Vergleich: Hyundai i30 N gegen VW Golf GTI Performance

14. März 2018
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:Hyundai
Klasse:Kompaktwagen
Antrieb:Vorderrad
Treibstoff:Benzin
Leistung:275 PS
Testverbrauch:9,2 l/100km
Modelljahr:2017
Grundpreis:38.990 Euro

Kompakte Fronttriebler mit reichlich PS galten früher als der Inbegriff der bösen Automobil-Buben – bis der Allradantrieb auch in diesem Segment Einzug hielt und Leistungen von weit über 300 PS möglich machte. Seither spielen die „Frontkratzer“ mit ihren rund 250 PS die zweite Geige, allerdings lauter und gekonnter als je zuvor. Immerhin sind sie um viele tausend Euro preisgünstiger als die ganz starken Allradler. Und dank einem echten mechanischen Sperrdifferenzial an der Vorderachse kann man auch ohne unterstützenden Schub im Heck mächtig aus Kurven herausbeschleunigen. Dieses ist allerdings nur bei den verschärften „Performance“-Versionen von Hyundai i30 N und VW Golf GTI serienmäßig.

Zum Glück testen wir genau die: Der Hyundai i30 N Performance knallt 275 PS (statt 250) auf die Vorderachse, kommt mit 19-Zöllern, die größeren Bremsscheiben Platz bieten, hat einen soundstarken Klappen-Auspuff dabei, und elektrisch verstellbare Ledersitze gibt es als Draufgabe. Der VW Golf GTI Performance bekommt abseits der Differenzialsperre größere Bremsscheiben und 245 PS (statt 230) spendiert, das war’s dann auch schon. Dafür ist der Performance-Aufschlag bei VW mit 1500 Euro deutlich geringer als bei Hyundai mit 4000 Euro.

 

Motor & Getriebe

Den GTI-Motorenstandard – Zweiliter-Benziner mit Turbo-Aufladung – bieten beide, der Golf ist trotz 30 PS Minderleistung grundsätzlich drehmomentstärker, seine 370 Nm stehen bereits ab 1600 Touren an. Der i30 N hat zwar nur 353 Nm ab 1750 Umdrehungen, macht dank Overboost-Funktion aber für 13 Vollgas-Sekunden 378 Nm frei. Somit herrscht Gleichstand, was sich auch im hier wie dort enorm bulligen Subjektiv-Empfinden niederschlägt.

Der Test-Golf hat allerdings ein Siebengang-DSG an Bord. Eine Option, die es für den grundsätzlich handgeschalteten Koreaner nicht gibt. Die Doppelkupplungs-Automatik ist fein abgestimmt, beherrscht auch gefühlvolles Rangieren, und spielt im Fahrbetrieb alle Stückeln. Sie schaltet nicht nur blitzschnell, wenn der Fahrer das Messer zwischen die Zähne nimmt, sondern beweist auch beim Cruisen Qualitäten, indem sie dann extrem früh hochschaltet – genug Drehmoment dafür ist ja vorhanden. Müde oder ab­­gelenkt ist sie auch nie, daher: klare Kauf-Empfehlung trotz des Mehrpreises von 2000 Euro. Hyundai kontert immerhin mit einer Schaltung, wie sie besser kaum sein könnte: kurzwegig, präzise, perfekt positionierter Ganghebel.

Auch der Golf verfügt gegen Aufpreis über ein Sport-Programm, das ist aber harmlos ge­­gen den serienmäßigen „N“-Mo­­dus von Hyundai. Das „N“ steht ja gleichermaßen für das Hyundai-Testzentrum Namyang wie für den Nürburgring – und das zu Recht. Alle Parameter schnalzen nach oben, die Auspuff-Klappen gehen auf, und der Sound schraubt sich in Bereiche hoch, die gefühlt kaum noch legal sein können. Egal, solange es derart geil röhrt, knattert und grummelt. Die „Rev Match“-Funktion passt die Drehzahlen beim Schalten an, und künstliche Fehlzündungen sorgen beim Ausdrehen der Gänge für ein Geplotze, das einen geistig endgültig auf die Nordschleife versetzt. Wenn dann bloß nicht der uniformierte Rennleiter hinter der nächsten Kurve wartet…

