ALLES AUTO hilft Juli/August! Regelmäßig wenden sich Leserinnen und Leser mit Fragen oder Bitten um Problemlösung rund ums Thema Auto an uns. Wir helfen und schaffen Klarheit bei komplexen Sachverhalten. Hier die Fälle aus dem Juli/August 2023:
Linientreues Parken
Ich habe mein Auto im 7. Wie- ner Gemeindebezirk geparkt und dafür korrekt die entsprechenden Parkscheine ausgefüllt. In jener Gegend befinden sich derzeit mehrere U-Bahn-Baustellen, da werden andauernd Linien neu gezogen, und der Verkehr wird provisorisch umgeleitet.
Ich habe mich zum Parken neben einer Garageneinfahrt daher am Kopfsteinpflaster, wie es in jener Gegend für den ruhenden Verkehr üblich ist, orientiert. Auf den Pflastersteinen befand sich eine uralte gelbe Linie, die ich nicht wahrgenommen habe. Einerseits, weil sie zum Teil gar nicht mehr erkennbar war, andererseits, weil ohnehin viel Platz für das Einfahren in die Garage gegeben war.
Dennoch erhielt ich eine Anonymverfügung, in der die besagte gelbe Linie extra als Grund erwähnt wurde, nicht aber, dass das Auto seitlich über die Pflastersteine hinaussteht – also eventuell zu breit für den vorhandenen Parkraum sein könnte (siehe Bild). Ich bitte um Ihre Meinung dazu.
Markus Zirbner
E-Mail
Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Claudia Bobrich:
Grundsätzlich ist das Parken und Halten auf Sperrflächen verboten. Zickzack-Linien stellen auch derartige Parkverbots-Flächen dar. Diese werden oft dazu verwendet, um verbreiterte Auffahrten vor Einfahrten zu kennzeichnen, etwa in engen Straßen oder bei sonstigen Hindernissen. Das subjektive Empfinden, dass genügend Platz für die Einfahrt vorhanden ist, ist dabei unerheblich. Auch der Umstand, dass eine Bodenmarkierung teilweise abgefahren ist, führt nicht dazu, dass das Parkverbot nicht mehr gilt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Bodenmarkierung überhaupt nicht mehr erkennbar wäre. Dies ist aber hier nicht der Fall. Die Tatsache, dass möglicherweise eine andere Verwaltungsübertretung begangen wurde, ist auch nicht ausschlaggebend.
Dem Foto nach ragt die Front Ihres Fahrzeugs zumindest teilweise in die Parkverbotszone hinein. Dies reicht grundsätzlich schon aus, um gegen ein Parkverbot zu verstoßen. Auf das Ausmaß des Hineinragens kommt es dabei nicht an. Im konkreten Fall werden die Chancen, gegen die Strafe erfolgreich vorzugehen, eher gering sein.
Dabei muss man auch beachten, dass es gegen die Anonymverfügung selbst kein Rechtsmittel gibt. Man muss die Strafe entweder binnen einer Frist von vier Wochen einbezahlen oder nicht. Bezahlt man nicht, erhält man eine Strafverfügung. Erst gegen diese kann man Einspruch erheben. Die verhängte Strafe bei einer Strafverfügung fällt allerdings höher aus als bei einer Anonymverfügung.
Tacho-Totalschaden
Vor kurzem fiel der Tachometer meines Autos aus. Ich habe sofort einen Werkstatt-Termin fixiert, frage mich aber, was ich in den paar Tagen bis zur Reparatur tun soll. Darf ich mein Fahrzeug ohne funktionierenden Tacho gar nicht in Betrieb nehmen? Oder ist das erlaubt und ich muss „nur“ mit dem Risiko leben, unbeabsichtigt zu schnell unterwegs zu sein und dann natürlich für die Strafen aufkommen zu müssen.
Hubert Lenz
1140 Wien
Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Claudia Bobrich:
Gemäß Kraftfahrgesetz müssen Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h mit einem geeigneten, im Blickfeld befindlichen Geschwindigkeitsmesser ausgerüstet sein. Bei einem defekten Tacho kann man nicht mehr von „geeignet“ sprechen. Die Betriebs- bzw. Verkehrssicherheit des Fahrzeugs ist hier nicht mehr gewährleistet.
