An einem Nachmittag von Calais nach Monaco fahren und dann immer noch ein entspanntes Dinner einnehmen“ – so plastisch definiert Aston Martin die Talente, die dem DB11 in die Wiege gelegt wurden. Wir reden hier von 1250 Kilometern in flinken sieben Stunden statt der etwa zwölf, die das Navi voraussagt – immerhin will man sich für das Abendessen ja auch noch duschen, passend kleiden, und Zeit für einen Aperitiv sollte ebenfalls sein. Mit anderen Worten: Das Ding muss sich auf hohem Tempo-Niveau bewegen lassen, ohne seinen Fahrer zu stressen und damit womöglich die Laune zu verderben.
Bisher waren dafür im DB11 zwölf Zylinder mit 608 PS vorgesehen, im Sinne der Aufgabenstellung keinesfalls eine Fehlbesetzung. Aber selbst in der Upper-Premium-Liga schrecken solche Zahlen einige Leute ab. Der Achtzylinder gilt dort als die Demonstration von Vernunft und Spar-Wille, also etwa als das, was ein Eco-Diesel für Normalsterbliche ist. Schon beim Entwicklungs-Start für den DB11 im Jahr 2012 war man sich bereits mit AMG über die Zulieferung des Vierliter-V8 als kleine Triebwerks-Alternative einig. Der Motorraum wurde bereits für das breiter bauende Import-Herz konzipiert, das schon mit einer kompakter ausgeführten Nass-Sumpfschmierung aus Affalterbach geliefert wird, dem Diktat des niedrigen Schwerpunktes folgend. Allerdings ist es mit dem reinen Aggregat-Einbau bei weitem nicht getan. So eine Transplantation löst im Auto den reinsten Domino-Effekt aus: Die Gewichtsverteilung ändert sich, damit die Fahrzeug-Balance. Die Fahrwerk-Auslegung muss angepasst werden, die Bremsanlage ebenso, dazu die Lenkung und die Schaltstufen-Abstimmung der Automatik. Auch die Luft-Zufuhr in und die Hitze-Ableitung aus dem Motorraum. Außerdem war eine neue Auspuffanlage zu entwickeln, die Aston Martin spricht und nicht Mercedes.
Ganze 115 Kilo weniger wiegt der rund 40.000 Euro günstigere DB11, aber nur knapp fünfzig Kilo davon stammen vom Gewichts-Unterschied der Aggregate selbst. Der Rest wurde dem Auto im mühevoller Kleinarbeit abgerungen, um die Balance wiederherzustellen. Die Gewichtsverteilung vorne zu hinten liegt nun bei 49:51 – genau umgekehrt wie beim Zwölfender. Härtere Buchsen bei der Hinterachs-Aufhängung und eine straffere Lenkung, neue Dämpfer-Kalibrierung, kleinere Bremszylinder vorne und unzählige weitere Feintuning-Maßnahmen waren notwendig, um die Grundtalente des DB11 für den neuen Motor zu kalibrieren. Äußerlich sind die Retuschen diskret geblieben, die mittleren Nüstern auf der Motorhaube entfallen nun, dazu ist der Scheinwerfer-Korpus hier abgedunkelt. Ebenso wie die Heckleuchten, in denen dadurch die grafische Interpretation des Gefieders aus dem Aston- Martin-Logo besser zur Geltung kommt. Innen empfängt der Edel-Brite nach wie vor mit dem Mix aus hochwertiger Handarbeit und avantgardistischem Design. Allein die Lüfterdüsen wirken unverändert wie aus dem Zubehör-Markt bestellt. Das Bedien-Paneel für die Klimaanlage und die Menüführung im Infotainment-System löst berechtigterweise ein Mercedes-Déjà-vu aus – auch die Digital-Architektur des DB11 war ein Teil des Daimler-Deals.