Bei den Fahrleistungen liegen beide knapp beisammen, der Golf macht seine Minder­leistung durch entsprechendes Mindergewicht wett. Beim gemessenen 0-100-km/h-Sprint lag der Hyundai allerdings um acht Zehntel hinter seinem Werks-Wert, der VW lediglich um zwei Zehntel. Schuldig: der wenig sportliche Winterreifen-Typ beim Koreaner.

Fahrwerk & Traktion

Wie bei Sound und Motor-Charakteristik zeigt der i30 auch in Sachen Fahrwerk und Lenkung nach Aktivieren des „N“-Modus ein anderes Gesicht: Aus hart wird knüppelhart, aus präzisem Anvisieren von Kurven wird Schnei­­den mit dem Samurai­schwert. Dazu noch die giftigen, völlig fading-freien Bremsen. Ein Vergnügen mit extremem Sucht-Potenzial, untermalt noch vom unglaublichen Sound.

Wem das alles zu viel wird, der kann im Modus „Custom“ seine individuelle Wahl treffen: Also z. B. scharfes Sperrdifferenzial, aber sanftere Federung und zurückhaltenderer Sound – oder auch umgekehrt.

Der Golf hat serienmäßig die feine Progressivlenkung an Bord, das Adaptiv-Fahrwerk (DCC) muss man allerdings um 1149 Euro zukaufen. Im Sport-Programm wirkt er dann ungefähr so wie der Hyundai im Normal-Modus. Die letzte Schärfe hat VW zugunsten von viel mehr Alltagstauglichkeit weggelassen.

Fahren auf der letzten Rille ist mit dem Golf ebenfalls vergnüglich, er wankt dabei aber mehr und wirkt um einen Hauch unpräziser. Was sich in der Rundenzeit auf unserem Testparcours aber praktisch nicht auswirkt. Im kurvigeren Streckenteil liegen sogar beide gleichauf, erst im geraderen Teil nimmt der Hyundai dem VW mit schierer Mehrleistung eine Sekunde ab (siehe Tabelle).

Auch daran ist der beim i30 aufgezogene Winterreifen-Typ wohl nicht ganz unbeteiligt, denn sowohl bei den Bremswerten (der Golf steht fast drei Meter früher) als auch bei der Traktion verliert der i30 empfindlich an Terrain. Zwar arbeitet sein Sperrdifferenzial genauso hervorragend wie jenes des Golf, doch beim Beschleunigen auf gerader Strecke kann es nicht helfen, und genau hier scharrt der Hyundai hilflos mit den Vorderhufen, richtig unangenehm wird es aber nur auf nasser Straße.

Beiden gemeinsam ist die relativ geringe Untersteuer-Neigung bei gleichzeitig kaum vorhandenen Lastwechsel-Tücken. Auch bei abgeschaltetem ESP muss man Drifts richtiggehend provozieren.

 

Cockpit & Bedienung

VW spendiert dem Golf GTI serienmäßig das voll digitalisierte „Active Info Display“ mit seinen zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten bis hin zur Navi-Einblendung zwischen den Rundinstrumenten. Das aufpreispflichtige Top-Navigationssystem im Testwagen bietet zwar einen 9 Zoll-Bildschirm und ge­­stochen scharfe Auflösung, da­­für ärgert man sich über die fehlenden Drehregler für Lautstärke und Navi-Zoom.

Im Hyundai sind klassisch-übersichtliche Rundinstrumente verbaut, der Multifunktions-Touchscreen thront auf der Mittelkonsole im optimalen Blickfeld. Die Auflösung ist we­­niger beeindruckend, dafür sind Logik und intuitive Erfassbarkeit der Menüführung sogar noch gelungener als beim Wolfsburger. Hier wie dort sitzen sämtliche Knöpfe und Schalter dort, wo man sie erwartet, die Ergonomie passt genauso wie die Sitzposition.

