Hochzeitsrede für Fiat-Chrysler und PSA

16. Dezember 2019
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Alles Klartext

Liebes Brautpaar!

Fiat und Peugeot – um Euch der Einfachheit halber mit Vornamen anzureden – Ihr habt einander gefunden. Nicht ganz zufällig, sondern auch, weil sonst kaum mehr je­mand übrig war. Ein bisschen wie im Tanzcafé nach Mitternacht oder beim Tin­dern im Waldviertel. Aber egal wie – Hauptsache, Ihr seid zusammen!

Ein Haus mit vielen Kindern ist ein glückliches, heißt es – und im Adoptieren habt Ihr beide ja mehr Erfahrung als Angelina Jolie und Madonna zusammen. Fiat mit Auto­bianchi (leider verstorben), Lancia (scheintot nach grober Vernachlässigung), Ferrari (ausgezogen), Alfa Romeo (erfolgloser Sportler), Maserati (seltener Muskelprotz) und Chrysler (Pleite-Ami) samt Jeep (Outdoor-Fetischist). Peugeot mit Citroën (schon mehrmals wiederbelebt), DS (siamesischer Citroën-Zwilling, grundlos getrennt) und Opel (von den US-Eltern verstoßen). Eventuell macht Euch das nicht zu den besten Eltern der Welt, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Jetzt jedenfalls werdet Ihr eine große franko-italoamerikanische Patchwork-Familie. Da wird viel Freude einziehen in den neuen gemeinsamen Wohnsitz in Holland. Der Umzug muss sein, weil Ihr dort die Zinsen nicht versteuern müsst, die Eure Kinder für das Börsen-Geld, dass Ihr ihnen leiht, an Euch bezahlen. Was heißt hier krumme Tour? Familienförderung nenn ich das! Steueroasen sind nur außerhalb der EU pfui – wer drin ist, darf ruhig kreativ sein. Ihr zieht in gute Nachbarschaft: Mercedes, BMW, Rewe und viele andere Erfolgsfamilien sind schon dort, obwohl sie da gar nicht arbeiten.

Übrigens empfehlen wir Euch dringend, einen Ehevertrag abzuschließen. Peugeot, Du bist ja derzeit beruflich sehr erfolgreich. Das war aber nicht immer so – weswegen Du einen recht ansehnlichen Schuldenstand mitbringst. Fiat, Du arbeitest gefühlt gar nicht, lebst seit Jahren von einem 500er – gehst aber dafür schuldenfrei in die Bezie­hung. Eure Anwälte werden tüchtig schwitzen, um das rechtlich auszutüfteln.

Natürlich fragen sich viele, warum Ihr Euch die Ehe eigentlich antut. Fiat, Du hast Elektrifizierung und Fahrautonomie verpennt. Dank Peugeot kannst Du künftig also endlich genau das bauen, was eigentlich kein Kunde kauft oder will. Peugeot, Du und Deine Kinder, Ihr habt Krabbeln auf allen vieren verlernt – das kann Euch Fiat res­pek­tive Jeep wieder beibringen. Oder auch nur die Hinterhufe zu be­nutzen, was für ein Alfa-Tier praktisch ein must have ist. In den USA brauchst du es als Franzose zwar erst gar nicht versuchen – aber Dein jüngster Sohn Opel hat ja zumindest noch einen deutschen Pass. Der könnte dort als nächster Premium-Auswanderer aus seinem Land reich werden.

Was wir alle, die wir dieser Eheschließung beiwohnen, davon haben, fragen wir uns natürlich auch. Ein paar von Euren Mitarbeitern werden wohl wegrationalisiert, Ihr wer­det Ihnen aber sicher helfen, Stichwort Umschulung und so. Weil etwa ein 55-jähriger Getriebemonteur ganz sicher noch einmal als App-Program­mierer hip durchstarten will. Aber trotz aller Einsparungen: Billiger werdet Ihr es wohl künftig nicht geben – nur ähnlicher. Einige Eurer Kinder werden wir kaum mehr aus­einan­derhalten können. Schade – ihre Eigenheiten waren ja der Grund, warum wir sie mochten.

Ob es uns gefällt oder nicht, lasst uns das Glas erheben auf das glückliche Paar und seine gemeinsame Zukunft. Und denkt immer dran: Der Hauptgrund für eine Schei­dung ist immer noch – die Ehe.

(Kommentar)

Fotos: FCA, PSA; Montage: Günther Frank