Das Kundenalter ist auch eine der Erklärungen, warum der Stern-SUV die Limousine in Sachen Beliebtheit abgelöst hat: Wenn es hie und da schon ein bisschen zwickt, schätzt man den bequemen Einstieg in einen Höhergelegten.
Zwei Dinge mögen erfahrene Käufer hingegen weniger: einen zu martialischen Auftritt und aufdringlich modernes Styling. Daher wirkt der neue GLC gefällig glattflächig und schaut relativ freundlich aus der Wäsche. Ganz nebenbei lässt er den Vorgänger nicht alt aussehen, weil für die angesprochenen Interessenten auch Kontinuität sehr wichtig ist.
Cockpit
Diese wird in Sachen Cockpit allerdings gleich wieder durchbrochen: Dessen neue Gestaltung mit serienmäßigen Digital-Ins-trumenten und davon klar getrenntem, fast quadratischem Touchscreen gibt sich zwar hübsch angerichtet, hochwertig und vielfach wandelbar, Drehregler und klar gruppierte Fixtasten sucht man allerdings vergeblich.
Fast alles muss via Touchscreen, (fummeligen) Lenkrad- Tasten oder (exzellenter und lernfähiger) Sprachsteuerung geregelt werden. Da wird mancher einen Einführungskurs bei verwandten Digital Natives oder hoffentlich gut geschulten Verkäufern buchen müssen – um danach erleichtert festzustellen, dass die vielen Menüs definitiv logisch aufgebaut sind.
Nobles Feeling
Premium pur beim Thema Fahren: exzellente Geräuschdämmung, die man auf Wunsch mit künstlichem Grummel-Motorsound konterkarieren kann, angenehm sanfte Federung mit serienmäßig adaptiven Dämpfern und souveräner, leicht elektro-unterstützter Antritt – selbst beim getesteten 220 d, dem nominell schwächsten Modell.
Dazu gibt’s die bewährte Neungang-Automatik, eine präzise, äußerst direkte Lenkung und kräftige Bremsen. Die sechs zusätzlichen Längen-Zentimeter kommen primär dem Laderaum zugute, der mit 620 bis 1680 Litern richtig aufzeigt.
Was selbst geeichte Mercedes-Fans auf den ersten Blick schrecken könnte, ist das fette Preisschild. Immerhin geht es mit einer deutlich aufgewerteten Serienausstattung einher. Schwaben-Trick: Zahlreiche Extras lachen mit „null Euro“ aus dem Online-Konfigurator. Klickt man sie an, entpuppen sie sich aber als „Gratis“-Bestandteile teurer Pakete. Treuherzige Erklärung: Die Kunden schätzen sowieso Vollausstattung, da hat man der Einfachheit halber gleich Pakete geschnürt. Die genaue Bewertung des Test Mercedes GLC lesen Sie unten.
Dieser Test erschien übrigens mit vielen weiteren in der Ausgabe Dezember 2022 von Alles Auto, hier online zu bestellen.
Foto: Robert May
Motor & Getriebe
Der Zweiliter-Diesel bietet solides Temperament und leisen Lauf. Der Mildhybrid-Elektromotor kaschiert mit 200 Nm Drehmoment
etwaige Anfahrschwächen. Der Verbrenner wird bereits im Ausrollen stillgelegt, echtes Segeln ist aber nur in den Fahr-Modi „Eco“ oder (bei entsprechender Einstellung) „Individual“ möglich. Exzellente Neungang-Automatik.
Fahrwerk & Traktion
Angenehm komfortable Federung, dennoch kein Wanken in Wechselkurven. Agiles Einlenken über die sehr direkte und präzise Steuerung. Sicheres Fahrverhalten (ESP setzt im Fall der Fälle sanft ein), kräftige, gut dosierbare Bremsen, souveräne Allrad-Traktion. Wen es interessiert, der kann sich über passable Offroad-Fähigkeiten freuen.
