Sportlicher Angriff in der Mittelklasse: Der neue Mazda6 hat das Zeug dazu, sich wie sein Vorgänger als beliebteste Fernost-Limousine zu etablieren
Wie üblich werden auch bei der zweiten Generation des Mazda6 die meisten heimischen Käufer zum Diesel greifen. Für diesen heißt es aber noch bis Mitte März warten, weshalb wir den beliebtesten japanischen Mittelklassler auch nicht an unserem großen Vergleichstest teilnehmen ließen. Zeitgleich mit den Selbstzündern kommt dann übrigens auch der Kombi. Vorerst stehen Vier- und Fünftürer zur Disposition.
Knöpfen wir uns also eine klassische Limousine mit Benziner vor. Neu in der Palette – und bis zum Auftritt des MPS auch Top-Aggregat – ist der Zweieinhalbliter-Vierzylinder. Die Japaner vergrößerten Bohrung und Hub ihres 2,3-Liter-Motors und entlocken ihm solcherart 170 PS, also exakt vier mehr als bisher.
Erstaunlich, wie seidig und fast lautlos der Langhuber läuft, zumindest am Stand und bei gleichmäßigem Dahinrollen. Der 2,5i tritt – für einen Saugmotor ebenfalls beachtlich – schon aus niedrigsten Touren ordentlich an. Mit zunehmender Drehzahl steigt dann sukzessive die Power, und der Sound wird kernig.
Obwohl die Fahrleistungen insgesamt locker ausreichen, lässt doch der gleichmäßige Drehmomentverlauf den großen Punch vermissen. Auch lag die Beschleunigung bei unseren Messungen deutlich hinter den Werksangaben zurück. Mag sein, dass unser Testwagen mit nicht einmal 300 Kilometern am Tacho noch nicht ganz eingefahren war.
Das Getriebe hingegen begeistert vom ersten Meter an. Die sechs Gänge flutschen spielerisch und über kurze Wege, der Hebel liegt optimal zur Hand. Die sportlich enge Abstufung passt hervorragend zur Motorcharakteristik. Höchstens auf Autobahn-Reisen wäre eine längere Übersetzung willkommen.
Mazda kombiniert die GTA-Ausstattung mit (nierderquer-) schnittigen 18-Zöllern und einem betont sportlichen Fahrwerk. Damit sind zwar auf kurzen Stößen die Bandscheiben der Insassen gefordert, doch der 6er liegt dafür richtig knackig auf der Straße. Die Lenkung reagiert spontan und zielgenau, könnte aber noch direkter übersetzt sein. Bei unseren Slalom-Tests mussten wir ganz schön kurbeln.
Im Grenzbereich bleibt der Mazda6 neutral und das Stabilitätsprogramm recht tolerant. Heckschwenks gibt es kaum, höchstens voll beladen und auch dann erst nach mehrmaligem Aufschaukeln.
Die Bremsen sind ebenfalls top. Sie sind angenehm zu dosieren und überstanden die obligaten zehn Notstopps mit voller Zuladung ohne Nachlassen oder länger werdenden Pedalweg. Für die nicht gerade berühmten Bremswege im Trockenen sind am ehesten die weichen Winterreifen verantwortlich. Auf nassen Gleitbelägen zeigte der Mazda keine Schwächen.
Kommen wir zum Innenraum des neuen 6er. Wie schon im Vorgängermodell empfangen Fahrer und Beifahrer gut konturierte, straffe Möbel. Lediglich die Oberschenkel groß gewachsener Piloten könnten ein paar Zentimeter mehr Auflage vertragen. Die Sitzposition passt jedoch dank weiter Verstellbereiche optimal.
Die großen, kräftig beleuchteten (und in der Nacht mittels Drehknopf einfach zu dimmenden) Instrumente lassen sich optimal ablesen. Alle Hebel und Schalter liegen bestens zur Hand, auch Klima und Radio versteht jedes Kind.
Dagegen mutet der einzige Ausrutscher in Sachen Bedienung beinahe wie ein schlechter Witz an: Um am Bordcomputer die Anzeige etwa von Momentan-Verbrauch auf Reichweite zu wechseln, muss der Fahrer insgesamt sieben Mal auf drei verschiedene Tasten im Lenkrad drücken. Eine japanische Denksport-Aufgabe zum Wachbleiben?
