Toyota RAV4 2,2 D-4D DPF 4WD Executive

5. November 2013
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:Toyota
Klasse:Geländewagen/SUV
Antrieb:Allrad
Treibstoff:Diesel
Leistung:150 PS
Testverbrauch:7,3 l/100km
Modelljahr:2013
Grundpreis:37.500 Euro

In vierter Generation ist der charismatische RAV4 im SUV-Mainstream angekommen

Hätten Sie´s gewusst? RAV4 steht für Recreational Active Vehicle with 4-Wheeldrive”, was so viel wie “freizeitorientierter Wagen mit Allradantrieb” bedeutet. Oder frei übersetzt: Der nur 3,69 Meter lange Japaner galt bei seinem Auftauchen Mitte der Neunziger als Synonym für Spaß und Abenteuer. Heute, fast einen Meter länger als das Original, haben sich für den SUV-Pionier die Prioritäten wohl etwas geändert.
Langeweiler ist er deshalb aber keiner. Deutlich gestreckt, mit ausgeprägten Konturen und scharfen Kanten, kommt er in vierter Generation sogar schnittiger als früher daher. Der Innenraum jedoch polarisiert: Dem feinen Leder auf Sesseln und Armaturentafel sowie der exzellenten Verarbeitung stehen billig wirkende Carbon-Imitate und Kunststoffe gegenüber. Auch der nostalgische Bordcomputer und die simple Digitaluhr passen nicht recht zum überwiegend noblen Ambiente. Wesentlicher erscheint uns freilich, dass Sessel und Lenkrad weit verstellbar sind, man entspannt sitzt und üppig Platz hat.
Sogar im Fond können sich groß Gewachsene bequem räkeln: Die Kniefreiheit ist top, und die Lehnen lassen sich geteilt in der Neigung justieren. Einziges Manko: Bei zügiger Fahrweise rutschen die Hinterbänkler auf dem glatten Leder hilflos hin und her.
Großzügig dimensioniert ist auch der Kofferraum: Mit bis zu 1846 Litern (davon 100 im geräumigen Unterflur-Fach) stellt er die Konkurrenz, aber auch so manchen Kombi in den Schatten. Die Ladekante ist niedrig, der Boden eben und die Öffnung groß. Sie wird nun anstatt der sperrigen, seitlich angeschlagenen Hecktür durch eine Klappe verdeckt, die sich beim “Executive” sogar elektrisch bewegt – wenn auch aufreizend langsam.
Und wie bewegt sich der RAV4? Im Alltags-Betrieb fährt er mit seiner direkten Lenkung samt kleinem Volant und kompaktem Wendekreis erfrischend agil, in engen Wechsel-Kurven werden aber Gewicht und Größe deutlich. Auch die Sport-Taste ändert daran wenig: Sie strafft etwas die Lenkung und schickt beim Einlenken mehr Power zu den Hinterrädern, was in Kurven einen Tick mehr Stabilität bringt.
Für die mäßigen Zeiten bei unseren obligatorischen Fahrtests ist wohl eher der regennasse Parcours als der Toyota verantwortlich. Immerhin konnte er dort mit seinen umgänglichen Manieren punkten: Sogar voll beladen (also mit gut 2,2 Tonnen Gesamtgewicht) hält er sicher die Spur, schiebt bei zu hohem Tempo harmlos über die Vorderräder und bleibt auch nach herben Lastwechseln leicht beherrschbar. Wie noch kein Proband vor ihm hält er bei Notstopps auf einseitig glatter Fahrbahn ohne jeden Lenkeingriff unbeirrt den Kurs.
Um den rechten Weg kümmern sich auch die neuen Assistenten zum Spurhalten, Spurwechseln und fürs Fernlicht. Letzterer blendet flott ab, lässt sich aber beim Aufblenden oder Einschalten des Lichts (etwa in einem Tunnel) zu lange Zeit. Zeit braucht´s auch zum Auffinden der entsprechenden Aktivierungs-Schalter, die wie einige andere Tasten im Armaturenbrett weit verstreut sind.
Weitere Assistenten wie Radar-Tempomat, Verkehrszeichen-Erkennung oder Fahrwerks-Verstellung gibt es nicht. Gut, dass der RAV4 ohnehin ziemlich ausgewogen federt, nur auf kurzen Wellen ist er überfordert. Grobe Löcher pariert er brav, was aber nicht zu übermütigen Gelände-Touren verleiten sollte: Die Bodenfreiheit ist knapp, Böschungs- und Rampenwinkel sind geringer als beim kompakteren Vorgänger.
Eine ausgezeichnete Wahl ist der 150 PS starke Turbodiesel. Er zieht schon ab 1500 Touren willig los, beschleunigt kräftig und gleichmäßig und fühlt sich auch bei zügiger Fahrweise munter an. Dabei bleibt er überwiegend leise, selbst hohe Drehzahlen brüllt er nicht ungestüm heraus – doch die hat der bullige Vierzylinder ohnedies kaum nötig.
Der Testschnitt von 7,3 Litern Diesel für 100 Kilometer geht angesichts der flotten Fahrleistungen in Ordnung, die Verbrauchs-Werksangabe ist aber (wie so häufig, vor allem bei SUV) fern jeder Realität. Die Schaltanzeige agiert moderat, ermahnt aber wenig sinnvoll auch bei Vollgas stur zum Hochschalten. Eine Start/Stopp-Automatik fürs Sprit-Sparen in der Stadt ist leider dem Basis-Diesel vorbehalten.
Sonst gibt sich Toyota in bester Ausstattung “Executive” äußerst großzügig, nur Navigation, die neuen Assistenten oder Xenon-Licht kosten Aufpreis. Schnäppchen ist der RAV4 dennoch keines, er hat aber neben ordentlicher Serien-Sicherheit inklusive Sterne-Maximum beim NCAP-Normcrash auch beruhigende fünf Jahre Garantie zu bieten. Mal sehen, ob mit der Karosserie auch der Erfolg des japanischen Soft-Kraxlers in die Verlängerung geht.

