Mercedes A 180 Lifestyle

27. November 2012
Keine Kommentare
2.509 Views
Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:Mercedes Benz
Klasse:Kompaktwagen
Antrieb:Vorderrad
Treibstoff:Benzin
Leistung:122 PS
Testverbrauch:6,7 l/100km
Modelljahr:2012
Grundpreis:0 Euro

Die neue Mercedes A-Klasse strotzt schon in der Basisversion vor Dynamik und Lebenslust.

Obwohl in dezentem Grau lackiert, fällt unser Testwagen auf. Ist das die neue A-Klasse? Wie fährt sie?”. Die Interessenten sind eher jung und wirken gut situiert. Mercedes´ aggressive Werbung – Stichwort: Wow! – scheint die angepeilte Klientel zu erreichen.
Schon im Großen Test des B 180 in Heft 1-2/2012 schrieb der Autor “Wir sind überrascht” – und meinte damit den ganz und gar nicht biederen Auftritt des Benz. Die neue A-Klasse baut auf derselben Plattform, bei gleicher Länge aber noch einmal 13 Zentimeter niedriger. So schnittig kam noch kein kompakter Mercedes daher.
Um einigermaßen Kopfraum zu schaffen, greifen die Stuttgarter zu einem simplen Trick: Sie montieren das Mobiliar möglichst nah am Boden. Man sitzt im A fünf Zentimeter tiefer als im B, gut 15 sind es gegenüber dem alten Modell. Entsprechend sportlich geriet die Position hinterm Lenkrad, doch manche bisherige Kunden werden den Einstieg nur mühsam schaffen. In Länge und Breite gibt es für Passagiere nichts zu meckern. Der Fußraum im Fond ist reichlich, auch wenn sich die Rückbank – anders als in der B-Klasse – nicht verschieben lässt.
Empfindliche Einbußen muss das Gepäckabteil hinnehmen. Es fasst beinahe 100 Liter weniger als beim Vorgänger und liegt damit knapp unter dem Niveau der neu definierten Konkurrenz von Audi A3 und BMW 1er. Schmale Öffnung und hohe Ladekante erschweren das Einräumen. Immerhin fallen die Fondlehnen mit einem Handgriff nach vor, der doppelte Boden schafft eine so gut wie ebene Ladefläche.
Großer Gewinner der niedrigen Bauweise ist die Fahrdynamik. Schon auf normalen Straßen kurvt die A-Klasse agil ums Eck. Unsere obligaten Hütchen-Parcours absolvierte sie bravourös, im engen Slalom etwa mussten die Hände am Volant nicht einmal übergreifen. Dabei trat unser Testwagen ohne Sportfahrwerk und Direktlenkung an (der B aus Heft 1-2/2012 hatte beide Optionen an Bord).
Ebenfalls überrascht waren wir, wie viel Spielraum das ESP im Grenzbereich lässt. Mercedes setzt offenbar großes Vertrauen ins Fahrwerk und gönnt der neuen Kundschaft auch gelegentlichen Übermut (das Vorgänger-Modell unterband jegliche Ambition bereits im Ansatz).
Die Bremsen verzögern im Trockenen wie die eines Sportwagens, nur unser berüchtigtes Schachbrett kauft ihnen – oder den optionalen Breitreifen? – die Schneid ab. Nicht ganz überzeugt hat uns der Fahrkomfort. Auf welligen Autobahnen schwingt die Karosserie heftig auf und ab, und Schlaglöcher poltern ziemlich unelegant.
Angetrieben wird unser A-Testwagen vom gleichen 1600er-Turbo-Benziner wie der B vor einem halben Jahr (von der Bezeichnung 180 darf man sich nicht verwirren lassen). Der Basismotor hinterlässt im kleineren und leichteren Kompaktwagen einen ausgezeichneten Eindruck. Sein Punch von unten animiert zu einer niedertourigen Fahrweise, streng überwacht von der unerbittlichen Schaltanzeige. Und auch die Leistung reicht im Normalfall locker.
Bei wenig Gas ist der Vierzylinder kaum zu hören, am Stand – dank Start/Stopp-Automatik – meist gar nicht. Im Verbrauch gab sich der A 180 erfreulich moderat, wobei der niedrige Luftwiderstand – Mercedes spricht vom Klassen-Bestwert – den Durst auch auf der Autobahn in Grenzen hält.
Ergonomie und Bedienung sind vertraut, sieht man einmal von Mercedes´ neuer Anordnung für Blinker/Wischer (jetzt endlich oben) und Tempomat (unten) ab. Die Instrumente lassen sich auch bei Sonne gut ablesen und sind nachts mittels simplem Drehrad zu dimmen. Die serienmäßige Klimaanlage arbeitet halbautomatisch und unauffällig. Im Testwagen sitzt das billigere der beiden verfügbaren Navis – auch das ist rasch durchschaut.
Womit wir zur Ausstattung gelangen. Sich durch die lange und unübersichtliche Preisliste der A-Klasse zu kämpfen, verlangt Geduld. Wir testen hier einen A 180 in der Edition Lifestyle. Dieses vom heimischen Importeur komponierte Paket addiert zur Ausstattungs-Linie “Style” ein Multifunktions-Lederlenkrad sowie eine höherwertige Audioanlage samt Bluetooth. Alternativ stehen zwei andere Linien sowie einige Pakete zur Wahl, dazu jede Menge einzelne Optionen.
Der Testwagen kostet knapp 33.000 Euro, Extras im Wert von grob 6500 Euro inklusive. Das ist viel Geld für einen Basis-Kompakten, doch der neue Audi A3 Sportback und BMWs 1er rangieren noch leicht darüber. Wie weit es Mercedes gelingt, diesen Marken erfolgreich Kunden abspenstig zu machen, wird die Zukunft zeigen. Die bisherige Klientel dürfte im neuen A wohl eher einen Lausbubenstreich sehen.