Das wuchtige Gestühl des i30 erfreut zwar durch elektrische Verstellbarkeit, die beim Golf fast 1000 Euro Aufpreis kostet, dafür sind die GTI-Sitze in Sachen Seitenhalt noch eine Klasse besser, ohne dabei einengend zu wirken.

Die Über- und Rundumsicht geht in Ordnung, lediglich die breiten C-Säulen stören etwas beim Blick nach schräg hinten. Dank der serienmäßigen Rückfahrkamera des Hyundai kommt diesbezüglich erst gar kein Ärger auf, aber auch beim VW kostet deren Nachrüstung nur bescheidene 244 Euro.

 

Innen- & Kofferraum

In Sachen Raumangebot schenken die beiden Konkurrenten einander kaum etwas. Sieben Zentimeter mehr Außenlänge münzt der Hyundai i30 in lediglich zwei zusätzliche Radstands-Zentimeter um, die dann von den wuchtigen Sitzlehnen ge­­schluckt werden. Die Fond-Kniefreiheit ist sogar etwas ge­­ringer als beim Golf. Das stört allerdings nicht wirklich, in beiden Autos sitzen selbst vier groß gewachsene Personen gut.

Beim Laderaum herrscht ebenfalls völliger Gleichstand, 380 Liter Grundvolumen gelten als gutes Kompaktklassen-Maß, nach dem Lehnen-Umlegen kommen beide auf etwa 1280 Liter. Allerdings nimmt der Hyundai auf den Alltag weniger Rücksicht: Seine Ladekante liegt mit 72 Zentimetern (Golf: 67 Zentimeter) spürbar höher, die zwischen den Feder­beinen, knapp über dem Ladeboden, eingebaute Querstrebe erhöht zwar die Karosserie-Steifigkeit, stört aber beim Transport sperriger Gegenstände, und einen hö­­hen­­ver­stellbaren Ladeboden wie der Golf hat der i30 ebenfalls nicht zu bieten.

Ablagen gibt es hüben wie drüben genügend, das Handschuhfach ist jeweils geräumig, kühlbar ist es allerdings nur im Golf.

 

Dran & Drin

Was die Serienausstattung an­­geht, prallen hier zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite der vollausgestattete i30 N, für den es kaum Extras gibt, auf der anderen der mittelprächtig bestückte Golf GTI, der mittels seitenlanger Auf­­preisliste sogar über das Niveau des Hyundai hinaus aufgerüstet werden kann.

Beim i30 sind Luxus-Klassiker wie Lederpolsterung, Navi und E-Sitzverstellung genauso serienmäßig an Bord wie LED-Scheinwerfer, Adaptiv-Fahrwerk, Rückfahrkamera, Alarmanlage, Sitz- und Lenkradheizung, Fernlichtsensor, Notbrems-, Spurhalte- und Toterwinkel-Assistent sowie Verkehrszeichen-Erkennung. Sämtliche dieser Features kosten beim Golf GTI Aufpreis. Als einzige Goodies, die VW im Gegensatz zu Hyundai im Serienangebot hat, bleiben der Ab­­standsregel-Tempomat und das CD-Laufwerk.

Letztere gibt es bei Hyundai auch nicht gegen Aufpreis, denn die Extra-„Liste“ umfasst lediglich ein Panorama-Glasdach um 1200 Euro sowie Metallic-Lack (550 Euro) und die hübsche „Performance Blue“-Sonderlackierung des Testwagens um 350 Euro.

Schutz & Sicherheit

Der VW Golf erhielt bereits 2012 fünf Sterne im Euro-NCAP-Crash­­­test, Facelift-Versionen wer­­­­den nicht gesondert gegen die Wand gefahren. Sowohl der Schutz für Erwachsene (94
Prozent), als auch jener für Kinder (89 Prozent) geht als vorbildlich durch. Der heuer ge­­­crashte Hyundai hat in diesen beiden Kapiteln 88 bzw. 84 Prozent zu bieten. Auch beim Fußgängerschutz (65 zu 64 Prozent) und den Assistenzsystemen (71 zu 68 Prozent) liegt der Golf hauchzart vorne.