Immer noch fein: Die Glas-Knöpfe in der Mittelkonsole. Einer davon startet die Maschine, nicht gerade unhörbar, aber betont Gentleman-like – gut erzogene Menschen legen es nicht darauf an, mutwillig die Nachbarn zu wecken. Gang einlegen passiert ebenfalls auf Knopfdruck, für einen Sekundenbruchteil ändert sich das Grummeln der Maschine dabei um einen Halbton. Entspanntes Cruisen beherrscht der Aston ganz selbstverständlich, aber er reagiert präzise, wenn auch immer unhektisch auf jeden Befehl vom Gaspedal. Bei 510 PS rührt sich naturgemäß schon was, aber selten gelingt das gut dosierbar wie hier. Wer sich vom Standard-Fahrmodus GT über Sport und Sport+ nach oben hangelt, bekommt das süße Leistungs-Gift zunehmend, aber in feinen Rationen verabreicht. Ans obere Ende der Skala, wo die Sporen eingesetzt werden und es nach heißem Metall und Gummi riecht, streckt sich das V8-Coupé ebenfalls betont locker, geht damit sogar ein wenig leichtfüßiger um, als es im selben Spektrum mit zwei Litern und vier Zylindern mehr zugeht. Die schiere Urkraft des V12 braucht es nicht zwingend, sie ist mehr oder weniger die Kirsche auf dem Schlagobershauberl der Torte – nice to have, aber kein Muss.
Eine Kunden-Kritik hat Aston Martin bei der Bedienung der Schalt-Paddles umgesetzt: Die sind jetzt direkter geführt, das macht die Handarbeit gefühlt präziser. Ob im Manuell- oder im Automatik-Modus: Beim Runterschalten gibt der elegante GT zuverlässig laut, immer ein schöner Akkord mit drei Anschlägen, der letzte einen Hauch länger als die beiden ersten. Und auch dabei niemals aufdringlich – auf das Sound-Engineering ist die Aston-Truppe aus Gaydon in Warwickshire sogar besonders stolz, obwohl sie darin womöglich mehr hört als der Kunde. Die Zähmung deutscher Polter-Akustik zu britischem Nobel-Sound, zum Beispiel. Zuverlässig und unbeeindruckt auch beim härterem Rannehmen über flotte Bergpassagen zeigen sich die Bremsen, wiewohl mit mehr Fußkraft zu bedienen als im hier feinfühligeren V12. Die Hinterachse reagiert auf Kraftüberschüsse als rechtschaffener Bewegungsmelder, dazu macht es Spaß, die Fahrzeugbalance in den Kurven zu nutzen und sie als Haftmittel zwischen Flieh- und Radialkraft einzusetzen. Und auch dabei immer noch entspannter Insasse zu sein.
Aston Martin leistet sich auch mit der volksnäheren Motorisierung des DB11 keine Revierübertretung. Die angestammten Pfründe großer GT-Tradition bleiben erhalten, mit dem V8 wildert ebenso niemand im Garten von Porsche, Lamborghini oder Ferrari wie mit dem V12. Aber sechzig Prozent aller Kunden werden sich künftig für die kleinere Motoren-Variante im DB11 entscheiden, so schätzt das Unternehmen. Ebenso, dass es dadurch generell deutlich mehr werden. Es könnte demnächst also regerer Nachmittags-Verkehr herrschen auf der Strecke Calais-Monaco.
V8, 32V, Bi-Turbo, 3982 ccm, 510 PS (375 kW) bei 6000/min, max. Drehmoment 675 Nm bei 2000–5000/min, Achtgang-Automatik, Hinterradantrieb, Scheibenbremsen v/h (bel.), L/B/H 4750/1950/1290 mm, Radstand 2805 mm, 4 Sitze, Reifendimension v/h 255/40 R 20 (v), 295/35 R 20 (h), Tankinhalt 78 l, Kofferraumvolumen 270 l, Leergewicht 1705 kg, 0–100 km/h 4,0 sec, Spitze 301 km/h, Normverbrauch Mix 9,9 l ROZ 95, CO2 230 g/km
Preis: € 227.206,–