Direkt nach dem Aufkommen des Dieselskandals bei Volkswagen im September 2015 gab sich Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche noch selbstsicher: “Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen”. Nun, spätestens nach der Großrazzia im Mai (wir haben berichtet) hört man aus dem Konzern mit dem Stern ganz andere Töne: Man kooperiere mit den Behörden. Spekulationen kommentiere man nicht.
Die besagten Spekulationen sind allerdings schwerwiegende Vorwürfe. Berichten der “Süddeutschen Zeitung” sowie des NDR und WDR unter Verweis auf den Durchsuchungsbeschluss am Donnerstag soll bei Mercedes von 2008 bis 2016 in PKW, aber auch Kleintransportern ein Steuergerät zum Einsatz gekommen sein, das nur auf Prüfständen die Abgasreinigung aktiviert – in der Praxis aber so gut wie nie. Konkret betroffen seien die Motoren OM 642 (V6) und OM 651 (R4). Diese kamen in so ziemlich jeder Baureihe von Mercedes zum Einsatz – von der A-, über die C- und E-Klasse, bis hinauf zum CLS und dem Urtier Mercedes G. Es wären ersten Schätzungen nach also über eine Million Fahrzeuge betroffen. Das prekäre: Die Motoren wären – sofern die Vorwürfe stimmen – seinerzeit nicht zulassungsfähig gewesen. Bei einem für Daimler negativen Ausgang der Ermittlungen drohe im schlimmsten Fall also sogar der nachträgliche Entzug der Zulassung.
Dass dieses Horrorszenario allerdings weit davon entfernt ist tatsächlich oder bald einzutreten, belegt ein Blick auf den Börsensektor. Die Aktienkurse von Daimler fielen zwar, die meisten Insider sind allerdings zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe haltlos sein werden. Mehr noch: So mancher wittert dahinter sogar einen bloßen Auswuchs der gerade in Mode gekommenen Hetze gegen Autohersteller und den Diesel-Motor im speziellen. Fakt bleibt aber: Sowohl die US-Behörden, als auch die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt und die Lage scheint sich in absehbarer Zeit keineswegs zu entspannen.