Klar würden die meisten von uns Autoverrückten bei der nächsten, anstehenden Autoanschaffung am liebsten zum nächstbesten Pagani, Bugatti oder Koenigsegghändler laufen … wäre da nicht die Sache mit dem Geld. Das Schöne: es braucht keine Millionen um ein wirklich spaßiges Sportwägelchen vor die eigene Türe zu stellen. Rund 25.000 Euro sind schon mehr als genug. Um dieses Geld bekommt man nämlich sowohl einen brandneuen Renault Clio R.S. Trophy (wenn man gut handeln kann), als auch ein heißes, altes Eisen. Zum Beispiel ein BMW Z4 3,0si Coupé (in diesem Fall mein eigener).
Dabei ist dieses Duell der 25k-Sportler eigentlich mehr als ein reines „alt gegen neu“; es ist auch der Kampf zweier Philosophien: „oldschool“, also Saugmotor mit anständig Hubraum, Handschaltung und Hinterradantrieb und nur das nötigste an Schaltkreis-Unterstützung, gegen „newschool“, also Downsizing-Turbomotor, Doppelkupplung und Vorderradantrieb mitsamt cleverer Elektronik. Zeit, unsere beiden Kontrahenten im Detail vorzustellen:
Der Platzhirsch: BMW Z4 3,0si Coupé (E86)
Der Z4 war gerade rund drei Jahre auf dem europäischen Markt, da legte BMW mit dem Facelift des Bangle-Roadsters auch gleich noch ein ganz besonderes Schmankerl drauf: Das Coupé. Mit einem Torsionssteifigkeitswert von 32 000 Nm/Grad war es seinerzeit das steifste BMW-Modell aller Zeiten (was es auch zur begehrten und erfolgreichen Basis für den Motorsport machte). Zwei Motoren standen bei der Straßenversion zur Wahl: der hier verbaute 3,0 Liter- und der 3,2 Liter Reihensechser der M-Version. Spurttechnisch nehmen sich beide Motoren bei Tempi unter 100/150 km/h nicht viel – im StVO-konformen Alltag machen beide also ähnlich Spaß. Beide gab es mit Handschaltung oder Automatik, Allrad-Versionen wurden keine angeboten. Der hier zu sehende und in unser Duell gestartete Z4 ist dabei ein Modell gleich aus 2006 mit M-Paket (die zusätzliche M-Frontschürze bescherte ihm der Erstbesitzer in Deutschland) und dem 3 Liter Motor. Ich persönlich mochte an ihm von Anfang an zwei Dinge: Zum einen ist er selten, zum anderen ein ziemlich pures Autofahrerlebnis. Das dicke M-Volant ist klein, die Schaltwege sind kurz, der Motor einer der vermutlich besten, die BMW je gebaut hat: seidig im Leerlauf, schon bei niedriger Drehzahl überraschend antrittsstark und mit herrlich linearer Kraftentfaltung gesegnet. Auch das Fahrverhalten mag ich. Wohl neigt er zum Wedeln mit der Hinterachse, aber eben das macht ja auch einen Teil des Spaßes aus.
