VW Polo 1,2 Cool Family

4. August 2005
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Tests

FAHRZEUGDATEN

Marke:VW
Klasse:Kleinwagen
Antrieb:Vorderrad
Treibstoff:Benzin
Leistung:54 PS
Testverbrauch:6,5 l/100km
Modelljahr:2005
Grundpreis:13.370 Euro

VW verpasste dem Kleinwagen-Bestseller Polo erstmals ein Facelift. Nun macht er Augen wie sein großer Bruder Passat.

Facelifts: Bei den meisten Herstellern gehören sie – etwa in der Mitte des Modellzyklus – dazu wie das Amen im Gebet. Nicht so bei VW. Die Wolfsburger verweisen zum Beispiel stolz darauf, dass der Golf erst einmal eine sichtbare Modellpflege über sich ergehen lassen musste. Und die datiert aus dem Jahr 1979. Auch der Polo war erst zweimal fällig, 1990 und 1999. Doch jetzt musste der Kleinwagen-Bestseller ein weiteres Mal unter das Skalpell des Gesichts-Chirurgen.
Der heißt im konkreten Fall Murat Günak und ist Chefdesigner des VW-Konzerns. Er gab die neue Linie vor: Weg von den etwas aus der Mode gekommenen Kulleraugen, hin zu extravagant mehrförmigen Scheinwerfern, wie man sie in Zukunft – in immer wieder abgewandelter Form – in vielen VW-Modellen finden wird. Sehr wohl durch runde Elemente geprägt werden dagegen die neu gestalteten Heckleuchten, die durch ein verbindendes Klarglas-Element lugen.
Gleichermaßen markant wie hochwertig wirkt der in V-Form nach unten gezogene Wappengrill. Auch er zieht sich wie ein roter Faden durch die Modellreihen. Damit hat es sich bereits wieder mit den Design-Adaptionen, ganz losgeworden ist man bei VW die Facelift-Phobie ja doch nicht.
Auch motorisch wurde mehr gefeilt als gehämmert: Von insgesamt neun erhältlichen Motoren zwischen 55 und 130 PS gab es lediglich bei zweien Änderungen. Der gute, alte 1,9-Liter-SDI wurde nämlich in Pension geschickt und durch den auf 70 PS gedrosselten, 1,4 Liter großen, Dreizylinder-TDI ersetzt. Der erhielt gleichzeitig eine 80-PS-Variante zur Seite gestellt, mit 75 PS (wie früher) gibt es diesen Motor nicht mehr.
Im Innenraum tat sich kaum etwas, sieht man von geänderten Stoffen und Farbkombinationen sowie dem Entfall der Basis-Ausstattung ab. Dies deshalb, weil sie lediglich ein optisch günstiger Einstieg in die Polo-Preisliste war, aber kaum jemand die Nacktversion kaufen wollte. Außerdem soll sich der Polo durchaus deutlicher vom preisgünstigen Neuling Fox abheben. Immerhin: Die Preise der übrigen Versionen blieben zum Großteil gleich.
Wir testeten als ersten der neuen Polos eine Mixtur aus feiner Ausstattung (Family Cool” inklusive Klima) und Basis-Motorisierung (Dreizylinder-Benziner mit 54 PS). Die anfangs vorherrschende, leise Skepsis gegenüber dem Winzling unter der Haube verwandelte sich bald in ein gewisses Maß an Anerkennung. Den an sich ungehobelten Dreizylinder-Sound hat VW dank Ausgleichswelle und großzügiger Dämmung gut im Griff. Das charakteristische, leicht unrhythmische Sirren wurde derart gezähmt, dass man beinahe meinen könnte, hier sei ein Fünfzylinder am Werk. Ein kleiner halt.
Was mit Abstrichen auch für das Temperament gilt: Denn in der Stadt und bei flotten Überland-Partien zeigt der 1200er dank der kurzen Übersetzung des Fünfgang-Getriebes keine Schwächen. Solange man ihn nicht vollbesetzt und vollgepackt über Autobahn-Steigungen jagt. Aber wer solches regelmäßig vorhat, gustiert wohl kaum am unteren Ende der Motoren-Palette.

TECHNIK
R3, 6V, 1198 ccm, 40 kW (54 PS) bei 4750/min, max. Drehmoment 108 Nm bei 3000/min, Fünfgang-Getriebe, Vorderradantrieb, vorne: Dreiecksquerlenker, Stabilisator, Federbeine, hinten: Verbundlenker, Längslenker, Schraubenfedern, Teledämpfer, Scheibenbremsen v/h (v bel.), ABS, L/B/H 3916/ 1650/1467 mm, Radstand 2465 mm, 5 Sitze, Wendekreis 10,6 m, Servo, Reifendimension 165/70 R 14, Tankinhalt 45 l, Reichweite (bis Tankreserve) 615 km, Kofferraumvolumen 270-1030 l, Leergewicht 1096 kg, zul. Gesamtgewicht 1570 kg, max. Anh.-Last 800 kg, 0-100 km/h 17,5 sec, 60-100 km/h (im 4. Gang) 15,0 sec, Spitze 152 km/h, Steuer (jährl.) EUR 105,60, Normverbrauch (Stadt/außerorts/Mix) 7,7/4,7/5,8 l, Testverbrauch 6,5 l ROZ 95
Preis: EUR 13.370,-