Der Passagierraum hat gegenüber dem Vorgänger nur geringfügig zugelegt, zählt aber immer noch zu den klassengrößten. Gleiches trifft auf den Kofferraum des Viertürers zu. Bei unserem Vergleichstest hätte der Mazda6 in beiden Disziplinen den zweiten Platz erlangt, nur knapp hinter dem Raum-Riesen Ford Mondeo. Und weit vor Audi A4 oder Mercedes C-Klasse.
Klar vorne liegt der Japaner nach wie vor mit seinem Preis/ Leistungs-Verhältnis. Der 170 PS starke GTA ist um knapp 30.000 Euro schon beinahe lückenlos bestückt (siehe Liste ganz rechts). Extras gibt es allerdings so gut wie keine. Sogar für so Alltägliches wie Einparkhilfe oder Navigation heißt es zu nachträglichen Einbauten aus dem Zubehör-Katalog greifen. Oder auf die Topversion GT aufstocken. Die hält dafür dann auch Sitzmöbel in Vollleder bereit.
Das Cockpit ist geschmackvoll, funktionell und aufgeräumt. Der sportliche GTA hat sogar Alu-Pedale
MOTOR & GETRIEBE
Der Zweieinhalbliter-Vierzylinder legt ab Leerlauf spontan los und dreht gleichmäßig bis über 6000 Touren hoch. Gute, nicht aber sportliche Fahrleistungen. Bei wenig Gas sehr niedriges Geräuschniveau. Präzise und leichtgängige Schaltung mit optimal platziertem Hebel. Enge Getriebe-Abstufung, relativ kurze Übersetzung.
FAHRWERK & TRAKTION
Hartes Sportfahrwerk mit guter Dämpfung. Exakte, wenn auch nicht allzu direkte Lenkung. Kaum Antriebseinflüsse. Hohe Fahrsicherheit, im Grenzbereich neutrales Eigenlenkverhalten, kaum lastwechsel-anfällig. ESP greift nur im Notfall unaufdringlich ein. Äußerst standfeste Bremsen.
COCKPIT & BEDIENUNG
Straffe, gut konturierte Sitze, doch geringe Schenkelauflage. Erstklassige Sitzposition. Übersichtliche, gut ablesbare Instrumente. Bis auf den komplizierten Bordcomputer und das Fehlen einer permanenten Zeitanzeige keine Bedien-Schwächen. Vier One-Touch-Fensterheber, kräftige Sitzheizung, leider kein dreimaliges Komfortblinken.
INNEN- & KOFFERRAUM
Bis auf die Fond-Kopffreiheit großzügiges Platzangebot. Ausreichend viele und praktische Ablagen. Großer glattflächiger Kofferraum ohne Netz oder Verzurrösen. Fondlehnen 2:1 umlegbar, auch vom Heck aus. Gegen 500 Euro Aufpreis als Fünftürer erhältlich.
DRAN & DRIN
Reichhaltige Ausstattung, doch praktisch keine Extras. Einparkhilfe oder Navigation nur im Zubehör. Der weitläufig verbaute Kunststoff ist optisch ansprechend, greift sich aber hart an. Hochwertiges Teilleder, Polsterstoff Geschmackssache. Nüchtern funktionelles Innen-Design. Erstklassige Verarbeitung.
SICHER & GRÜN
Klassenübliche Ausrüstung an Airbags und E-Fahrhilfen. Nachteil für Erwachsene: die viel zu niedrigen Fond-Kopfstützen. Noch kein NCAP-Crashtest absolviert. Verbrauch der Leistung angemessen.
PREIS & KOSTEN
Nur Peugeot 407 und Renault Laguna liegen preislich auf gleichem Niveau. Alle anderen potenten Mittelklasse-Benziner sind trotz teils erheblich geringerer Ausstattung teurer. Fernost-übliche Dreijahres-Garantie, fixe Service-Intervalle. Bekannt hohe Zuverlässigkeit. Als starker Benziner dennoch nicht allzu wertstabil.
FAZIT:
Der neue Mazda6 ist eine ausgezeichnete Mittelklasse-Limousine. Schon der viertürige Benziner weiß zu überzeugen. Und wenn erst Diesel und Kombi verfügbar sind, steht einer Fortsetzung des japanischen Erfolgs nichts mehr im Wege.