Der Herausforderer: Renault Clio R.S. 220 EDC Trophy
Renault verstand es immer schon, großartige Klein- und Kompaktsportler zu bauen. Umso größer war die Überraschung, als man dem Clio vom Typ R (also dem Clio III) mit dem Typ X98 einen Nachfolger aufsetzte, der so ganz anders war: kein giftiger Saugmotor mehr, sondern ein irgendwie weichgespülter Turbo. Keine großartige Sechsgang-Schaltung mehr, sondern eine Doppelkupplung. Und schwerer geworden ist er auch. Doch der Erfolg gibt den Franzosen Recht. Denn der neue mag zwar nicht so „hardcore“ sein wie der Vorgänger, dafür verkauft er sich deutlich besser. Doch nun sollen wir Liebhaber von verbranntem Gummi entschädigt werden; mit dem Trophy. Hier durfte sich das Renault Sport-Team endlich wieder etwas austoben. Das Fahrwerk ist härter, der Motor auf 220 PS erstarkt, die Maximaldrehzahl angehoben und das Getriebe böser eingestellt. In den Zahlen schlägt sich das nicht so sehr nieder (-0,1 Sekunde auf 100, -0,5 Sekunden von 80 auf 100), hinterm Steuer aber allemal. Vor allem, wenn der Trophy in den einzigen Modus, für den er meiner Meinung nach gebaut wurde – also den RS-Modus – versetzt wird, ist der Wagen mit jeder Faser und Schraube auf Fahrspaß eingestellt. Da wird es der Deutsche schwer haben …
Das Duell in Zahlen:
BMW Z4 3,0si E86 | Renault Clio R.S. 220 EDC Trophy | |
Basispreis in € | 25.000* | 29.990 |
Zyl./Ventile pro Zyl. | 6/4 | 4/4 |
Hubraum in ccm | 2.996 cm3 | 1.618 cm3 |
PS/kW bei U/min | 265 (195) bei 6650 | 220 (162) bei 6.050 |
Nm bei U/min | 315 bei 2750 | 280 bei 2.000 |
Getriebe | 6-Gang, man. | 6-Gang Doppelkupplung |
L/B/H, Radstand in mm | 4091 / 1781 / 1268, 2495 | 4090 / 1945 / 1432, 2589 |
Kofferraum/Tank in l | 285 – 340 / 55 | 300 – 1146 / 45 |
Leergewicht in kg | 1395 | 1279 |
0–100 km/h in sec | 5,7 | 6,6 |
Spitze in km/h | 250 | 235 |
Normverbrauch in l Stadt/außerorts/Mix |
13/6,5/8,9 | 7,6/5,1/5,9 |
CO2-Ausstoß in g/km | 213 | 135 |
Reifendimensionen | 225/40R18 v. , 255/35R18 h. (montiert waren 19″) | 205/40 R18 |
* ungefährer Marktwert Stand August 2016
Schon die Zahlen versprachen, was unsere Zeit auf unserem Handling-Parcours am Testgelände in Pachfurth dann belegen sollte: ein knappes Duell, übrigens auch menschlich ausgetragen zwischen “oldschool” und “newschool” – in diesem Fall also mir und unserem Redaktionsjungspund Tobias. Doch zurück zu den Autos und ihren Werten: Der BMW hat Leistungs-technisch die Nase vorn, ist aber schwerer. Und die Beschleunigungswerte fallen am Papier zwar deutlich zu Gunsten des Bayern aus, doch das hat vor allem mit den naturgemäßen Start-Traktionsproblemen des Frontantriebs im Renault zu tun. Außerdem sind die theoretischen Werte im Clio deutlich leichter auch in der Praxis zu erreichen – schnell aktivierbarer Launch-Control und flotter Doppelkupplung sei Dank. Im BMW ist alles hingegen noch gute, alte Hand- bzw. Fußarbeit. Das bisschen Elektronik, das hier drin ist, ist dem Coupé nämlich wirklich nur im Weg, wenn es einmal schnell gehen oder Spaß machen soll. So sorgt die Traktionskontrolle beim beherzten Ampelstart also nicht für maximalen Grip (ergo maximale Beschleunigung), sondern bremst den Zweisitzer so brachial aus, als hätte man den Anker ausgeworfen. Anders der moderne Sport-Zwerg. Einmal in den RS-Modus versetzt spurtete der Clio auch beim fünften Drag-Rennen noch mit dem selben Elan los wie beim ersten Mal. ESP ganz wegdrehen? Geht, ist für ein bloßes Beschleunigungsrennen aber nicht nötig. Dennoch: Während es die ersten Male noch knapp war, sah der Renault am Ende kein Land mehr – irgendwann war das perfekte Verhältnis aus Gas und Kupplung gefunden. Statt Rauchentwicklung oder Elektronik-Streiterein gab es im BMW also nur noch eines: Vortrieb. Und wenn der Sechsender mal effizient und effektiv von der Leine gelassen wird, kommt der Franzose eben auch trotz über 100 Kilo weniger auf den Blechrippen nicht mehr mit.