Praktisches und fein eingerichtetes Mercedes-Cockpit, Kunstleder und Navigation kosten Aufpreis

Motor & Getriebe
Dank Mehrfach-Einspritzung und -Zündung schiebt der Turbo-Benziner schon von unten brav an. Ordentliche Fahrleistungen, Schaltung präzise und leichtgängig.

Fahrwerk & Traktion
Lenkung schon serienmäßig direkt und sehr exakt, ausgesprochen agiles Handling. Sichere Straßenlage mit sportlicher, neutraler Abstimmung, ESP greift nur im Notfall ein. Fahrkomfort auf schlechten Straßen ruppig, manchmal poltert es auch. Sehr kräftige und standfeste Bremsen.

Cockpit & Bedienung
Gut konturierte Möbel mit längs verstellbaren Kopfstützen, erstklassige (tiefe) Sitzposition. Instrumente klar gegliedert und gut abzulesen, einwandfreie Ergonomie, leicht durchschaubare Bedienung. Bescheidene Übersicht, speziell nach hinten.

Innen- & Kofferraum
Kopffreiheit im Fond nicht üppig, sonst aber viel Platz für vier bis fünf Erwachsene. Kofferraum-Volumen im Klassenschnitt, gegenüber dem Vorgänger aber deutlich geschrumpft. Simple Umlege-Lehnen mit Durchreiche, fast ebener Ladeboden. Mit dem optionalen Ablage-Paket viel Platz für Kleinzeug.

Dran & Drin
Als “Lifestyle” vernünftige Basis-Ausstattung, viel (teils verwirrender) Individualisierungs-Spielraum. Adrettes (Aufpreis-)Kunstleder, hochwertiger Kunststoff. Verarbeitung einwandfrei.

Schutz & Sicherheit
Sieben Airbags und mehr als die üblichen E-Helfer Serie, optional Fond-Seitenschutz, Pre-Safe sowie ein paar weitere Assistenten.

Sauber & Grün
Vernünftiger Benzinverbrauch, das Start/Stopp-System arbeitet effektiv und ohne beim Anlassen zu rütteln. Abgase erfüllen bereits die künftige Euro 6-Norm.