MOTOR-BAUART:
Vierzylinder Reihenmotor vorne quer liegend, Zylinderblock und -kopf aus Leichtmetall. Fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei oben liegende Nockenwellen mit Kettenantrieb, Einlass-Nockenwelle mit variablen Öffnungszeiten, vier Ventile pro Zylinder, variable Ansaugrohr-Längen, elektronisch gesteuerte Drosselklappe. Elektronische Mehrfach-Benzineinspritzung, variable Kennfeldzündung. 3-Wege-Katalysator und Abgas-Rückführungssystem.
MOTOR-DATEN:
Hubraum 2488 ccm, Bohrung x Hub 89,0 x 100,0 mm, Verdichtungsverhältnis 9,7:1, Max. Leistung 125 kW (170 PS) bei 6000/min, Spez. Leistung 50,2 kW/l (68,3 PS/l), Max. Drehmoment 226 Nm bei 4000/min, Ölinhalt 5,0 l, Kühlwasserinhalt 7,0 l
KRAFTÜBERTRAGUNG:
Vorderradantrieb, Sechsgang-Getriebe.
Übersetzungen: I. 3,454, II. 1,842, III. 1,310, IV. 1,030, V. 0,837, VI. 0,717, R. 3,198
Achsantrieb 4,388
FAHRWERK:
Vorne: obere und untere Querlenker, McPherson-Federbeine, Stabilisator. Hinten: Längs- und Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer, Stabilisator. Radstand 2725 mm, Spurweite vorne/hinten 1550/1560 mm. Zahnstangen-Lenkung mit elektrischer Servounterstützung. Hydraulische Zweikreisbremse mit Bremskraftverstärker, Bremsscheiben mit Einkolben-Faustsattel-Zangen vorne und hinten (vorne innenbelüftet). Feststellbremse auf die Hinterräder wirkend. Reifen & Räder: 225/45 R 18 95V Bridgestone Blizzak LM-25V M&S auf Leichtmetall-Felge 7,5 J x 18.
KAROSSERIE:
4 Türen/5 Sitze, Luftwiderstandsbeiwert cw 0,27, Stirnfläche A 2,19 m2, Luftwiderstandsindex A x cw 0,59, Länge/Breite/Höhe 4735/1795/1440 mm, Wendekreis 11,8 m, Tankinhalt 64 l, Eigengewicht 1395 kg, max. zul. Gesamtgewicht 1930 kg, max. zul. Dachlast 100 kg, max. zul. Anhänge-Last 1500 kg, Kofferraumvolumen (VDA-Norm) 519 l
VERBRAUCH (ROZ 95):
Norm (Stadt/außerorts/ Mix) 11,1/6,3/8,1 l, Testverbrauch 9,1 l/100 km (entspricht CO2 212 g/km), Reichweite (bis Tankres.) 640 km
FAHRLEISTUNGEN:
Werksangaben: 0-100 km/h 8,0 sec, Spitze 220 km/h
ALLES AUTO-Messwerte: 0-80 km/h 6,4 sec, 0-100 km/h 9,6 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 8,2/10,8 sec, 80-120 km/h (im 4./5. Gang) 8,4/11,0 sec
WARTUNG:
Service/Ölwechsel alle 20.000 Kilometer od. 12 Monate
GARANTIE:
3 Jahre Fahrzeug-Garantie (max. 100.000 Kilometer), 3 Jahre Lack-Garantie, 12 Jahre Garantie gegen Durchrosten, 10 Jahre Mobilitätsgarantie (bei vorschriftsmäßiger Wartung)
PREIS UND AUSSTATTUNG:
Basispreis 4tg: EUR 29.990,-
Serienausstattung: Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, ABS, ESP, Bremsassistent, fünf Dreipunktgurte, fünf Kopfstützen (vorne aktiv), Isofix, Reifendruck-Kontrolle, Klimaautomatik, Bose-Radio mit 8 LS und CD-Wechsler, vier E-Fensterheber, Außenspiegel el. verstell-, beheiz- und klappbar, Bordcomputer, Multifunktions-Lederlenkrad, Tempomat, Innenspiegel aut. abblend., Licht- und Regensensor, Nebelscheinwerfer, Bi-Xenon-Kurvenlicht, FB-Zentralsperre, Lenkrad längs- und höhenverstellbar, Teilleder-Polsterung, Sitzheizung v, Fahrersitz höhenverstellbar, Fondlehnen 2:1 umlegbar, Aluräder etc.
Extras: Metallic-Lack EUR 512,-
Fotos: Robert May
Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 1-2/2008