Ausfahrt mit dem Aston Martin DB11 AMR: James wer?

10. August 2018
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Aktuelles

Der ewige Bond-Bezug passiert den Medien bei Aston ­Martin so beiläufig wie der unvermeidliche Espresso-Vergleich bei italienischen und die Croissant-Anspielung bei französischen Produkten. So gut, so ­einfallslos. Aber das ­patinierte Image als Fuhrpark-Lieferant eines schwer ­bewaffneten, ständig brünftige Bor­der­­­line-Alko­h­olikers mit ­Aggressions-Problem sollte sich doch endlich hinter Astons Kompetenz als Hightech-Schmiede feinster Hochleistungs-Sportwagen ducken.

Mit dem DB11 hat sich die Marke vor knapp zwei Jahren praktisch frisch erfunden: neues Alu-Chassis, neuer Zwölfzylinder-Motor, neuer Technik-Partner Mercedes, nicht zuletzt neuer Design-Wagemut. Der V12 reihte sich dennoch so klassisch wie nur möglich in die Kategorie Hochleistungs-Gran Turismo ein: 608 PS ohne Angst, sich damit wehzutun, sehr kultiviert und komfor­tabel verpackt, sauschnell und trotz­dem nicht schweißtreibend konfiguriert. Ein fast unschlagbar feines Gesamtpaket – bis ­vergangenen Herbst der V8 passiert ist. Die 510 PS starke Sachspende aus dem AMG-Regal war ein geplanter Affront: Leichter, griffiger, dazu kompakter in der Abstimmung, insgesamt reaktionsfreudiger und spontaner als der V12-Biturbo, des­sen knapp 100 PS mehr plötzlich niemand so richtig abgehen wollten.

British Airforce: Die geniale Nutzung von kanalisierter Luft für den Anpressdruck am Heck ist nicht nur ein Ingenieurs- Gimmick, sondern eine der schlauesten Anwendungen von Physik in der Aerodynamik überhaupt.

British Airforce: Die geniale Nutzung von kanalisierter Luft für den Anpressdruck am Heck ist nicht nur ein Ingenieurs-Gimmick, sondern eine der schlauesten Anwendungen von Physik in der Aerodynamik überhaupt.

Nun ist der DB11 aber einmal ein Dutzend-Typ, und ­Flaggschiffe setzten grund­sätzlich die größten Segel, sonst wären sie ja keine. Aston Martin Racing, kurz AMR, stellte mit seinem Test- und Entwicklungszentrum am dafür besten Platz der Welt, dem guten ­alten Nürburgring, das richtige Fitnesscenter für den V12. Dort wurden ihm 31 PS mehr Leistung für einen beruhigenden Respektabstand von nun 131 PS zum V8 antrainiert, vor allem hat sein Handling aber ein aufwändiges Tuning durch­laufen. Der jetzt auch schlicht nur AMR genannte Zwölfzylinder hat mit der kleineren Motorisierung gleichgezogen, was Straffheit, Reaktionsvermögen und Feedback an den Fahrer angeht. Das Heck wirkt strammer aufgezogen, das ESP lässt dem Kräftespiel an der Hinterachse eine lange Leine, bevor es ziemlich lässig eingreift, und die Lenk-Kommandos passen jetzt millimeterpäzise. Verkürzte Schalt­frequenzen aus der ZF-Achtgang-Automatik und die akustisch selbstbewusstere Auspuffanlage runden das Haustuning-Paket ab.

Schwarz ist das neue Chrom: Das AMR-Cockpit gibt sich farblich betont gedeckt ohne deswegen düster zu wirken. Die gelben Elemente sind eine Option, kombinierbar auch mit braunem Interieur – was tatsächlich besser aussieht, als es klingt.

Schwarz ist das neue Chrom: Das AMR-Cockpit gibt sich farblich betont gedeckt ohne deswegen düster zu wirken. Die gelben Elemente sind eine Option, kombinierbar auch mit braunem Interieur – was tatsächlich besser aussieht, als es klingt.

Die Karosserie zeigt das neue Image durch die Abwesenheit von Chrom, statt­des­sen gibt es dezentes Carbon und Klavierlack, wo immer möglich. Äußerlich ist der AMR ein Leisetreter, zumindest bis der Startknopf zwölf eindeutig gut aufgelegte Stimmen weckt. Auch im Cockpit gibt er der dunklen Seite eine Chance: Mattes Anthrazit ist in etwa das hellste, was farblich drin ist, tiefschwarzer Zierrat sorgt rundum für eine schlanke Interieur-Linie.

Unverändert bleibt aber die vorzügliche Automatik-Aktivierung an der Knopfleiste in der Konsole. Mit dem Einlegen des ­Drive-Modus D geht ein unmerkliches Frequenz-Zittern durch die Maschine – ein Tier, das Witterung aufgenommen hat, aber noch nicht losprescht. Das tut der elegante Brite auf Pedal-Kommando dann recht vehement, im GT-Modus aber immer noch diskret und ­wohlerzogen. Mit den beiden Sport-Modi zieht er aber rasch die ­Samthandschuhe aus und drischt seine Kraft mit einer Direktheit auf die Straße, dass es eine reine Freude ist. Echtzeit-Reaktion in jedem Detail, beim hitzigen Einlenken eine Andeutung von Untersteuern vorne, bis das Heck fast zeitgleich wieder daran erinnert, wo die Kraft spielt. Dazu die heisere Zwölfton-Musi als Soundtrack, pure Hetz aus 5,2 Litern und 700 Newtonmetern. Die Verminderung der gefederten Massen um gut 3,5 Kilo pro Rad dank leichtem Schmie­de-Schuhwerk ist kein Marketing-Gag, sondern höchst gelungene Detailarbeit im Dienst von Fahrspaß und Handling-­Gaudi – um noch einen letzten Grad zu steigern, wenn die Schalt­wippen eingesetzt werden und der Maschinist am Kapitäns-Sattel entscheidet, wie es wo lang geht. Spätestens dann wird aus dem Fahrer ein Pilot, und selbst wenn die Umgebung das gerade nicht so toll empfindet – weniger peinlich, als in einem Aston Martin kann man nicht unangenehm auffallen.

Der AMR wird die Leistungsspitze in der Baureihe aber nur für einige Monate halten – in den Startlöchern schnauben gerüchteweise bereits 680 Pferde mit 900 Newton­meter Drehmoment, die den DBS befeuern werden. Angesichts dieser Daten wird der ält­liche Schwerenöter mit Lizenz zum Töten als Referenz dann eventuell doch endlich verblassen.

Die Zwölfer-Wette bei Aston Martin stimmt wieder: Das feingetunte Gesamtkunstwerk V12 hört nun auf den Namen AMR und zieht auch in Sachen Handling, Response und Agilität mit dem verheerend guten V8 gleich. Die gelben Kampf-Streifen müssen nicht sein, es ist auch ein diskreter Look im Angebot.

Die Zwölfer-Wette bei Aston Martin stimmt wieder: Das feingetunte Gesamtkunstwerk V12 hört nun auf den Namen AMR und zieht auch in Sachen Handling, Response und Agilität mit dem verheerend guten V8 gleich. Die gelben Kampf-Streifen müssen nicht sein, es ist auch ein diskreter Look im Angebot.