt manchmal wie ein Gen-Pool der löblichsten Eigenschaften: Vernünftig sind sie alle. Langlebig, anspruchslos und sparsam. Perfekte Begleiter durch den Alltag, mit denen man eigentlich nichts falsch machen kann. Und dennoch gibt es zwischendurch immer wieder einen Ausreißer, der die Familienbande der Vernunft erfolgreich durchschlägt und seine Leidenschaft ausleben möchte. Pfeiff auf Disziplin und Tradition, ich will Spaß haben! Der Yaris TS der ersten Generation war so ein Fall: 105 irre drehfreudige PS, ein kurz übersetztes, knackig zu schaltendes Getriebe, dazu eine quicklebendige Lenkung und ein Fahrwerk, das voller Freude sich in jede Kurve schwang, ergaben eine spaßige Mischung, die perfekt in die Nuller-jahre passte: So viel Fahrspaß, aber absolut ohne Reue, denn wir saßen ja immer noch in einem Toyota, da wird schon nichts kaputt gehen. Und auch hier gilt: Der GT-86 könnte sich von dieser quicklebendigen Erscheinung ruhig ein Scheibchen abschneiden.

 

Platz 3:

6MG ZR

Man muss die Briten einfach gern haben, weil sie Autos lieben. Weil sie Autorennen lieben. Weil sie es lieben, mit jedem Auto Rennen zu fahren. Und es entsprechend verstehen, jedes Auto nachzuschärfen, bis es richtig schnell ist. Was anderes taten sie beim Rover 25 Anfang der Nuller-Jahre nämlich auch nicht. MG stand damals wieder mal vor einer Wiedergeburt, und nachdem die gesamte Rover-Palette eh dringend eine Energiespritze benötigte, trainierte man sie einfach grundlegend auf: So wurde aus dem kleinen 25 der MG ZR: Erkennbar an großen Rädern, dicken Schwellern, wuchtigen Schürzen und einem bis zu 160 PS starken Vierzylinder. Es ist ein wenig schade, dass heute kein Hahn mehr nach dem Wagen kräht, denn Straßenlage und Leistung waren wirklich gut. Er kam nur leider um fünf Jahre zu spät auf den Markt. Aber um ehrlich zu sein: Es war eh schon wurscht, weil was 2005 mit Rover passierte, weiß ja noch jeder. Da hätte ein noch besserer ZR auch nicht mehr viel gebracht.

 

Platz 2:

10Rover Metro GTI 16V

Auf der Suche nach einem echten Underdog? Bitte sehr, der hier wäre ein perfekter Kandidat. Der Rover Metro ist ein upgedateter Austin Metro, der im Prinzip ein neu eingekleideter Mini war. Sprich: ein traditionell lustiges Fahrwerk traf in der letzten Ausbaustufe endlich auf einen modernen Motor mit 16 Ventilen und 105 PS. Sicher, Anfang der Neunziger-Jahre war das zwar ein guter Wert, aber nichts besonderes. Das Fahrwerk indes war einzigartig, und stellt das wahre Geheimnis des Metro GTI dar. Hydragas verfügte nicht über Schraubenfedern und Federbeine, wie sie praktisch alle anderen Autos haben. Stattdessen sitzen an jedem Rad Kugeln, die zum Teil mit Gas gefüllt sind. Dieses Gas setzt über eine Membran das Hydrauliköl unter Druck, das in der zweiten Hälfte der Kugeln drin ist. Auf jeder Seite sind die Ölreservoirs der Vorder- mit den Hinterrädern verbunden, und nach langem Herumtüfteln ist es endlich erst beim Metro 16V gelungen, das Zusammenspiel so hinzukriegen, dass das Fahrverhalten davon auch profitiert. Sicher, die Sitzposition war wie im Ur-Mini ähnlich der auf einem Rasentraktor, aber derart quirlig ließ sich sonst kaum ein Schrägheck ums Eck wirbeln.

 

Platz 1:

4

Citroen AX GTi

So, und jetzt einmal eine wirklich ernst gemeinte Kritik: Wieso? Wieso bitte, liebe Leute von Citroen, könnt Ihr so etwas heute nicht wieder bauen? So ein geniales Konzept, das muss man doch einfach wiederbeleben! Der AX GTi hatte gerade mal 745 Kilogramm Gewicht, sein 1400er-Vierzylinder stemmte aber fröhliche 95 PS, und das reichte mehr als locker, um für Unmengen von Fahrspaß zu sorgen. Der konsequente Leichtbau machte diesen AX in Kurven, bergab, ja einfach überall zum absoluten Knaller, zudem war er dermaßen unbekannt, dass man viele seiner Gegner nass machen konnte, ohne dass deren Fahrer wussten, was eigentlich gerade passiert ist. Definitiv einer der besten Hot Hatches aller Zeiten, und daher verwundert es umso mehr, warum ihn heute kaum mehr jemand kennt.