Erster Test: Mercedes EQE

21. September 2022
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Aktuelles

Der EQS hat letztes Jahr für ziemliches Aufsehen gesorgt – jetzt gibt es den Tesla-Konkurrent ein gutes Stück kompakter und güns­tiger, wenn auch weit entfernt von kompakt und günstig.

Von den Außenabmessungen her entspricht der EQE ziemlich genau dem CLS, also dem großen Viertür-Coupé des Hauses. Wie dieser und im Gegensatz zum EQS hat er eine starre Heckscheibe, sprich: einen kleinen konventionellen Heckdeckel. Darunter findet auch deutlich weniger Gepäck Platz als im EQS, konkret lautet der Verlust an Ladevolumen 180 Liter.  

Einen „Frunk“, also einen Front-Kofferraum, gibt es nicht – unter der vorderen Haube hat der Kunde nichts zu suchen. ­Scheibenwaschwasser füllt man über ­eine kleine Service-Klappe am linken Kotflügel nach.

 

Im Innenraum gibt es mehr als genug Bewegungsfreiheit, die aktuelle E-Klasse überbietet der EQE-Fahrgastraum bei der Breite deutlich (fast drei Zentimeter) und bei der Länge sehr deutlich (acht Zentimeter). Dazu sitzt man fast sechs Zentimeter höher, weil ja im Unterboden die Akkus wohnen – durch den neun Zentimeter kürzeren Radstand gegenüber dem EQS geht sich nur das „kleine“ Batterie-Paket der EVA2-Plattform aus, 90 kWh sind aber allemal groß (und schwer) genug.

Und noch ein Vergleich mit dem großen Bruder EQS muss sein, nämlich in Sachen cw-Wert: Der lautet 0,20 zu 0,22 zugunsten der S-Klasse – dank 27 Zentimeter mehr Länge konnten die Daimler-Techniker beim Premieren-Modell einen aerodynamischeren Abgang formen.

Zum Marktstart im Sommer stehen zwei Versionen zur Wahl, der EQE 350+ ist ein Hecktriebler mit 292 PS und 565 Nm, der bei ersten Testfahrten mehr als ausreichend Vortrieb zur Verfügung stellte. Wie schon beim EQS imponierte das tolle Geräusch-Niveau, selbst bei Autobahntempi jenseits der 160. 

Mehr Leistung und mehr angetriebene Räder spielt es im EQE 43 AMG, Allrad hat aber auch der EQE 500 an Bord, der im Herbst folgt und schon für Schnupper-Kilometer zur Verfügung stand. Bei dem bleiben dank 408 PS und 858 Nm keine Wünsche offen.

Um den Kaufpreis von über 100.000 Euro ohne Fremdfinanzierung bezahlen zu können, muss man durchaus schon gut mit einem Trading Roboter spekulieren.

In Sachen Verbrauch und Reichweite hat natürlich der 350+ die besten Karten, bei unserer Ausfahrt bilanzierte der 500er aber kaum schlechter, beide lagen nach einem überdurchschnittlich flott gefahrenen Mix aus Autobahn, Landstraße und Stadtverkehr bei rund 26 kWh. Was sonst noch auffiel: Die Lenkung ist gelungen, die Bremsen sind bei flotter Kurvenfahrt aber nicht ganz fein zu dosieren. 

Gefallen konnte neben dem feinen Fahrkomfort (auch ob optionaler Luftfederung) die vorausschauende Rekuperation als Alter­native zu den drei über Lenkrad-Wippen einstellbaren fixen Rückspeisungs-Stufen. Allein vor Kurven nimmt sie gar viel Rücksicht auf den Mageninhalt der Mitfahrer, weil viel mehr Speed weg, als es sich ein dynamischer Pilot wünschen würde. 

 

Apropos Dynamik: Die 1560 Euro teure Hinterachslenkung (wahlweise 4,5 oder 10 Grad) ist ein Hit, sie verkürzt den Wendekreis um bis zu 1,8 Meter. Und noch ein Extra sei einem ans Herz gelegt: das Headup-Display mit imposanten 29 Zoll Diagonale für 1362 Euro. Keramik-Bremsen für 5256 Euro und ­eine Rennstrecken-App für 300 Euro wirken dagegen etwas deplatziert in der Aufpreisliste einer E-Limo.

Und das Laden? An Wechselstrom nimmt es der EQE mit maximal 11 kW auf, gegen Aufpreis werden in Bälde 22 kW möglich sein. Gleichstrom fließt dafür mit bis zu 170 kW – derart gespeist ist ein auf zehn Prozent gefallener Akkustand in 32 Minuten zu 80 Prozent gefüllt. Zum Vergleich: Mit 11 kW gelingt eine Vollladung in eher lähmenden 8:15 Stunden.

Preisfrage: Wie viel günstiger ist der EQE nun gegenüber dem EQS? Exakt 46.421 Euro sind es, wobei der S dem E doch einiges an Serienausstattung und Leistung voraushat. Ein paar Features soll man aber auch nach der Fahrzeug-Übergabe quasi „over the air“ nachkaufen oder ausleihen können, verrät die Presseinfo. Vorerst ist aber nur von Spielen oder Sound-Modulen für einen künstlichen Motorklang die Rede. Das erinnert ein wenig an Klingelton-Abos fürs Handy zu Beginn des Jahrhunderts. Die Käufer von damals sind jetzt womöglich im richtigen Alter für einen EQE…                            

Daten & Fakten

Basispreis in € 71.820,–
Motortypen Synchronmotor
Leistung PS/kW 292 (215)
Drehmoment Nm 565
Batterie netto in kWh 90,6
Getriebe Eingang-Automatik
L/B/H, Radst. in mm 4946/1906/1492, 3120
Kofferraum 430
Leergewicht in kg 2335
0–100 km/h in sec 6,4
Spitze in km/h 210
WLTP-Normverbrauch in kWh/100 km 15,9–18,7
WLTP-Reichweite 567–654
Basispreis in € 105.240,–
Motortypen Synchronmotoren
Leistung PS/kW 476 (350)
Drehmoment Nm 858
Batterie netto in kWh 90,6
Getriebe Eingang-Automatik
L/B/H, Radst. in mm 4946/1906/1492, 3120
Kofferraum 430
Leergewicht in kg 2525
0–100 km/h in sec 4,2
Spitze in km/h 210
WLTP-Normverbrauch in kWh/100 km 19,7–22,5
WLTP-Reichweite 462–532