Preis & Kosten
Eine Spur günstiger als ein Audi A3 Sportback oder der (stärkere) BMW 118i. Alle anderen Kompakten sind teils erheblich billiger. Der größere und höher bauende Bruder B kostet gut 3000 Euro mehr. Beruhigende Garantie, gute Werthaltung zu erwarten.

F A Z I T
Die A-Klasse strotzt jetzt vor Dynamik und wendet sich an eine neue, jüngere Klientel. Schon der Basis-Benziner erfüllt weitgehend diesen Anspruch – und hält den Wagen einigermaßen bezahlbar.

Das soll ein Mercedes sein? Ohne den Stern könnte man unter dem etwas beliebigen Heck auch einen weit billigeren Kompakten vermuten

MOTOR-BAUART
Vierzylinder Reihenmotor vorne quer liegend, Abgasturbolader mit starrer Turbinengeometrie und Ladeluftkühler, elektronisch gesteuerte Drosselklappen. Fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei oben liegende Nockenwellen mit Kettenantrieb, vier Ventile pro Zylinder, variable Einlassventil-Steuerung. Mehrfach-Benzineinspritzung über Piezo-Injektoren, Mehrfach-Zündung. Abgasreinigung mittels Dreiwege-Katalysator. Abgasnorm Euro 6.

MOTOR-DATEN
Hubraum 1595 ccm, Bohrung x Hub 83,0 x 73,7 mm, Verdichtungsverhältnis 10,3:1, Max. Leistung 122 PS (90 kW) bei 5000/min, Spez. Leistung 76,5 PS/l (56,4 kW/l), Max. Drehmoment 200 Nm bei 1250-4000/min, Ölinhalt 7,0 l, Kühlwasserinhalt 9,6 l

KRAFTÜBERTRAGUNG
Vorderradantrieb, Sechsgang-Getriebe.
Übersetzungen: I. 4,31, II. 2,44, III. 1,35, IV. 0,94, V. 0,82, VI. 0,70, R. 3,38
Achsantrieb 3,35

FAHRWERK
Vorne: Querlenker, McPherson-Federbeine, Stabilisator. Hinten: Vierlenkerachse, Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer, Stabilisator. Radstand 2699 mm, Spurweite vorne/hinten 1553/1552 mm. Zahnstangen-Lenkung mit elektromechanischer Servounterstützung. Hydraulische Zweikreisbremse mit Bremskraftverstärker, Scheiben (vorne innenbelüftet) mit Einkolben-Faustsattel-Zangen. Elektrische Feststellbremse auf die Hinterräder wirkend. Reifen & Räder: 225/45 R 17 91V Bridgestone Turanza T001 auf Leichtmetall-Felge 7,5 J x 17 (Serie: 205/55 R 16 auf 6,5 J x 16).

KAROSSERIE
5 Türen/5 Sitze, Luftwiderstandsbeiwert cw 0,27, Stirnfläche A 2,20 m2, Luftwiderstandsindex A x cw 0,59, Länge/Breite/Höhe 4292/1780/1433 mm, Wendekreis 11,0 m, Tankinhalt 50 l, Eigengewicht 1295 kg, max. zul. Gesamtgewicht 1935 kg, Max. zul. Dachlast 100 kg, max. zul. Anhänge-Last 1200 kg, Kofferraumvolumen (VDA-Norm) 341-1157 l

VERBRAUCH (ROZ 95)
Norm (Stadt/außerorts/ Mix) 7,6/4,5/5,6 l, Testverbrauch 6,7 l/100 km, CO2-Ausstoß (Norm/Test) 131/154 g/km, Reichweite 750 km

FAHRLEISTUNGEN
Werksangaben: 0-100 km/h 9,2 sec, Spitze 202 km/h
ALLES AUTO-Messwerte: 0-80 km/h 6,4 sec, 0-100 km/h 9,6 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 9,0/12,6 sec, 80-120 km/h (im 4./5. Gang) 9,2/13,3 sec

Fotos: Robert May “