Brand Elektroauto

Brandgefahr bei Elektroautos

18. August 2023
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Aktuelles

Ein brennender Tesla auf der Tiroler Autobahn, ein anderer in einer Tiefga­rage in Shanghai, ein schmelzender ID.3 in einem niederländischen Wohnviertel, Brände in E-Bus-Remisen, und nicht zuletzt ein vermutlich aufgrund eines Elektroautos brennender Frachter auf der Nordsee – die Liste ließe sich lange fortsetzen, und die dazugehörigen Bilder befeuern auch die öffentliche Meinung. Laut einer Studie des Kuratoriums für Verkehrs­sicherheit halten 41 Prozent der Befragten E-Autos für unsicher, für 22 Prozent ist es sogar das Hauptargument gegen einen Kauf.

Grundsätzlich lassen sich diese Ressentiments entkräften: Statistisch kommt es etwa in ­Österreich zu 1500 Fahrzeugbränden pro Jahr, lediglich ein paar Handvoll davon kann man Elektroautos zuordnen. Allerdings sind Verbreitung und Kilo­meterleistung akkubetriebener Fahrzeuge bisher zu gering, um eine statistisch relevante Aussage treffen zu können.

Die Studie einer US-Versicherung ergab, dass pro jeweils 100.000 verkauften Fahrzeugen 3474 Brände bei Hybridautos, 1529 Brände bei Autos mit thermischem Antrieb und nur 25 Brände bei reinen Elektromodellen zu verzeichnen waren. In Deutschland und der Schweiz sind sich Experten noch uneins: Der deutsche TÜV Süd spricht von einer „fünf- bis zehnmal geringeren Brandgefahr von Fahrzeugen mit Elektromotor“, der Züricher Rettungskräfteverbund geht lediglich von einer „nicht höheren Brandgefahr“ bei Elektroautos aus.

Die Frage, was die Brände bei elektrifizierten Fahrzeugen auslöst, ist hingegen eindeutig zu beantworten: Vorrangig ist es die Beschädigung eines oder mehrerer Akku-Elemente. Passieren kann das durch einen Unfall, natürlich aber auch durch Fertigungsmängel oder einen technischen Defekt.

Beim Austreten des flüssigen Elektrolyts und Reaktion mit anderen Stoffen kann es zu einer unkontrollierten Entladung kommen, die Batterie „geht durch“, wie es der Fachjargon nennt. Die dabei entstehenden hohen Temperaturen setzen weitere Materialien in Brand – die Verwendung von immer mehr Kunststoffen im Fahrzeugbau trägt dazu bei, dass sich das Feuer entsprechend schnell und umfassend ausweitet. Letzteres gilt aber für moderne Fahrzeuge mit thermischem Antrieb glei­cher­maßen.

Als weiteres entzündliches Material an Bord von E-Autos ist auch Öl zu nennen – das neben Wasser als Kühlelement hier ebenfalls zur thermischen Regulierung, aber vor allem zur Schmierung der Lager-Elemente zum Einsatz kommt. Deshalb ist in einem E-Motor mit vier bis fünf Litern gleich viel Öl im Umlauf wie in einem Benziner oder Diesel. Um es zu entzünden, sind aber hohe Temperaturen nötig, womit es da wie dort eher nur als sekundäres Element gilt, das im Brandablauf zum Tragen kommen kann, aber kaum Ursache dafür ist.

Elektroautos brennen nicht häufiger, aber länger

Korrekt ist, dass der Brand eines elektrifizierten Fahrzeuges, wenn er einmal im Gange ist, wesentlich schwieriger und aufwändiger zu löschen ist als der eines herkömmlichen Pkw. Dies liegt daran, dass das Feuer innerhalb der Fahrzeugbatterie – von außen oft unsichtbar – von Akkuzelle zu Akkuzelle überspringt. Aufgrund der hohen Zahl solcher Zellen flammt ein vermeintlich gelöschtes Feuer immer wieder auf.

Dieser „interne“ Brand macht auch die Verwendung des ansonsten üblichen Löschschaumes nahezu sinnlos. Dieser Schaum soll dem Feuer den Sauerstoff entziehen, was innerhalb der Akkuzellen aber nicht gelingt. Daher ist bei einem Akkubrand ausschließlich der Einsatz von Löschwasser angeraten, das obendrein noch einen Kühlungseffekt hat.

Eine sichere und verhältnismäßig umweltscho­nende, aber logistisch aufwändige Methode ist ein Lösch-Container, in dem das Fahrzeug geflutet wird und „ausbren­nen“ kann. Auch der Wiederentzündung nach dem vermeintlichen Brand-Aus wird so entgegengewirkt. Der Einsatz eines solchen Containers ist an schwer zugänglichen Orten wie etwa Tiefgaragen allerdings kaum möglich. Dort muss sich die Feuerwehr mit speziellen Löschdecken behelfen, die Temperaturen von weit über 1000 Grad aushalten.

„Auch ohne Brand ist bei technischen Defekten von E-­Autos in jedem Fall davon abzuraten, selbst Hand anzulegen“, rät Franz Resperger, Pressesprecher des niederösterreichischen Landes­feuerwehr-Kom­mandos. „Das könnte im Bereich der Hochvoltkabel durchaus gefährlich werden. E-Fahrzeuge verfügen über ausgeklügelte Sicherheitssysteme, wenn aber durch den Crash der Akku beschädigt wird, ist Vorsicht ge­boten.“

Zwar unterliegen alle Strom-Autos einer EU-Sicherheitsnorm, einheitliche Standards zur Deaktivierung und Entkoppelung von Akkus bestehen aber derzeit nicht. Die Arbeit von Einsatzkräften würde das nämlich in hohem Maß erleichtern und sicherer machen.

Auch ohne erhöhtes Risiko ge­­genüber einem benzin- oder dieselgetriebenen Pkw empfiehlt sich für E-Auto- und Plug-In-Be­­­sitzer, die ihre Pkw auch
da­­heim laden, der Einbau einer Brandmeldeanlage und die schriftliche Bestätigung des Versicherers, dass eventuelle durch das Fahrzeug am Gebäude verursachte Brandschäden zum Deckungsumfang (etwa der Haushaltsversicherung) gehören. ­Eine spätere Ablehnung wegen Nichtbekanntgabe und Deklaration als nichtversichertes Risiko ist damit ausgeschlossen.

Die vorrangige Brandursache austretender Elektrolyte könnte durch die künftige technische Entwicklung eliminiert werden: Die Feststoffbatterie, die nach wie vor auf Lithium-Ionen-Basis arbeitet, aber eben keinen flüssigen, sondern einen festen Elektrolyt verwendet, ist nach derzeitigem Wissensstand so gut wie nicht entzündlich und soll nebenbei mit höherer Strom-Kapazität aufwarten. Ein Zwischenschritt ist der bereits serienreife “Blade”-Akku der China-Marke BYD, der ohne Mangan auskommt und ebenfalls als sehr brandsicher gilt.

Foto: Feuerwehr Schorndorf / Benjamin Beytekin