Alfa MiTo 1,4 Turbojet Distinctive

30. Dezember 2008
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:Alfa Romeo
Klasse:Kleinwagen
Antrieb:Vorderrad
Treibstoff:Benzin
Leistung:155 PS
Testverbrauch:8,6 l/100km
Modelljahr:2008
Grundpreis:20.460 Euro

Der MiTo baut auf der Basis des Konzern-Bruders Grande Punto auf. Wie gut ist Alfas erster Kleinwagen?

Schon nach wenigen Kilometern im MiTo wird klar: Der kleine Alfa fällt auf. Passanten drehen sich um, Ampel-Nachbarn zollen dem feuerroten Testwagen bewundernde Blicke. Dabei weiß das Design des in Turin gebauten Mailänders (daher auch sein Name, der aber auch Mythos auf Italienisch bedeutet) durchaus zu polarisieren.
So unverwechselbar spitzer Markengrill und hohe Scheinwerfer auch aussehen, jedermanns Geschmack trifft das Gesicht des MiTo nicht. Eher schon tun das die coupéhafte Silhouette und das bullige Heck. Die runden Rücklichter zitieren unverhohlen Alfas aktuelle Ikone 8C Competizione.
Auch innen Mailänder Mode pur: Stilsicher versteckt Alfa die Fiat-Elektrik hinter einer attraktiven Armaturen-Landschaft. Der angenehm weiche Kunststoff im Carbon-Look stünde selbst einem Premium-Sportler gut zu Gesicht.
Die Verstell-Bereiche von Sitz und Lenkrad ermöglichen Fahrern jeder Größe eine korrekte Sitzposition. Die Möbel selbst sind gut konturiert und offerieren eine beinahe fürstliche Schenkelauflage.
In unserem Testwagen steckt der aus Fiat Bravo und Abarth Grande Punto bekannte 1400er-Turbo-Benziner. Dessen 155 PS machen dem Viermeter-Alfa ordentlich Feuer unterm Hintern. Auch wenn wir bei unseren Beschleunigungs-Tests im Regen mangels Traktion die Werksangaben deutlich verfehlten, auf der Straße ist der Top-MiTo stets Hecht im Karpfenteich.
Und noch eine Frohbotschaft für alle Junior-Alfisti: Die Mailänder entlocken dem Vierzylinder trotz dämpfendem Turbo recht sportliche Töne, ab 3000 Touren klingt er richtig kernig. Und ist selbst bei wenig Gas akustisch stets präsent.
Die vielleicht größte Überraschung bereitete uns der MiTo im Handling. Der kleine Alfa schnupft Kurven geradezu gierig. Die direkte Lenkung erlaubt eine präzise Linie und vermittelt viel Gefühl für die Straße. Alles Tugenden, die wir bei Turiner Brüdern oft vermissen.
Besonderen Wert legt Alfa auf seine ausgeklügelte Regel-Elektronik. Der DNA-Manettino”-Schalter in der Mittelkonsole – bei allen Österreich-Modellen serienmäßig – stellt die Fahrmodi “Dynamic”, “Normal” und “All Weather” zur Wahl.
Die Dynamic-Einstellung lässt das Gaspedal rennmäßig spontan ansprechen und liefert bei mittleren Drehzahlen knapp 15 Prozent mehr Drehmoment. Gleichzeitig wird die ohnehin hohe Schwelle der Fahrdynamik-Regelung weiter hinauf gesetzt. Der MiTo lässt jetzt regelrechte Drifts zu (komplett abschalten lässt sich das ESP nicht). Dass “Dynamic” auch das Lenkservo abschwächt, überzeugt hingegen wenig. Die Lenkung geht damit unnötig schwer und verliert sogar an Präzision.
In Stellung “All Weather” wiederum regelt der MiTo den Motor sanft und lässt ESP früher eingreifen als normal. Nur in diesem Modus ist auch das sogenannte “Dynamic Steering Torque” aktiv. Das sind leichte Lenkimpulse, die den Fahrer mit sanfter Hand zu rechtzeitigen Korrekturen führen.
Weder bei unseren Slalom- und Ausweichtests noch beim vollen Beschleunigen aus dem Stand waren Unterschiede zwischen den drei Modi zu messen. Nur beim Durchzug im vierten und fünften Gang setzte sich das höhere Drehmoment in “Dynamic” durch. Den ausgewogensten Alltags-Charakter legt der kleine Alfa nach einhelliger Meinung im Normalmodus an den Tag.
Apropos Alltag: Der modische Sportler weiß auch da ganz gut zu überzeugen. Fahrer und Beifahrer sitzen bequem, die Ergonomie stimmt größtenteils. Im Fond herrscht ordentliche Beinfreiheit, nur die Breite wird durch die stark abgeschrägte Karosserie eingeschränkt.
So ist der MiTo normal auch nur für vier Personen zugelassen. Der fünfte Sitzplatz unseres Testwagens kostet 400 Euro Aufpreis, inklusive Gurt und Kopfstütze. Gleichzeitig erwirbt man damit eine 2:1 (serienmäßig nur ungeteilt) umlegbare Fondbank. Den größten Tribut musste der Gepäckraum dem Mailänder Modediktat zollen. Größere Koffer passen kaum durch die bescheidene Öffnung im Heck.
Der versprochene Normverbrauch von 6,5 Liter für den Top-MiTo erscheint gar optimistisch. Bei wirtschaftlicher Fahrweise schluckte unser Testwagen gut zwei Liter mehr, forcierte Gangart im Dynamic-Mode treibt die Anzeige spielend in den zweistelligen Bereich.
Dafür punktet der kleine Italiener beim Preis. Gut 20.000 Euro sind für einen Viermeter-Kleinwagen zwar kein Schnäppchen, gegen Mini Cooper S oder VW Polo GTI steht der Mailänder jedoch selbst in Topversion günstig da.
Immerhin bewirbt Alfa den MiTo als Sportwagen für Junge. Und hat – nicht nur für sie – auch ein 79 PS starkes Einsteiger-Modell um knapp 16.000 Euro im Programm. Und einen Alkohol-Tester gibt´s zu jedem MiTo gratis.

