Österreichs erstes Elektroauto: „Elli“ kam (und ging) 1974

2. Oktober 2020
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Es waren vornehmlich private Unternehmen, die im Österreich der sechziger und siebziger Jahre die Importgeschäfte der Autokonzerne betrieben: Denzel, Frey, Jeschek, Wiesenthal, Pappas, Hinteregger und einige andere mehr – klangvolle Namen in einer Branche, die in Blüte stand und ihren Protagonisten zu Reichtum und Ansehen verhalf.

Nicht alle freilich schafften den Umstieg in die globalisierte neue Welt, als die Autokonzerne Import und Vertrieb ihrer Fahrzeuge nach und nach selbst übernahmen. Wie etwa der honorige Wirtschaftssenator Anton Hinteregger. Er verlor sein Lebenswerk, einen florierenden Ford-Handelsbetrieb, im Dschungel missglückter Investitionen seines übereinfallsreichen Sohnes Peter. Der Visionär setzte bereits Anfang der siebziger Jahre auf die Technik des dritten Jahrtausends: Solarenergie und Elektroautos. Sein Projekt reifte vermutlich um die Kleinigkeit von fünfzig Jahren zu früh.

Bei einem Wiener Heurigen hatte Peter Hinteregger im Winter 1974 das E-Auto „Elli“ aus der italienischen Karosseriefabrik Zagato mit euphorischem Überschwang der Öffentlichkeit vorgestellt und die anwesenden Journalisten, darunter die komplette Redaktionsmannschaft des „Motor-Kurier“, dringlich gebeten, endlich für grüne, abgasfreie Fahrzeuge einzutreten und allen Benzinfressern den medialen Kampf anzusagen.

Seine en gros beim Hersteller georderten „Elli“-Fahrzeuge verstaubten allerdings, von den erhofften Kunden gänzlich ungeliebt, auf der Halde, und die missliebige Konkurrenz von damals behauptete noch Jahre später, außer Mitgliedern der Familie Hinteregger und den Testern einiger Zeitungen sei damals nie jemand länger als ein paar Meter mit einer „Elli“ gefahren. Kurzes Probieren im winterlichen Wien reichte den Interessenten vollauf, augenblicklich jeden Gedanken an einen Ankauf zu verlieren, denn das kleine, brustschwache Elektro-Auto hatte zudem noch eine stinkende Benzin-Zusatzheizung an Bord.

Immerhin rettete Hintereggers Großauftrag Zagato vor der Pleite, in die der ehemals so erfolgreiche Ford-Importeur dann Jahre später selbst schlitterte. Insgesamt wurden vom E-Auto Elli (in Italien als Zagato Zele, in den USA unter dem Namen Elcar verkauft) weltweit gerade einmal 500 Exemplare gebaut, der visionäre Händler Hinteregger aus dem kleinen Österreich war der Hauptabnehmer. Die E-Mobilität – damals fürs Erste gescheitert.

Den Letzten, sagt man, beißen die Hunde. Den Ersten offenbar auch.

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Foto: Werk