Über Fahrer-Knieairbags verfügen beide, hintere Seiten­airbags lassen sich, wie auch der Querverkehrsassistent, der beim Rückwärts-Ausparken warnt, nur beim VW Golf nach­rüsten. Weitere kleine, aber feine Sicherheits-Features des Golf sind das dynamische Kurvenlicht, das Kehren viel besser ausleuchtet als das statische des Hyundai und die intelligente Fernlicht-Automatik, die immer für so viel Ausleuchtung wie möglich sorgt, während Hyundai bloß einen automatischen Ein/Aus-Schalter verbaut.

 

Sauber & Grün

Beim moderat gefahrenen Verbrauchs-Test outet sich der i30 mit 9,2 Litern als Schluckspecht, während der Golf mit 7,8 Liter den Kostverächter gibt. Klarerweise hilft dem Wolfsburger sein DSG, das nie zu faul ist zum Hochschalten und das schlicht und einfach über einen Gang mehr verfügt. Zudem wirkt sich die kurze Getriebeübersetzung des Hyundai nicht nur Temperaments-, sondern auch Spritdurst-fördernd aus.

Bei den Abgaswerten geben sich beide brav unauffällig. Auch bei den Stickoxiden (NOx), ob­­wohl sie – wie ohnehin fast die ge­samte Konkurrenz – noch über keinen Partikelfilter verfügen.

Preis & Kosten

Bestellt man beide mit Schaltgetriebe und als Viertürer – der Golf ist im Gegensatz zum i30 auch als Dreitürer erhältlich – ist der Hyundai lediglich um 410 Euro günstiger. Bevor man freilich den VW auf dessen Ausstattungsniveau aufrüstet. Danach betrüge der Preisunterschied rund 10.000 Euro zugunsten des Koreaners. Wobei der Golf dann jedoch einige Features in teils deutlich feinerer Ausführung an Bord hätte.

Auch beim Thema Garantie liegt Hyundai mit fünf Jahren gegenüber den zwei Jahren von VW, die allerdings um moderate 229 Euro auf fünf aufrüstbar sind, vorne. Dafür punktet der Golf mit doppelt so langen Service-Intervallen, teils geringeren Verschleiß­teil-Kos­­ten (für den i30 müssen es z. B. auch 19 Zoll-Winterräder sein), lebens­­langer Mobilitätsgarantie und seiner bekannt guten Werthaltung.

Testurteil

Hyundai hat mit dem i30 N Performance einen Kurvenräuber reinsten Wassers auf die Räder gestellt. Die richtigen Reifen vorausgesetzt, fährt er dem VW Golf GTI Performance mit seiner chirurgischen Fahrdynamik-Präzision davon. Vor allem, weil die Abstimmung des Wolfsburgers Vernunft & Alltagstauglichkeit nie aus den Augen verliert.

Da es sich hier aber nicht um einen Track-Test handelt, sondern um einen Vergleich, der sämtliche Eigenschaften unter die Lupe nimmt, geht der Golf GTI unterm Strich knapp als Sieger hervor – seine größeren Allround-Talente und sein deutlich geringerer Verbrauch bringen am Ende trotz ausstattungsbereinigt weit höherem Preis die entscheidenden Punkte.

Die höhere Alltagstauglichkeit gibt am Ende den Ausschlag für den Sieg des VW Golf GTI Performance (li.) über den Hyundai i30 N Performance – es gibt ja auch ein Leben abseits der Rennstrecke.

Die höhere Alltagstauglichkeit gibt am Ende den Ausschlag für den Sieg des VW Golf GTI Performance (li.) über den Hyundai i30 N Performance – es gibt ja auch ein Leben abseits der Rennstrecke.

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