Und auf diesem Gebiet gibt es eigentlich nur drei Autos, die seit Jahrzehnten um die Gunst der zahlungskräftigen Kundschaft buhlen: Der 5er-BMW, die Mercedes E-Klasse und eben der Audi A6, der nun komplett neu konstruiert die Bühne betritt. Optisch ist er nicht unbedingt die große Revolution, aber zum Glück geht es in dieser Klasse ja eher um innere Werte. Und genau die interessieren uns auch am meisten.

Zu diesem Zweck schnappten wir uns das derzeitige Diesel-Topmodell mit dem Namen 50 TDI. 50 bedeutet in diesem Fall: drei Liter Hubraum, 286 PS, das brandneue Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe und natürlich Allradantrieb. Mit 65.000 Euro ist der starke 6er natürlich kein Schnäppchen. Vergleichbare E-Klassen oder 5er kosten aber noch mehr, und was noch dazu kommt: Die 231 PS des 45 TDI getauften schwächeren Diesel (ebenfalls mit drei Litern Hubraum, acht Doppelkupplungs-Gängen und Quattro) sparen 3210 Euro und reichen auch vollkommen.
Unser A6 verfügt zusätzlich über die Ausstattungslinie „Design“, die ihm etwas Chrom und 18 Zoll-Räder beschert, leider aber nach wie vor die Standard-Sitze umfasst. Hier wäre der Griff zur Ausstattung „Sport“ (ebenfalls 2930 Euro extra) empfehlenswert, denn das Sport-Gestühl ist deutlich besser gepolstert und angenehm konturiert.

So oder so kann man sagen, dass der Antriebsstrang viele Stärken hat, aber auch seine Schwächen: Der große V6 mit 48 Volt-Bordnetz arbeitet leiser als sein Vorgänger, hat gewaltiges Drehmoment und schiebt die Fast-Fünfmeter-Limousine voran, als wäre sie ein kleiner Sportwagen. Hubraum ist einfach durch nichts zu ersetzen.
Im Gegensatz zum Automatik-Getriebe. Auch wenn mit acht Gängen bestückt, schafft es die neu konstruierte Schaltbox vor allem in der Komfort-Stellung oft nicht, sauber zu schalten. Bisweilen ruckelt es, manchmal werden beim Zurückschalten unnötigerweise Gänge übersprungen – denn an Punch mangelt es dem V6-Diesel wahrlich nicht. Schade, mit einer überarbeiteten Abstimmung hätte man hier noch deutlich mehr herausholen können. Denn wer im Sport-Modus unterwegs ist, so wie wir bei den Fahrdynamik-Tests, erkennt erst, wo das Potenzial dieser Schaltbox liegt.
Spannend auch das aus dem A8 und A7 übernommene neue Bedienkonzept. Es verfügt über zwei übereinander positionierte Touchscreens auf dem Armaturenbrett, über die sich praktisch alle Fahrzeug-Funktionen steuern lassen. Das klappt sehr schnell und ganz intuitiv, und dank der haptischen Rückmeldung über ein spürbares „Klick“, wenn man ein Bedienfeld betätigt hat, braucht man weit seltener hinzusehen als bei einem herkömmlichen Touchscreen.
Viel Licht und wenig Schatten auch im restlichen Interieur: Beim Passagierraum hat die neue Generation überall ein paar Zentimeter zugelegt. Alles kleine Änderungen, die in Summe aber eine angenehm luftige Atmosphäre ergeben. Wer gerne selber fährt, muss wirklich nicht zu einem A8 greifen.
Das Mehr an Platz gilt auch für den Kofferraum: „Puh, ist der aber tief“, hörte man nicht nur einmal, als der A6 für die Fahrdynamik-Tests auf dem Driving Camp in Pachfurth bis zur Kapazitätsgrenze beladen wurde. Das 530 Liter fassende Ladeabteil schluckt dank der enormen Länge auch sperrige Gegenstände.

Und eines können wir nach den Slalom-, Ausweich- und Tracktests bestätigen: Extragewicht tut der Fahrdynamik des großen Ringwagens keinen Abbruch. Die Gewichtsverteilung ist zwar nach wie vor leicht frontlastig, dennoch sind dank der ausgewogenen Fahrwerksabstimmung erstaunliche Rundenzeiten möglich.
Das Heck ist in Kurven nämlich erstaunlich agil, lenkt nicht nur beim Tanz durch die Pylonen, sondern vor allem beim Ausweichtest eifrig mit. Und das, obwohl unser A6 nicht über die 2400 Euro teure Allradlenkung verfügte. Kein Wunder, dass die 1,9 Tonnen schwere Limousine auch beim Tracktest gute Figur machte und sogar den Golf GTI auf Distanz halten konnte. Und damit kann man selbst als nüchterner Geschäftskunde durchaus zufrieden sein. Und als Autobahnpolizist erst recht.
Fahrwerk & Traktion – Guter Mix aus solidem Federungskomfort und agilem Handling. Weitgehend neutral abgestimmt, spürbares Untersteuern im Grenzbereich. Erstaunliches Schluckvermögen selbst auf schlechtem Untergrund, sogar mit den optionalen 19 Zoll-Rädern. Lenkung exakt und frei von Antriebseinflüssen, Traktion ohne Tadel.
Cockpit & Bedienung – Bis ins Detail durchdachte Ergonomie. Die zwei Touchscreens lassen sich intuitiv bedienen, wichtige Funktionen wie Lautstärkeregelung sind aber ausgelagert. Das auffällig geformte Lenkrad liegt sehr gut in der Hand, Übersicht trotz flacher Scheiben okay. Sitzposition etwas tief, aber sehr gut.
Innen- & Kofferraum – Platzangebot im Vergleich zum Vorgänger leicht verbessert, im Fond aber immer noch nicht überragend viel Bewegungsfreiheit. Standard-Sitze leider nicht sehr gut gepolstert und viel zu schwach konturiert. Kofferraum: etwas flach, aber sehr breit und sehr tief. Erweiterbar mittels 2:1-Umlege-Fondlehnen, der Ladeboden bleibt eben.
Dran & Drin – Ab Werk klassenüblich brauchbar gut bestückt. Alle spannenden Features finden sich in der gut sortierten Aufpreis-Liste, teils in Paketen. Empfehlenswert: Der „Sportline“ mit besseren Sitzen und Sportfahrwerk. Erstklassige Verarbeitung und Material-Wahl.
Schutz & Sicherheit – Die übliche Anzahl an Airbags und E-Fahrhilfen. Ab Werk nur wenig Assistenten verbaut, optional sind aber praktisch alle derzeit legalen Fahrsysteme und dazu Fond-Seitenairbags erhältlich.
Sauber & Grün – Wer den Abstandsregel-Tempomat arbeiten lässt oder sehr defensiv unterwegs ist, kommt überraschend nahe an den WLTP-Normverbrauch heran. Das 48 Volt-Netz erlaubt dem Start/Stopp-System, den Motor sogar im Segel-Betrieb ruckzuck wieder anzustarten.
Preis & Kosten – Mit ein wenig Mehrausstattung knackt man schnell die 70.000 Euro-Marke, ausstattungsbereinigt ist der A6 aber preiswerter als die schwächeren BMW 530d xDrive (265 PS) und Mercedes E 300 d (245 PS, nur Heckantrieb). Die üblichen zwei Jahre Garantie, lange Service-Intervalle, relativ hoher Wertverlust ob ebensolcher PS-Zahl.