Mailänder Mode: Stilsicher stülpte Alfa ein flottes Cockpit über die vom Grande Punto übernommene Technik

MOTOR & GETRIEBE
Der Vierzylinder geht spontan ans Werk. Durchzug erstklassig, Fahrleistungen ebenso. Der sonore Sound ist stets präsent. Leichtgängige, nicht allzu präzise Schaltung. Sportlich eng gestuftes Getriebe.

FAHRWERK & TRAKTION
Brauchbarer Fahrkomfort, auf kurzen Wellen leichtes Stuckern. Der Geradeauslauf leidet unter den optionalen (und für einen Kleinwagen recht mächtigen) 17-Zoll-Rädern. Lenkung direkt und präzise, agiles Handling. Im Grenzbereich neutral, Heckschwenks fängt ESP spät, aber doch ab. Wirkungsvolle und standfeste Bremsen.

COCKPIT & BEDIENUNG
Gute Ergonomie mit ein paar Patzern: unpraktische Wisch/ Wasch-Bedienung, Tempomat ohne Cancel-Funktion, rechtes Seitenfenster ohne One-Touch zum Schließen. Störend auch die schlechte Sicht nach hinten und der große Wendekreis. Positiv: Berganfahrhilfe, dreimal Komfortblinken, eigenes Tagfahrlicht, Abblendlicht geht mit Zündung aus. Netter Gag: die Anschnall-Warnung in Dolby-Surround. Nicht ungefährlich: die Gurtführung genau über den Hals der äußeren Fond-Passagiere.

INNEN- & KOFFERRAUM
Ausreichend Platz für vier, Fünfsitzer-Option auch wegen 2:1 teilbarer Fondbank sinnvoll. Schlecht zugänglicher Kofferraum, nach dem Umlegen der (serienmäßig ungeteilten) Fondbank bleibt eine Stufe im Boden. Wenig offene Ablagen, kleines Handschuhfach, kurze Türfächer.

DRAN & DRIN
Als Topversion für einen Kleinwagen üppig bestückt, weitere (günstige) Goodies in der Extra-Liste. Größtenteils hochwertige Materialien, sauber und klapperfrei verarbeitet.

SICHER & GRÜN
Sieben Airbags sind Klassenspitze, die aufwändigen E-Fahrhilfen ebenso. Ein Crashtest-Ergebnis nach NCAP liegt noch nicht vor. Verbrauch der Leistung angemessen, wenn auch weit über der Werksangabe.

PREIS & KOSTEN
Der Technik-Bruder Abarth Grande Punto und Mitsubishis Colt CZT sind billiger, die vergleichbaren Sport-Versionen von Mini, Opel Corsa, Peugeot 207 und VW Polo kosten mehr. Durchschnittliche Garantie, doch lange Service-Intervalle. Vermutlich gute Werthaltung.

FAZIT:
Der MiTo stellt nicht nur seinen Technik-Bruder Grande Punto in den Schatten. Der kleinste ist auch der konkurrenzfähigste Alfa seit langem.

Die runden Rückleuchten zitieren unverhohlen den 8C. Der MiTo kurvt auch fast so agil ums Eck wie Alfas Sportwagen-Ikone

MOTOR-BAUART:
Vierzylinder Reihenmotor vorne quer liegend, Abgasturbolader mit starrer Turbinengeometrie und Ladeluftkühler. Fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei oben liegende Nockenwellen mit Zahnriemenantrieb, vier Ventile pro Zylinder. Elektronisch gesteuerte Drosselklappe, elektronische Mehrfach-Benzineinspritzung. Abgasreinigung mittels Dreiwege-Katalysator und Abgasrückführung.