Serienausstattung: Frontairbags, Seitenairbags vorne, ABS, Isofix-Halterungen, halbautomatische Klimaanlage, Fernbedien-Zentralsperre, E-Fensterheber vorne, beheizbare E-Außenspiegel, Lenkrad in Höhe und Reichweite verstellbar, Vordersitze höhenverstellbar, Fondbank 2:1 geteilt umklappbar, CD-Radio inkl. 4 LS, Nebelscheinwerfer etc.
Extras: ESP EUR 500,-, durchgehende Kopfairbag-Vorhänge EUR 467,-, Reifendruck-Kontrolle EUR 48,-, Lederpolsterung (inkl. beheizbarer Sportsitze) EUR 1959,- Klimaautomatik EUR 291,-, E-Schiebedach EUR 645,-, Radio-Navigationssystem ab EUR 1771,-, E-Fensterheber h EUR 173,-, Lederlenkrad EUR 195,-, Sitzheizung v EUR 300,-, CD-Wechsler 6-fach EUR 396,-, Licht- und Regensensor EUR 184,-, Tagfahrlicht EUR 38,-, Telefon-Freisprecheinrichtung EUR 441,-, Bordcomputer EUR 154,-, Einparkhilfe h EUR 445,-, abgedunkelte Seitenscheiben EUR 251,-, Alarmanlage EUR 172,-, Sportfahrwerk EUR 132,-, Alufelgen ab EUR 885,- etc.

FAHREN & FÜHLEN
Der kleine Dreizylinder dreht quirlig hoch und bleibt trotz typischem Sound akustisch stets brav. Ausreichend Drehmoment, unterstützt von der kurzen Übersetzung. Lenkung: leichtgängig, präzise und recht direkt. Die Schaltung agiert exakt und kurzwegig, einzig der Hebel wurde etwas tief und weit vorne platziert. Bremsen: kräftig und fading-immun. Das komfortabel ausgelegte Fahrwerk verhält sich in flott gefahrenen Kurven stets sicher untersteuernd, Lastwechsel-Tücken kennt es keine. Traktions-Probleme und Antriebs-Einflüsse gibt es mangels Leistungs-Überschuss nicht. Sitze: groß und straff, genügend Seitenhalt, logische Verstellung.

PLATZ & NUTZ
Die Platzverhältnisse vorne können sich für einen Kleinwagen sehen lassen, doch auch im Fond liegen die Maße über dem Klassenschnitt. Ausreichend großer Kofferraum, 1,90 Meter weit aufschwingende Klappe, durchschnittlich hohe Ladekante. Fondbank 2:1 teilbar, die Kopfstützen müssen dabei abmontiert werden, es sei denn, man baut die Sitzflächen (leicht und schnell) aus. Plus: viele brauchbare Ablagen (das Handschuhfach ist allerdings klein), Lenkrad in Höhe und Reichweite verstellbar, One-Touch-Fensterheber vorne. Karosserie-Übersicht nach schräg hinten schlecht.

Gewohnter Anblick: Das praktisch-ergonomische Polo-Cockpit blieb von der Modellpflege unberührt

DRAN & DRIN
Der “Family Cool” ist komplett ausgestattet, u.a. Serie: halbautomatische Klimaanlage, E-Fensterheber vorne, Nebelscheinwerfer, FB-Zentralsperre, CD-Radio (siehe auch Liste Seite 53). Unmengen an Extras bis hin zu Klimaautomatik, Navigationssystem, Lederpolsterung, Einparkhilfe und Sportfahrwerk. Strapazfähige, durchaus hochwertige Materialien, sehr solide Verarbeitung. Optisch gelungenes Facelift.

SICHER & GRÜN
Serie: Fahrer- und (deaktivierbarer) Beifahrer-Airbag, Seitenairbags vorne, fünf Dreipunktgurte und ebenso viele Kopfstützen (reichen jeweils bis 1,85 m Körpergröße), Isofix, ABS. Gegen Aufpreis: ESP samt ASR und Bremsassistent, durchgehende Kopfairbag-Vorhänge, (sehr preiswerte) Reifendruck-Kontrolle. Umwelt-Features: Motor EU-IV-tauglich, günstiger Verbrauch, Glanzlack jedoch nicht auf Wasserbasis.

PREIS & WERT
Zwar hielt der Polo exakt seinen Preis, dennoch wird er von nahezu der gesamten Konkurrenz (meist knapp) unterboten, einzig Ford Fiesta und Toyota Yaris sind teurer – allerdings auch PS-stärker. Zu den Polo-Atouts gehören naturgemäß Werthaltung, Zuverlässigkeit und Servicenetz-Dichte. Inspektion- und Ölwechsel verschleißabhängig (max. 30.000 km oder alle zwei Jahre). Zwei Jahre Neuwagen-Garantie, unbegrenzter Mobilitäts-Schutz bei Service-Treue, zwölf Jahre Antidurchrost-Versprechen.

ALLES-AUTO-TESTURTEIL :
Sparsam, aber effektiv aufgewerteter Kleinwagen-Bestseller.


Fotos: Len Vincent

Diesen Test finden Sie in ALLES AUTO 5/2005