Coupé-Schönling: Alfa Brera, im Test als Einstiegsmodell mit 2,2-Liter-Vierzylinder
Mailänder Mode
Scharf sieht er aus, der Alfa Brera, vor allem in feurigem Rot. Ob das Mailänder Coupé auch in der Basis-Motorisierung scharf macht, zeigt der erste große Test.
Drei Triebwerke stehen zurzeit für den Alfa Brera zur Wahl, neben dem getesteten 185 PS-Vierzylinder gibt´s noch einen Fünfzylinder-Diesel mit 200 PS und als Topmodell den allradgetriebenen 3,2-Liter-V6 mit 260 PS. Nur 20 Prozent der Kunden sollen sich laut Importeur für den Selbstzünder entscheiden – Diesel und Coupé, das verträgt sich bei Alfa also noch nicht so gut -, bei den Benzin-Brüdern wird das Match heuer ziemlich ausgeglichen sein.
Welchen Motor man auch unter die Haube ordert, das verführerische Blechkleid ist stets das gleiche. Als Basis für den Brera dient die verkürzte Plattform des Mittelklasslers 159, bei unveränderter Breite schaffen der 17,5 Zentimeter kürzere Radstand und die 25 Zen-
timeter kürzere Außenlänge entsprechende Bulligkeit. Praktisch unverändert von der Limousine übernahm der Brera das aggressive Gschau mit dem (be)stechenden Sechsaugen-Blick, das knackige Rundheck samt breiter C-Säule gibt dem Coupé jedoch einen eigenständigen Charakter.
Das hübsche Cockpit stammt 1:1 aus dem Limo-Bruder 159, neu gestylt wurden lediglich die Türverkleidungen
Fahren & Fühlen
Der bullige, sportlich sonor (aber nie laut) klingende Direkteinspritz-Benziner hängt brav am Gas und bietet einen gleichmäßigen Drehmoment-Verlauf, Fahrleistungen und Drehfreude sind jedoch bestenfalls Durchschnitt. Wunderbar agil dafür das Handling: Die Lenkung ist zielgenau und direkt, die Schaltung knackig und nicht zu schwergängig, dazu lenkt das Coupé agil in Kurven ein. In schnellen Biegungen bleibt der Fronttriebler lange neutral und ist nur leicht lastwechselanfällig. Ohne Tadel: die Traktion – das ESP regelt zudem bei Schlupf sanft und effektiv. Gar nicht schlecht: die Komfort-Qualitäten des straff gefederten, wenn auch etwas unterdämpften Fahrwerks. Am fest gepolsterten und passabel konturierten Gestühl stört allein die fummelige Kreuzstützen-Verstellung.
Platz & Nutz
Für die vorne Sitzenden wird´s nur nach oben hin knapp (die Abdeckung des Glasdachs öffnen bringt zusätzlich zweieinhalb Zentimeter), auf der Hinterbank dagegen nach allen Seiten hin – der trotz automatisch vorfahrender Vordersitze mühsam zu enternde Fond eignet sich besser als zusätzliche Gepäckablage. Apropos Gepäck: Der Kofferraum ist ausreichend groß und ganz gut nutzbar sowie über Ski-Durchreiche oder 2:1-Umlege-Lehnen zu erweitern (der Boden bleibt dabei fast eben), die sehr hohe Ladekante stört jedoch ebenso wie das Fehlen eines Innengriffs am Heckdeckel. Immerhin: Verzurrösen und Kleinzeugfächer sind an Bord, gegen Aufpreis gibt´s ein Gepäcknetz. Praxis-Pluspunkte sammelt der Brera mit seinen großen Außenspiegeln und der guten, wenn auch etwas unsportlich hohen Sitzposition. Ärgerlich dagegen: mühsame Tempomat-Bedienung, überfrachtete Lenkstockhebel, zu kleine Ab-lagen, fummelige Audio-Fernbedienung, schlechte Sicht nach hinten – immerhin ist eine Einparkhilfe an Bord.
Dran & Drin
Die bessere und 3900 Euro teurere Ausstattungsvariante reichert die mehr als passable Basis-Mitgift unter anderem um Lederpolsterung, E-Sitze, Panorama-Glasdach, Tempomat und Regensensor an, dennoch bleiben genug Extras – ab Jahresende sogar ein Automatik-Getriebe. Der Verarbeitung macht einen bemühten Eindruck, die gebotenen Materialien sind hochwertig. Das Außen-Design wirkt aus jedem Blickwinkel betörend, innen gefallen das sportliche Cockpit-Layout und die im Stil der Siebziger-Jahre gehaltene Lederpolsterung.
Sicher & Grün
Das Mailänder Coupé bietet neben einer kompletten Airbag-Bestückung inklusive Knie-Polster für den Piloten (beifahrerseitig gegen Aufpreis) alle gängigen E-Fahrhilfen und dazu sogar Isofix-Halterungen. Einen Minuspunkt bringen die integrierten Front-Kopfstützen, sie reichen maximal 1,80-Meter-Menschen. Keine Patzer gibt´s beim Umwelt-Check, der Verbrauch ist jedoch zu hoch.
Preis & Wert
Der Brera ist teurer als Audi TT und Mazda RX-8, immerhin jedoch deutlich besser ausgestattet. Einen starken Konkurrenten hat er auch im eigenen Haus: Der Alfa GT ist billiger, geräumiger und bietet nahe-zu identische Fahrleistungen. Durchschnittliche Garantie- Umfänge stehen langen Service-Intervallen gegenüber, der Wiederverkauf sollte kein Problem sein. Und in Sachen Zuverlässigkeit hat man hoffentlich bessere Zeiten vor Augen.
Vier Auspuffendrohre zieren auch das Vierzylinder-Einstiegsmodell: Alfa Brera 2,2 JTS
F A Z I T
Betörend schönes Coupé für zwei, agil im Handling, aber wenig rassig bei den Fahrleistungen.
TECHNIK:
R4, 16V, 2198 ccm, 136 kW (185 PS) bei 6500/min, max. Drehmoment
230 Nm bei 4500/min, Sechsgang-Getriebe, Vorderradantrieb, Scheibenbremsen v/h (v bel.), L/B/H 4410/ 1830/1341 mm, Radstand 2528 mm, 4 Sitze, Wendekreis 10,7 m, Reifendimension 225/50 R 17, Tankinhalt 70 l, Reichweite (bis Tankreserve) 520 km, Kofferraumvolumen 300-610 l, Leergewicht 1545 kg, zul. Gesamtgewicht 1890 kg, max. Anh.-Last 1450 kg, 0-100 km/h 8,6 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 8,6/11,3 sec, Spitze 222 km/h, Steuer (jährl.) ? 739,20, Werkstätten in Österreich 91, Inspektion/Ölwechsel alle 30.000/30.000 km, Normverbrauch (Stadt/außerorts/Mix) 13,0/ 7,3/9,4 l, Testverbrauch 11,5 l ROZ 95
Mängel am Testwagen: wackeliger Fahrersitz
Basis-Preis: EUR 40.600,-
Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 3/2006
Fotos: Len Vincent
Text: Enrico Falchetto