MOTOR-DATEN:
Hubraum 1368 ccm, Bohrung x Hub 72,0 x 84,0 mm, Verdichtungsverhältnis 9,8:1, Max. Leistung 114 kW (155 PS) bei 5500/min, Spez. Leistung 83,3 kW/l (113,3 PS/l), Max. Drehmoment 201 Nm bei 2000-5000/min, Ölinhalt 3,3 l, Kühlwasserinhalt 6,0 l

KRAFTÜBERTRAGUNG:
Vorderradantrieb, Sechsgang-Getriebe.
Übersetzungen: I. 3,818, II. 2,158, III. 1,475, IV. 1,067, V. 0,875, VI. 0,744, R. 3,545
Achsantrieb 4,176

FAHRWERK:
Vorne: Querlenker, McPherson-Federbeine, Stabilisator. Hinten: Verbundlenkerachse mit Torsionsstab, Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer. Radstand 2511 mm, Spurweite vorne/hinten 1480/1472 mm. Zahnstangen-Lenkung mit elektrischer Servounterstützung (in zwei Stufen verstellbar), Lenkübersetzung 12,9:1. Hydraulische Zweikreisbremse mit Bremskraftverstärker, innenbelüftete Scheiben mit Festsattel-Zangen vorne, massive Scheiben mit Schwimmsattel-Zangen hinten. Feststellbremse auf die Hinterräder wirkend. Reifen & Räder: 215/45 ZR 17 91Y Pirelli P Zero Nero auf Leichtmetall-Felge 7,0 J x 17 (Serie: 195/55 R 16 auf Leichtmetall-Felge 7,0 J x 16).

KAROSSERIE:
3 Türen/4-5 Sitze, Luftwiderstandsbeiwert cw 0,315, Stirnfläche k. A., Länge/Breite/Höhe 4063/1720/1453 mm, Wendekreis 11,25 m, Tankinhalt 45 l, Eigengewicht 1220 kg, max. zul. Gesamtgewicht 1625 kg (5-Sitzer: 1705 kg), max. zul. Dachlast 75 kg, max. zul. Anhänge-Last 500 kg, Kofferraumvolumen (VDA-Norm) 270-950 l

VERBRAUCH (ROZ 95):
Norm (Stadt/außerorts/ Mix) 8,5/5,3/6,0 l, Testverbrauch 8,6 l/100 km, CO2-Ausstoß (Norm/Test) 153/200 g/km, Reichweite (bis Tankres.) 480 km

FAHRLEISTUNGEN:
Werksangaben: 0-100 km/h 8,0 sec, Spitze 215 km/h
ALLES AUTO-Messwerte: 0-80 km/h 6,7 sec, 0-100 km/h 9,4 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 8,3/10,8 sec (im “Dynamic”-Modus 6,3/8,4 sec), 80-120 km/h (im 4./5. Gang) 7,9/11,8 sec (im “Dynamic”-Modus 6,8/8,7 sec)

WARTUNG:
Service/Ölwechsel alle 30.000 Kilometer oder 2 Jahre

GARANTIE:
2 Jahre Fahrzeug-Garantie ohne Kilometerbegrenzung, 3 Jahre Lack-Garantie, 8 Jahre Garantie gegen Durchrosten, 2 Jahre Mobilitäts-Garantie (bei vorschriftsmäßiger Wartung)

PREIS UND AUSSTATTUNG:
Basispreis: EUR 20.460,-
Serienausstattung: Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, Fahrer-Knieairbag, ABS, ESP, Bremsassistent, fünf Kopfstützen, Isofix, Klimaanlage, CD-Radio, Außenspiegel el. verstell- und beheizbar, E-Fensterheber, Bordcomputer, Berganfahrhilfe, vier Sitzplätze, höhenverstellbare Vordersitze, Multifunktions-Lederlenkrad, FB-Zentralsperre, Aluräder, Alkohol-Testgerät etc.
Extras: Komfort-Paket (Klimaautomatik, Tempomat, Einparkhilfe h etc.) EUR 937,-, Sport-Paket (17-Zoll-Räder, Heckspoiler und -diffusor, Nebelscheinwerfer etc.) EUR 937,-, Sicht-Paket (Licht- und Regensensor, aut. abblend. Innenspiegel etc.) EUR 270,-, Reifendruckkontrolle EUR 270,-, Klimaautomatik EUR 360,-, Navigationssystem EUR 1143,-, Bose-Audiosystem EUR 745,-, Bluetooth-Freisprechanlage inkl. USB-Schnittstelle EUR 437,-, Außenspiegel el. klappbar EUR 193,-, Alarmanlage EUR 334,-, Tempomat EUR 270,-, Einparkhilfe h EUR 347,-, Mittelarmlehne v EUR 90,-, Lederpolsterung EUR 1412,-, Sitzheizung v EUR 193,-, Rückbank 2:1 klappbar inkl. fünfter Sitzplatz mit Kopfstütze und Dreipunktgurt EUR 398,-, E-Schiebedach EUR 1002,-, Nebelscheinwerfer EUR 167,-, Bi-Xenon-Licht EUR 745,-, Heckspoiler EUR 180,-, 17/18-Zoll-Räder EUR 437,-/783,-, Metallic-Lack ab EUR 244,-, Scheinwerfer- und Rücklichter-Einfassung in Kontrastfarbe EUR 103,- etc.


Fotos: Robert May

Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 10/2008