Bedienung & Multimedia
Übersichtlich-variables Digital-Cockpit. Der quadratisch-praktische Zentral-Touchscreen liefert gestochen scharfe Grafik und bietet (nach gründlicher Einschulung) logische Menüführung. Sehr gute Sprachsteuerung, auf Wunsch großes Headup-Display mit Navigations-Hilfe via „Augmented Reality“. Aber: Kaum echte Tasten, die Softtouch-Bedienflächen am Lenkrad sind unpraktisch. Sehr gute Rundumsicht, gediegenes Gestühl, tadellose Sitzposition. Großer Tank, auch für AdBlue.
Innen- & Kofferraum
Die breite Mittelkonsole macht den Beinraum vorne etwas heimelig, sonst klassentypisch gute Platzverhältnisse in beiden Sitzreihen. Voluminöser Kofferraum mit auffallend großem Kellerfach, über die nicht zu hohe Ladekante und die weit aufschwingende Heckklappe gut zu befüllen. Das Umklappen der 2:1:2 geteilten Fondlehne gelingt auch vom Laderaum aus, dabei entsteht keine Stufe im Boden. Zahlreiche Ablagen und Fächer in ordentlicher Größe. Trenn-Netz für 151 Euro extra.
Dran & Drin
Als „AMG Line“ (Aufpreis 5456 Euro) optisch auf leicht sportlich getrimmt und mit Navigationssystem (samt Echtzeit-Verkehrsinfos), Rückfahrkamera, teilelektrischen Sitzen, Fernlicht-Sensor, Adaptiv-Dämpfern etc. schon ab Werk gut ausgestattet. Dennoch sind zahlreiche Extras bis hin zur Luftfederung erhältlich, die meisten zwangsweise in Paketen zusammengefasst. Premium-würdig: Verarbeitung und Materialien.
Schutz & Sicherheit
In Sachen Airbags fehlt nur der zentrale Luftsack vorne (der in der C-Klasse interessanterweise vorhanden ist), hintere Seitenairbags kann man um 473 Euro nachkaufen. Die Assistenzsysteme bieten den gesetzlich vorgeschriebenen Standard. Alles, was das sicherheitsbewusste Herz begehrt, erhält man im Paket um rund 3000 Euro.
Preis & Kosten
Teurer als die gesamte Premium-Konkurrenz, allerdings auch besser ausgestattet. Braver Testverbrauch für einen Zweitonner. Vier Jahre Garantie, Inpektions-Intervalle verschleißabhängig (mindestens aber einmal jährlich), genug heimische Servicepartner. Gute Werthaltungs-Prognose.
Technik
Serienausstattung
Extras
L/B/H 4716/1890/ 1640 mm, Radstand 2888 mm, 5 Sitze, Wendekreis 11,8 m, Reifendimension v 235/55 R 19, h 255/ 50 R 19 (Testwagen-Bereifung v 255/ 45 R 20, h 285/40 R 20), Tankinhalt 62 l (AdBlue: 24 l), Reichweite 1020 km, Kofferraumvol. 620–1680 l, Leergewicht (EU) 2000 kg, zul. Gesamtgewicht 2550 kg, max. Anh.-Last 2500 kg
0–100 km/h 8,0 sec, Spitze 219 km/h, Steuer (jährl.) € 1002,24, Werkstätten in Österreich 100, Service verschleißabhängig (mind. 1x/Jahr), WLTP-Normverbrauch kombiniert 5,3 l, Testverbrauch 6,1 l Diesel, CO2 (Norm/Test) 138/160 g/km
Lenkradheizung € 454,–, Echtleder ab € 2066,–, Sitzklimatisierung v € 983,–, Sitzheizung h € 441,–, Burmester-Sound 710 Watt € 1273,–, Standheizung € 1537,–, el. klappb. Anhängevorrichtung € 1229,–, 20 Zoll-Aluräder ab € 945,–, Metallic-Lack ab € 1021,– etc.