RAV4-Cockpit mit griffigem Lenkrad und feinen Sitzen, einige versteckte Schalter lenken ab

Motor & Getriebe
Der bullige 2,2 Liter-Diesel geht beherzt zur Sache, liefert gleichmäßigen Schub und gute Fahrleistungen. Auch die Akustik passt. Knackig-knochiges, leicht schaltbares Sechsgang-Getriebe.

Fahrwerk & Traktion
Straff-komfortables Fahrwerk, nur auf kurzen Wellen stoßig. Als hartnäckiger Untersteuerer mit wachsamen ESP auf der sicheren Seite. Die präzise und direkte Lenkung vermittelt Agilität. Standfeste, gut dosierbare Bremsen. 1A-Traktion.

Stock & Stein
Dank flott reagierendem 4WD-System mit manueller Mittelsperre halbwegs offroad-firm. Geringe Bodenfreiheit und Karosserie-Überhänge setzen aber schnell Grenzen.

Cockpit & Bedienung
Leicht ablesbare Skalen, Gewöhnung erfordern versteckte Schalter und das nicht ganz intuitiv zu bedienende Navi. Bequeme E-Sitze. Fein: Rückfahrkamera samt Park-Piepser.

Innen- & Kofferraum
Tolles Platzangebot mit großzügiger Knie- und Kopffreiheit im Fond. Voluminöser, nach simplem Klappen fast ebener Kofferraum mit niedriger Kante, großer Öffnung und elektrischer Klappe. Zahlreiche Ablagen aber schmale Türfächer.

Dran & Drin
Die beste Ausstattung “Executive” lässt kaum Wünsche offen, die Extra-Liste ist entsprechend kurz. Solide Verarbeitung, optisch wie qualitativ nicht ganz stimmiger Material-Mix.

Schutz & Sicherheit
Sieben Airbags, Reifendruckkontrolle, Isofix und übliche E-Fahrhilfen Serie. Xenon sowie drei Assistenz-Systeme gegen Aufpreis, hintere Seitenairbags nicht zu haben. Sterne-Maximum beim NCAP-Crashtest.

Sauber & Grün
Der Leistung adäquater Praxisverbrauch, unrealistische Werksangabe. Start/Stopp-System nur für Basis-Diesel, Schaltempfehlung Serie.

Preis & Kosten
Die meisten Fernost-Kollegen, aber auch der Ford Kuga sind billiger, ein Audi Q3 teurer. Auf ähnlichem Preis-Niveau liegt Bestseller VW Tiguan. Beruhigende Fünfjahres-Garantie, kurze Service-Intervalle, ordentliche Werthaltung.

F A Z I T
Der neue RAV4 hat sich vom spaßigen Freizeit-Mobil zum geräumigen Familien-Cruiser gemausert. Trotzdem bleibt er handlich genug fürs City-Gewühl und scheut auch nicht die Abkürzung über den Feldweg.

Der RAV4 fährt ausgesprochen sicher, aber nicht ganz so agil wie sein Vorgänger

MOTOR-BAUART
Vierzylinder Reihenmotor vorne quer liegend, Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie und Ladeluftkühler, elektronisch gesteuerte Drosselklappen. Fünffach gelagerte Kurbelwelle, zwei oben liegende Nockenwellen mit Zahnriemen- und Kettenantrieb, vier Ventile pro Zylinder. Elektronische Diesel-Einspritzung über Piezo-Injektoren nach Commonrail-Prinzip. Abgasreinigung mittels Oxidations-Katalysator und Rußpartikelfilter, Abgasnorm Euro 5.

