Mutige Autos aus dem Hause Volkswagen? Ist lange her: Die erste Golf-Generation, kantig-kastig gestylt von Giugiaro war mutig. Der VW Phaeton ebenfalls, doch er patzte komplett. Der neue T-Roc ist vielleicht nicht ganz so heroisch, wie man es sich gewünscht hätte, doch zumindest sein Design ist einmal etwas Neues. Bereits der mit psychodelischen Duschvorhängen verunstaltete Prototyp zeigt, dass hier einmal etwas Neues aus der Wolfsburger Kreativabteilung kommt, die lange Zeit zu schlafen schien.
Eine frische, durchaus kraftvolle Front, die auffallend kurze Dachlinie mit einer campingtauglichen Reling und ein knackig abfallendes Heck – das alles kennt man weitgehend von der Genf-Studie aus dem Frühjahr 2014. Kein Gedanke daran, dass der T-Roc technisch betrachtet ein Zwilling des Audi Q2 ist. Er sieht innen wie außen komplett anders aus und will nicht nur Nissan Juke und Mini Countryman ärgern.
VWs 4,23 Meter langer Crossover dürfte insbesondere bei einem alten Bekannten wildern: dem Golf. Die Abmessungen sind ebenso wie das Platzangebot ähnlich; sein Design mutiger, und bei den Motoren wurden die schwachen sowie starken Versionen gekappt.
Erst im Spätherbst rollt der VW T-Roc offiziell zu den Händlern, doch wir waren mit dem Entwicklungsteam bereits im heißen südafrikanischen Winter unterwegs. Die ersten Testfahrten zeigen: Das Paket passt und wird dem Kunden schmecken. Auch weil es preislich bereits bei rund 23.500 Euro losgehen soll.
Innen lauern unter den düsteren Tarnmatten bekannte Module aus dem prall gefüllten Konzern-Regal. Abweichend von Polo, Golf und dem größeren Bruder Tiguan gibt es zudem einen tiefen Griff in den Buntstiftkasten. Insbesondere am Armaturenbrett schimmern rund um Instrumente und Multifunktionsbildschirm größere Farbtafeln. Die Wolfsburger wollen beim T-Roc nicht nur ältere Ehepaare mit entwandertem Nachwuchs, sondern eben auch jüngere Kunden locken und das staubige Golf-Image abfegen.
Abfegen muss sein – auch bei unseren Testfahrten. Die Pisten im Nordwesten von Südafrika sind nicht die besten, und ab Tempo 20 zieht der Getarnte T-Roc eine Staubfahne hinter sich her, die Lucky Luke alle Ehre machen würde. Kritisch beäugen die Dalton-Brüder als Entwicklungsingenieure jeden Kilometer. Es ist heiß, dreckig, und bereits bei geringen Tempi poltert es mächtig im nächsten Modell der Wolfsburger.Wieder einmal ist Volkswagen spät dran, und doch zittern PSA, Opel, Nissan und Mini vor dem T-Roc. Die Sand- und Lehmpiste wird von mächtigen Steinen zerklüftet, doch die Realität gewordene Genf-Studie schlägt sich tapfer. Mit festem Griff heißt es das griffige Steuer umschließen und Obacht mit dem Gaspedal, denn schnell ist hier kaum das rechte Tempo.
Unter der Motorhaube brummelt das neue Triebwerk aus dem Hause Wolfsburg noch etwas unentspannt vor sich hin. Der 1,5 Liter große Turbo-Vierzylinder leistet 150 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 250 Nm. An seine Leistungsgrenzen kommt das Aggregat bei den mittleren Drehzahlen hier nicht. Der Motor wiegt sich überraschend leicht auf der Vorderachse, und so lässt sich der T-Roc flott, fast schon leichtfüßig über die zerborstenen Wege Afrikas bewegen. Der Motorsound? Na ja, da muss wohl noch einmal nachgearbeitet werden, doch der Rest passt.
Trotz Prototypen-Stand klappert und rappelt im Innenraum fast nichts. Wüsste man es nicht besser, könnte der 1,2 Tonnen schwere Zwilling des Audi Q2 schon ein paar Monate früher auf den Markt kommen, doch vor Ende des Jahres gibt es nichts. Dann läuft der VW T-Roc im portugiesischen Werk Setubal vom Band, wo einst der erfolglose Eos produziert wurde.
Der 1,5 TSi ist der Dreh- und Angelpunkt des T-Roc-Modellprogramms. Darunter und darüber gibt es Einstiegs- und Topversionen zwischen 115 und 190 PS (siehe Kasten). Die Bedeutung der Dieseltriebwerke mit 115 bis 150 PS dürfte niedriger als beim Golf sein, schon weil der Flottenanteil deutlich geringer sein wird.
Der T-Roc bietet die Wahl zwischen Sechsgang-Handschaltung und siebenstufigem Doppelkupplungs-Getriebe, und zumindest für die stärkeren Versionen sollte man sich den optionalen Allradantrieb gönnen, der den Basisversionen vorenthalten bleibt. Spätestens im Herbst 2018 dürfte eine sportliche R-Version mit knapp 250 PS folgen – dann geht es auch der Ikone GTI hausintern an den Kragen.
Zeichnungen: Pobletepress