Der BMW, der nicht M1 heißen darf, ist ohnehin die Reinkarnation des Ur-M3. Zum Abschied der ersten Einser-Generation wurd’s 2011 mit 340 PS noch einmal richtig heiß. Wir haben uns den kleinen Power-Bayern im selben Jahr intensiv zur Brust genommen. Das war wohlgemerkt noch bevor so manch Turbo-Schwergewichtler wie der aktuelle M5 das Licht der Autowelt erblickte. Bitte das beim Lesen zu bedenken. 😉
Dass die M-Version von BMWs großem SUV nicht MX5 heißt, liegt irgendwie auf der Hand. Nicht nur weil diese Bezeichnung schon vergeben war, sie würde auch eine Knackigkeit und Agilität suggerieren, die der dicke Bayer selbst mit 555 PS nicht bieten kann. Womit könnte man weißblaue Hardliner noch aufziehen? Dass das jahrzehntelange M-Dogma vom saugenden Hochdrehzahl-Triebwerk mit eben diesem Ungetüm über Bord geworfen wurde?
Halt, das ist gemein. Audi tut schon seit dem ersten S zwangsbeatmen, Mercedes auch wieder bei AMG – die Zeichen der Zeit dürfen also auch die Münchner nicht negieren. Und bevor der neue M5 statt mit Saug-V10 bald als aufgeladener Achtzylinder erscheint, legt BMW mit dem 1er M Coupé – quasi zur Gewöhnung – einen kompakten Biturbo-Flitzer unter den Fahnen der Motorsport Gmbh vor. Den heiligen Namen M1 wollten die Münchner dafür jedoch nicht auf dem Altar der starren Nomenklatur opfern, die Mittelmotor-Ikone aus den späten 70ern war schließlich aller M Anfang. Quasi der Wegbereiter für den ersten Großserien-M, den M3 der Generation E30 von 1986.
Mmmmh, der M3-Stammvater. Diesem Urmeter der Knackigkeit ist das brandneue 1er M Coupé vom Charakter erstaunlich ähnlich, obwohl hier bei der Neuinterpretation je zwei Zylinder und Turbolader mehr Dienst nach Fortschritt versehen. Ein Vierteljahrhundert trennen die beiden Zweitürer, und doch nur dreieinhalb Zentimeter in der Fahrzeug-Länge. Länger ist übrigens der Neue, dazu deutlich breiter, aber auch höher. Die aufgeblasenen Kotflügel des falschen M1, ob nun Design-Zitat oder Huldigung des Ahnen, sie wirken – und schaffen Raum für wuchtige 19-Zöller.
Doch selbst so dicke Räder stoßen bald an ihre Grenzen. Schon auf trockener Straße schwanzelt das Heck bei voller Beschleunigung aus dem Stand wie bei einem Viertelmeilen-Rennwagen. Jetzt noch ein bisserl Feuchtigkeit auf der Straße, und huii – ältere Bayern-Fans, die früher schon Geld hatten, werden sich an den legendären BMW 2002 turbo von 1973 erinnern. Zumindest, wenn sie die zweistufig abschaltbare Stabilitätskontrolle voll des (Über-)Mutes deaktiviert haben.
Den Grundstein für die Grip-Probleme hinten legt natürlich die Motor-Power vorne. Es ist schier unbeschreiblich, wie der aufgeladene Reihensechser bei jeder Drehzahl anschiebt – und dabei so locker hochdreht als würde er einem Sauger gleich frei atmen. Dazu passt die extreme Fahrdynamik, das agile Handling über die direkte, nicht zu leichtgängige Lenkung sowie die knackige Schaltung.
Apropos Schaltung: Nein, ein Doppelkupplungs-Getriebe gibt es nicht für diesen M. Ein weiterer historischer Wink Richtung M3, den es ja auch erst ab der zweiten Generation E36 wahlweise mit
sequenzieller Schaltung gab. Die Generation Gameboy mag jetzt etwas neidisch zum gleich starken Audi RS3 schielen – der hat DSG serienmäßig und fährt sich auch dank seines Allradantriebs so souverän wie ein Playstation-Mobil. Die fünf Türen sprechen ebenfalls für den Landsmann aus Ingolstadt – und natürlich genauso gegen ihn, wenn das Stichwort Emotion fällt.
Gutes Stichwort: Im Gegensatz zum M3, bei dem Schaltzeiten, Lenkung und Dämpfer mehrstufig variiert werden können, muss sich der Pilot im kleinen Bruder vor Fahrtantritt nicht fragen, wie er denn so drauf ist gerade. Allein den Motor kann man per Druck auf die M-Taste am Volant ein bisserl bissiger ansprechen lassen. Bissig beißen übrigens auch die hervorragenden Bremsen des Baby-M, vorne messen die Scheiben im Durchmesser 360 Millimeter, hinten sind sie nur um einen Zentimeter kleiner.
Über den Sprit-Konsum darf man in Zeiten wie diesen natürlich auch sprechen. Zumal bei einem BMW, der stolz auf seine effiziente Dynamik verweist und das im Datenblatt mit Bremsenergie-Rückgewinnung, Aerodynamik-Optimierung und Eco-Schaltanzeige dokumentiert. Den Prospekt-Mittelwert von 9,6 Litern sollte man als das sehen, was er ist: einen NoVA-Drücker (13 Prozent!). Einstellige Verbrauchswerte lassen sich nur mit unangemessener Fahrweise erfahren, mehr als 15 Liter sind’s dafür so gut wie nie. In der Praxis pendelt man sich bei unter 300 Gramm CO2 pro Kilometer ein, was in alter Währung guten 12 Litern auf 100 Kilometer entspricht.
Was sind solche Diskussionen gegen den Sound-Check bei diesem Boliden – unglaublich, was man aus einem Turbomotor rausholen kann! Wer Autos mag, wird die Geräuschkulisse des „M1“ lieben – der Rest könnte sich womöglich belästigt fühlen, zum Beispiel in Tiefgaragen. Dass unsere Testfahrten auch am Tag des Lärms stattfanden, war allerdings keine Absicht. Auf der Autobahn kann einem das dumpfe Dröhnen ab 120 schon etwas nerven, gemütliches Reisen vermiesen einem auch das gar straffe Fahrwerk und die bescheidene Reichweite. Doch im Freundeskreis findet sich sicher ein netter Diesel-Fahrer, der gerne mal übers Wochenende Auto tauscht.
Finales Fazit: Das 1er M Coupé bietet Fahrspaß von knackig bis unvernünftig, so wie einst die rauen M3-Generationen. Und wie ihn der neue Top-Dreier mit seinem vergleichsweise faden V8 nicht mehr richtig rüberbringt. Wenn Sie einen Tipp vom Autor akzeptieren, der Sie in Sachen Fahrfreude und Wertanlage weiter bringt: Pfeifen Sie auf den aktuellen M3 und greifen Sie stattdessen zum M-1er – wer Angst hat, wegen der einen Zehntel beim 0-auf-100-Sprint aufgezogen zu werden, sitzt ohnehin am falschen Stammtisch. Und um die Differenz der beiden Basistarife geht sich locker noch ein originaler Ur-M3 aus einer der raren Sonderserien aus.