Erster Test: Neuer Opel Corsa

18. September 2019
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Aktuelles

Auf das Licht sind sie bei Opel immer besonders stolz. „Wir werden in den neuen Corsa adaptive, blendfreie Voll-LED-Scheinwerfer ­bringen“, strahlt Chefentwickler Thomas Wanke. Also wird bei der Generation F schon mal für gute Sicht bei Dunkelheit ­ge­sorgt sein.

Allerdings helfen die besten Lichter nichts, wenn sich das Auto mittelprächtig fährt. Doch auch da sind die Inge­nieure zuversichtlich: Der neue Corsa wird als erster Opel auf der CMP-Plattform des PSA-Konzerns stehen, die für Fahrzeuge im B- und C-Segment vorgesehen ist. Das ist eine erste wichtige Nagelprobe, wie es um die Zusammenarbeit zwischen Peugeot/Citroën und Opel bestellt ist. Die Rüssels­heimer sind mit der sechsten Generation des Kleinwagens zum Erfolg verdammt: Fast jeder fünfte verkaufte Opel ist ein Corsa.

Die Unterschiede zum Vorgänger sind auch unter der Tarnfolie auf den ersten Blick sichtbar. Der 4,06 Meter lange Corsa hat einen deutlich kürzeren vorderen Überhang (minus 50 Milli­meter) und einen um 28 Millimeter längeren Radstand, was den Platzverhältnissen im Innenraum zuträglich ist. Auch der Kofferraum wächst um 24 Liter auf 309 Liter. 

Beim Blick auf die Waage tritt der nächste Fortschritt zutage: Durch die Verwendung von hochfesten und ultrahochfesten Stählen ist der aktuelle Corsa bis zu 108 Kilo leichter als der Vor­gänger. Damit bringt es die Einstiegsvariante des kleinen Opel auf gerade mal 980 Kilo (ohne Fahrer). Am meisten speckt der Corsa an der Rohkarosserie ab, die rund 40 Kilo weniger wiegt als bisher. Außerdem tragen die Aluminium-Motoren mit 15 Kilo, die Sitze mit insgesamt 9,9 Kilo und die Alu-Motorhaube mit 2,4 Kilo zur Diät bei.

„Wir haben ein besonderes Augenmerk auf die Effizienz gelegt“, erklärt Thomas Wanke. Bei einem modernen Automobil ist neben dem Gewicht der Luft­widerstand ein wichtiger Stellhebel, um den Verbrauch zu reduzieren. Alle neuen Corsa-Modelle sollen einen geringeren CO2-Ausstoß haben als die spar­samste Variante des Vorgängers. Dazu tragen auch Verkleidungen unterhalb des Motors und am Unterboden sowie eine Art Kühlergrill-Jalousie („Active Aero Shutter“) bei.

Bei den Triebwerken startet der kleine Opel mit drei 1,2 Liter großen Dreizylinder-Benzinern mit 75, 100 und 130 PS, lediglich Ersterer ist noch ein Sauger. Zusätzlich kommt ein  100 PS starker Vierzylinder-Diesel. ­Dazu können wahlweise ­eine Sechsgang-Handschaltung oder eine Achtgang-Automatik kombiniert werden.

Seit Jänner 2017 tüfteln die Rüsselsheimer Ingenieure am neuen Corsa. Also noch vor der Übernahme des deutschen Herstellers durch die französische PSA-Gruppe. Doch die Übereinkunft bei einem Kleinwagen zusammenzuarbeiten besteht ja schon seit 2012. Im heurigen Herbst soll der neue Corsa dann am Thron des VW Polo rütteln. Dementsprechend befindet man sich erst in der zweiten von vier Testphasen, und die gefahrenen Prototypen haben einen Reifegrad von rund 80 Prozent.

Bereits beim Einsteigen fällt die tiefere Sitzposition auf. Obwohl der Corsa mit 1,43 Metern Höhe um 48 Millimeter nied­riger ist als bisher, wird es um den Kopf herum nicht eng – der Raum nach oben hat sogar um drei Millimeter zugenommen. Beim Fahren bemerkt man die deutlich straffere Abstimmung des neuen Corsa gegenüber seinem Vorgänger. Allerdings ist das Fahrwerk keinesfalls unkomfortabel. Beim Einlenken hilft das geringere Ge­­­­wicht des Vorderwagens, und in der ­Kurve erweist sich der Deutsch-Franzose aufgrund der verwindungssteiferen Karosserie bei weniger Gewicht merklich vertrauenserweckender als bisher.

Der neue Opel Corsa stellt in allen Belangen einen Fortschritt gegenüber dem aktuellen Modell dar, das gesamte Auto wirkt soli­der und im Fahrverhalten prä­zi­ser. Das Zusammenspiel zwischen der Automatik und dem Top-Dreizylinder klappt bereits sehr gut. Allerdings gefiel das ­100- PS-Triebwerk in Kombinati­on mit der neuen manuellen Sechsgangschaltung noch besser.

Die Spreizung der vier Fahrprogramme (Eco, Normal, Sport und Manuell) ist spürbar. Während im sportlichen Modus die Gasannahme unmittelbarer erfolgt, die Automatik schneller schaltet und höhere Drehzahlen zulässt, kann der Corsa in der Eco-Einstellung auch segeln. 

Bei Verbrenner-Motoren wird es jedoch nicht bleiben. Nachdem der Opel Ampera-e durch die Trennung von General Motors ein Scheidungsopfer wurde, bringen die Rüsselsheimer als Nachfolger den Corsa ab 2020 als reines Strom-Modell. Angetrieben wird der von einem Elektromotor mit 136 PS und 260 Nm, die Reichweite soll 330 Kilo­meter betragen. Optisch unterscheidet sich die Elektroversion kaum von seinem Bruder mit Verbrennungsmotor, und auch der Innenraum wird durch den Elektroantrieb nicht nennenswert angetastet. 

Innerhalb von einer halben Stunde soll das Akkupaket mit seinen 50 kWh wieder auf 80 Prozent erstarken – sofern man an einer Schnellladesäule nach­tankt. Steht diese nicht zur Verfügung, verlängert sich die Lade­zeit auf zähe 5 bis 16 Stunden. Auf dem Smartphone kann der Nutzer den Ladezustand jederzeit kontrollieren und das Fahrzeug konditionieren. Der Nutzer kann zudem zwischen den Fahrprogrammen Normal, Eco und Sport wählen – in Letzterem vergehen für den Spurt 0 auf Tempo 100 gerade einmal 8,1 Sekunden.