Der ewige Bond-Bezug passiert den Medien bei Aston Martin so beiläufig wie der unvermeidliche Espresso-Vergleich bei italienischen und die Croissant-Anspielung bei französischen Produkten. So gut, so einfallslos. Aber das patinierte Image als Fuhrpark-Lieferant eines schwer bewaffneten, ständig brünftige Borderline-Alkoholikers mit Aggressions-Problem sollte sich doch endlich hinter Astons Kompetenz als Hightech-Schmiede feinster Hochleistungs-Sportwagen ducken.
Mit dem DB11 hat sich die Marke vor knapp zwei Jahren praktisch frisch erfunden: neues Alu-Chassis, neuer Zwölfzylinder-Motor, neuer Technik-Partner Mercedes, nicht zuletzt neuer Design-Wagemut. Der V12 reihte sich dennoch so klassisch wie nur möglich in die Kategorie Hochleistungs-Gran Turismo ein: 608 PS ohne Angst, sich damit wehzutun, sehr kultiviert und komfortabel verpackt, sauschnell und trotzdem nicht schweißtreibend konfiguriert. Ein fast unschlagbar feines Gesamtpaket – bis vergangenen Herbst der V8 passiert ist. Die 510 PS starke Sachspende aus dem AMG-Regal war ein geplanter Affront: Leichter, griffiger, dazu kompakter in der Abstimmung, insgesamt reaktionsfreudiger und spontaner als der V12-Biturbo, dessen knapp 100 PS mehr plötzlich niemand so richtig abgehen wollten.

Nun ist der DB11 aber einmal ein Dutzend-Typ, und Flaggschiffe setzten grundsätzlich die größten Segel, sonst wären sie ja keine. Aston Martin Racing, kurz AMR, stellte mit seinem Test- und Entwicklungszentrum am dafür besten Platz der Welt, dem guten alten Nürburgring, das richtige Fitnesscenter für den V12. Dort wurden ihm 31 PS mehr Leistung für einen beruhigenden Respektabstand von nun 131 PS zum V8 antrainiert, vor allem hat sein Handling aber ein aufwändiges Tuning durchlaufen. Der jetzt auch schlicht nur AMR genannte Zwölfzylinder hat mit der kleineren Motorisierung gleichgezogen, was Straffheit, Reaktionsvermögen und Feedback an den Fahrer angeht. Das Heck wirkt strammer aufgezogen, das ESP lässt dem Kräftespiel an der Hinterachse eine lange Leine, bevor es ziemlich lässig eingreift, und die Lenk-Kommandos passen jetzt millimeterpäzise. Verkürzte Schaltfrequenzen aus der ZF-Achtgang-Automatik und die akustisch selbstbewusstere Auspuffanlage runden das Haustuning-Paket ab.

Die Karosserie zeigt das neue Image durch die Abwesenheit von Chrom, stattdessen gibt es dezentes Carbon und Klavierlack, wo immer möglich. Äußerlich ist der AMR ein Leisetreter, zumindest bis der Startknopf zwölf eindeutig gut aufgelegte Stimmen weckt. Auch im Cockpit gibt er der dunklen Seite eine Chance: Mattes Anthrazit ist in etwa das hellste, was farblich drin ist, tiefschwarzer Zierrat sorgt rundum für eine schlanke Interieur-Linie.
Unverändert bleibt aber die vorzügliche Automatik-Aktivierung an der Knopfleiste in der Konsole. Mit dem Einlegen des Drive-Modus D geht ein unmerkliches Frequenz-Zittern durch die Maschine – ein Tier, das Witterung aufgenommen hat, aber noch nicht losprescht. Das tut der elegante Brite auf Pedal-Kommando dann recht vehement, im GT-Modus aber immer noch diskret und wohlerzogen. Mit den beiden Sport-Modi zieht er aber rasch die Samthandschuhe aus und drischt seine Kraft mit einer Direktheit auf die Straße, dass es eine reine Freude ist. Echtzeit-Reaktion in jedem Detail, beim hitzigen Einlenken eine Andeutung von Untersteuern vorne, bis das Heck fast zeitgleich wieder daran erinnert, wo die Kraft spielt. Dazu die heisere Zwölfton-Musi als Soundtrack, pure Hetz aus 5,2 Litern und 700 Newtonmetern. Die Verminderung der gefederten Massen um gut 3,5 Kilo pro Rad dank leichtem Schmiede-Schuhwerk ist kein Marketing-Gag, sondern höchst gelungene Detailarbeit im Dienst von Fahrspaß und Handling-Gaudi – um noch einen letzten Grad zu steigern, wenn die Schaltwippen eingesetzt werden und der Maschinist am Kapitäns-Sattel entscheidet, wie es wo lang geht. Spätestens dann wird aus dem Fahrer ein Pilot, und selbst wenn die Umgebung das gerade nicht so toll empfindet – weniger peinlich, als in einem Aston Martin kann man nicht unangenehm auffallen.
Der AMR wird die Leistungsspitze in der Baureihe aber nur für einige Monate halten – in den Startlöchern schnauben gerüchteweise bereits 680 Pferde mit 900 Newtonmeter Drehmoment, die den DBS befeuern werden. Angesichts dieser Daten wird der ältliche Schwerenöter mit Lizenz zum Töten als Referenz dann eventuell doch endlich verblassen.