MOTOR-DATEN
Hubraum 2231 ccm, Bohrung x Hub 86,0 x 96,0 mm, Verdichtungsverhältnis 15,7:1, Max. Leistung 150 PS (110 kW) bei 3600/min, Spez. Leistung 67,2 PS/l (49,3 kW/l), max. Drehmoment 340 Nm bei 2000-2800/min, Ölinhalt 5,9 l, Kühlwasserinhalt 6,9 l

KRAFTÜBERTRAGUNG
Allradantrieb (elektronisch gesteuertes Allradsystem, manuelle Mittelsperre für 50:50-Kraftverteilung), Sechsgang-Getriebe.
Übersetzungen:
I. 3,818, II. 1,91, III. 1,22, IV. 0,88, V. 0,81, VI. 0,71, R. 4,14
Achsantrieb 4,312 (I.-IV.), 3,631 (V., VI., R.)

FAHRWERK
Vorne: Dreieckslenker, McPherson-Federbeine, Stabilisator. Hinten: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Gasdruck-Stoßdämpfer, Stabilisator. Radstand 2660 mm, Spurweite vorne/hinten 1560/1560 mm. Zahnstangen-Lenkung mit elektrischer Servounterstützung. Hydraulische Zweikreisbremse mit Bremskraftverstärker, Scheiben mit Einkolben-Faustsattel-Zangen (vorne innenbelüftet). Feststellbremse auf die Hinterräder wirkend. Reifen & Räder: 225/65 R 17 102H Michelin Latitude Tour HP auf Leichtmetall-Felge 7,0 J x 17. (Serie: 235/55 R 18 99H auf Felge 7,5 J x 18)

KAROSSERIE
5 Türen/5 Sitze, Luftwiderstandsbeiwert cw 0,31, Stirnfläche A 2,595 m2, Luftwiderstandsindex A x cw 0,80, Länge/Breite/Höhe 4570/1845/1660 mm, Wendekreis 11,2 m, Tankinhalt 60 l, Eigengewicht 1730 kg, max. zul. Gesamtgewicht 2220 kg, max. zul. Dachlast 85 kg, max. zul. Anhänge-Last 2000 kg, Kofferraumvolumen (VDA-Norm) 647-1846 l

OFFROAD-DATEN
Böschungswinkel v/h 19°/22°, Rampenwinkel 19°, Bodenfreiheit 187 mm, Wattiefe 500 mm

VERBRAUCH (Diesel)
Norm (Stadt/außerorts/ Mix) 6,9/5,0/5,7 l, Testverbrauch 7,3 l/100 km, CO2-Ausstoß (Norm/Test) 149/192 g/km, Reichweite 820 km

FAHRLEISTUNGEN
Werksangaben: 0-100 km/h 9,6 sec, Spitze 190 km/h
ALLES AUTO-Messwerte: 0-80 km/h 7,8 sec, 0-100 km/h 10,9 sec, 60-100 km/h (im 4./5. Gang) 8,0/11,7 sec, 80-120 km/h (im 4./5. Gang) 8,1/11,3 sec

Die in engen Parkplätzen lästige, weil seitlich angeschlagene Kofferraum-Türe des Vorgängers wich endlich einer konventionellen Heckklappe

Serienausstattung:
Front-, vordere Seiten- und durchgehende Kopfairbags, Fahrerknie-Airbag, ABS, ESP, Bremsassistent, fünf Kopfstützen, fünf Dreipunktgurte (Gurtstraffer und -kraftbegrenzer v), Isofix, Berganfahrassistent, Licht- und Regensensor, Reifendruckwarner, Innenspiegel autom. abblendend, CD-Radio mit 6 LS sowie Bluetooth- und AUX/ USB-Schnittstelle, Außenspiegel elektr. verstell- und beheizbar, vier E-Fensterheber, Klimaautomatik, E-Fahrersitz, Sitzheizung v, schlüsselloser Zugang und Start, Rückfahrkamera inkl. Parksensoren h, E-Heckklappe, Bordcomputer, Tempomat, Multifunktions-Lederlenkrad, Lederpolsterung, 18 Zoll-Aluräder, Scheiben ab B-Säule abgedunkelt, Nebelscheinwerfer, FB-Zentralsperre etc.

Extras:
Toterwinkel-Warner EUR 706,-, Spurwechsel-Warner mit Fernlicht-Assistent EUR 642,-, Navigationssystem/mit Sprachsteuerung, Karten-Update und 3D-Darstellung EUR 1027,-/1348,-, E-Glasdach EUR 1027,-, Bi-Xenon-Licht EUR 770,-, Dachreling EUR 385,-

Basis-Preis: EUR 37.500,-

Fotos: Robert May “