Anders auf der Rundstrecke: Was die Renault-Ingenieure hier ohne große Hardware-Änderungen (also Differential) hinbekommen haben, ist wirklich erstaunlich. In langen, flotten Kurven bleibt der Baguette-Racer selbst unter Gas noch lange in stabiler Kurvenfahrt und lenkt auch in engeren Kehren sehr zackig ein – hebt dabei auch gerne mal das Hinterbein. Auch die Bremsen wissen zu überzeugen, geben sich bissig und standfest. Nach einigen schnellen Runden waren sie herrlich blau und ließen sich bei keinem Bremspunkt auch nur die geringsten Müdigkeitserscheinungen anmerken. Auch das Getriebe kann im „Rennbetrieb“ überzeugen und sortiert die Gänge knackig und schnell in beide Richtungen. Dabei, quasi als Beweis der ehrlichen Intentionen der Ingenieure, gibt der Bordcomputer im RS-Modus immer zum “flott fahren” passende Schaltempfehlungen … rät also meist zum Verwenden niedrigerer Gänge und hat absolut kein Problem mit Begrenzer-Begegnungen. Eine wirklich nette Abwechslung zu den sonst gewohnten Schaltempfehlungen zum Sprit-Sparen. Die am Ende eingeloggte Top-Rundenzeit des Franzosen:
1:46:62
Zeit für den Bayern. An dessen Steuer ist schnell zu merken, dass es erst gar keine clevere Elektronik braucht, wenn man den Aufwand auf sich nimmt ein schlicht physikalisch schon sehr gut aufs schnelle Fahren vorbereitetes Auto zu bauen: 50:50-Gewichtsverteilung, niedriger Schwerpunkt, direkte Lenkung, Hinterradantrieb. Da ergibt sich der Rest fast schon wie von allein. Erneut aber wieder nur, wenn der Fahrer auch wirklich genau weiß, was er tut. In den besagten langen Kurven ist das noch ziemlich egal. In einer engeren Kehre – gerade bei den vielen engen S-Kombinationen unseres Kurses – ist aber Gefühl im Gasfuß gefordert. Sonst quittiert der Bayer den Übereifer allzu schnell mit einem ausbrechenden Heck. Sieht zwar cool aus und macht auch unglaublich Spaß, ist aber freilich langsamer … auch wenn es sich immer noch schnell anfühlt. Und gerade weil es sich schnell anfühlt, war die Überraschung groß, als am Ende die Top-Zeit des BMW ausgelesen wurde:
1:48:21
Elektronik, Doppelkupplung und Turbo-Technologie siegen über Hubraum und Physik? In diesem Duell, ja. Das liegt aber auch an etwas, das bei dieser Gegenüberstellung von „altem und neuem Auto“ besonders deutlich wurde: früher war nicht alles besser, aber auf jeden Fall „ungefilterter“. Da rüttelte es stärker an der Lenkung, da war akustisch noch mehr los im Innenraum, da brauchte es schlicht noch etwas mehr „Mut“, um wirklich an die Grenzen eines Autos zu gehen … ehrlicherweise vor allem dann, wenn es das eigene ist, bei dem man schon eine Weile den nötigen Fahrwerkstausch vor sich herschiebt. Anders freilich im auf Sport getrimmten Neuwagen: Die durch einen modernen Servo unterstützte Lenkung und die gut abgeschirmte Kabine machen schnell fahren deutlich leichter, das hohe Vertrauen in die technische Tadellosigkeit sorgt für den nötigen Mut.
Fest steht aber: beide sind flott, beide haben ihren Reiz und beide machen eine Menge Spaß … der alte nur in diesem Fall einfach wegen des Hinterradantriebs etwas mehr als der Neue. Wohl auch deswegen werde ich trotz der langsameren Rundenzeit in nächster Zeit kaum meinen Zetti für etwas Neues eintauschen. Dafür ist er mit einfach zu „besonders“. Stattdessen gehe ich lieber mal das mit dem Fahrwerktausch an und fahr nochmal nach Pachfurth. Gibt’s ja nicht, dass das nicht schneller geht als in einem Kleinwagen …