Neben einer Strafe wegen einer möglichen Geschwindigkeitsübertretung riskieren Sie natürlich auch eine Verwaltungs-strafe, weil das Fahrzeug nicht den Vorgaben des Kraftfahrgesetzes entspricht. Kommt es zu-dem noch zu einem Unfall, im Zusammenhang mit erhöhter Geschwindigkeit und defektem Tacho, kann sich die Tatsache auch strafverschärfend auswirken. Sie sollten das Fahrzeug also nicht in Betrieb nehmen.
Tipp der Redaktion:
Alle gängigen Smartphones verfügen über GPS-Empfang, wodurch zahlreiche kostenlose Apps mit sehr genauen Daten für die Geschwindigkeitsanzeige eingesetzt werden können. Sie müssen dann nur noch Ihr Mobiltelefon sicher und gut im Sichtfeld fixieren, etwa mit einer konventionellen Handy-Halterung.
Überhol-Rennen
Ich hatte schon mehrmals das Gefühl, dass gemächlich dahinzuckelnde Autofahrer ausgerechnet dann beschleunigen, wenn sie überholt werden. Ich halte so etwas, wenn es denn absichtlich geschieht, für dumm und gefährlich. Wie ist die Rechtslage in so einem Fall?
Martin Holzhacker
E-Mail
Dazu D.A.S.-Juristin Mag. Claudia Bobrich:
Der Lenker des Fahrzeugs, das überholt wird, darf die Geschwindigkeit nicht erhöhen, sobald ihm der Überholvorgang angezeigt worden ist oder er den Überholvorgang sonst wahrgenommen haben musste. Geregelt ist dies in § 15 Absatz 5 Straßenverkehrsordnung. Abgesehen von einer möglichen Verwaltungsstrafe, droht dem Lenker des überholten Fahrzeuges auch eine – zumindest anteilige – Haftung im Falle eines Unfalls.
Lade-Strafe
Ich habe mein Elektroauto in Wien an einer öffentlichen Wechselstrom-Ladesäule der „Wien Energie“ geladen. Ich kam allerdings verspätet zum Auto, sodass es bei meiner Ankunft bereits rund eine Stunde lang vollgeladen war. Infolgedessen erhielt ich zwei Strafen: Erstens, weil nach erfolgter Vollladung die Aufhebung des Halte- und Parkverbots nicht mehr galt und zweitens, weil die Parkometer-Abgabe nicht weiter entrichtet wurde.
Die erste Strafe ist völlig logisch. Die zweite ist mir hingegen unklar, denn an den Wechselstrom-Ladesäulen der Wien Energie bezahlt man ja nicht für die geladenen kW, sondern für die Zeit, die das Auto angesteckt an der Ladesäule verbringt. Und in einem solchen Fall zahlt man nach erfolgter Vollladung nicht nur den Ladetarif weiter, sondern auch die Parkometerabgabe. Wie kann es daher sein, dass ich eine Strafe für deren Nicht-Entrichten bezahlen musste?
Bernhard Seidler
1050 Wien
Dazu ÖAMTC-Jurist DI cand. lur. Matthias Nagler:
Ab dem Zeitpunkt, ab dem man zu Unrecht an einer Elektroauto-Ladesäule steht, ist nicht nur eine Bestrafung wegen Missachtung des Halte- und Parkverbots, sondern auch eine solche wegen Nichtentrichtung der Parkometerabgabe möglich.
Im Ladetarif der Wien Energie mag zwar die Parkometerabgabe inoffiziell eingepreist sein bzw. orientiert sich der Tarif aus ordnungspolitischen Gründen an der Abgabe, sie wird aber de jure vom Fahrzeug-lenker nicht entrichtet, da während des Ladevorgangs nicht nur das Halteverbot aufgehoben ist, sondern auch keine Gebührenschuld in Sachen Kurzparken besteht.