Meinung: SUV and the City

4. Januar 2019
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Feature

Ein hochgeschätzter Kollege postete un­längst auf seiner Facebook-Seite ein Video, das erklärte, warum SUV mehr Sprit brau­chen als „normale“ Autos. So weit, so gut. Und auch nicht falsch. Die darauffolgende Auseinandersetzung jedoch erregte die Gemüter, ver­anlasste offensichtlich gebildete Diskussionsteilnehmer zu polemi­schen, herablas­sen­den und beleidigenden Wort­spenden. Nahezu einhelliger Tenor: „SUV sind sinnlos und haben in der Stadt nichts verloren“.

Probieren wir es auch einmal mit Polemik. ­

Bobo Bessermensch schimpft über alle, die sich statt eines normalen Autos eine dieser „hässlichen Dreckschleudern“ kaufen. Wohnt selbst jedoch im Zweipersonen-Haushalt einer großen Altbauwohnung mit vier Metern Raumhöhe, die es im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen gilt. Mehrmals im Jahr gönnt er sich als weltoffener Mensch einen Wochenend-Flug in eine angesagte euro­päi­sche Metropole, und bereits Anfang März hält er am Naschmarkt Ausschau nach Erd­bee­ren aus garantiert nicht-heimischem Anbau. Ein lässiger Lifestyle, gegen den nichts einzuwenden ist. Au­ßer man wirft anderen vor, dass sie ihren ökologischen Fuß­abdruck auch eine Schuh­nummer kleiner hinterlassen könnten.

Von der Polemik zur Physik: Wie viel Sinn macht ein SUV in der Stadt? Sehr viel! Allein das etwas höhere Gewicht wirkt sich hier negativ auf den Verbrauch und damit auf die Um­welt aus, die schlechtere Aerodynamik kommt ja hauptsächlich überland zum Tra­gen. Der Rest spricht eher für die Dreckschleuder. Auf einer kleineren Grund­fläche, und das zählt ja in der Stadt besonders, bieten moderne SUV mehr Raum als konventio­nelle Autos. Außer­dem ein höheres Sicherheits­gefühl sowie eine bessere Übersicht und ei­nen be­queme­ren Einstieg – was nicht nur ältere Menschen oder Mütter mit Klein­kin­dern zu schätzen wissen. Und dank höherer Reifenflanken sind auch Randstein-Remp­ler bei der täg­li­chen Park­platz-Challenge kein Drama.

Was in aller Welt macht dann einen SUV zum Feindbild für selbstgerechte Weltverbes­serer, die partout nicht über den Tellerrand ihres ideolo­gischen Horizonts hinausblicken wol­len? Die Andersdenkende bequem in die Schublade der Ungebildeten und Ewig­ges­trigen stecken. Die auf das Argument „SUV sind nicht hässlich, sonst ­würden sie nicht diesen Boom erleben“ mit einem „Esst Scheiße, tausende Fliegen können nicht irren“ kontern. Das ist weder witzig noch geistreich und schon gar kein passender Ver­gleich. Sondern eine herablassende Aussage, mit der sich der verbohrte Verfasser selbst in die verpönte Schublade entsorgt. Zu all den anderen, die ihre Informationen vorwiegend aus Medien beziehen, die etwa VCÖ-Aussendungen zum SUV-Bashing unreflektiert übernehmen.

SUV-Besitzer zahlen beim Neuwagenkauf (NoVA) und beim Tanken (Mineralöl­steu­er) mehr an Um­welt-Abgaben als Eigner konventioneller Autos. Dass diese Mittel nicht zweckge­bun­den in Grün-Projekte fließen, ist nicht die Schuld der bösen Gelände­wa­gen-Fahrer, son­dern der Politik. Vielleicht könnte Bobo Bessermensch das ja einmal beim National­rats­ab­ge­ord­neten seines Vertrauens deponieren. Moment, seine Lieb­lings-Par­tei sitzt ­ja nicht mehr im Parlament. Womöglich auch ­deshalb, weil sich das realitäts­frem­de, ober­fläch­liche und verächtliche Autofahrer-Bash­ing ­als ­politischer Irrweg ent­puppt hat. Scha­de eigent­lich, denn die an sich gute grüne Idee hätte sich einen sinn­volleren, niveau­volle­ren und respektvolleren Umgang verdient.

4 Kommentare

  1. Das Prinzip einer freien Gesellschaft “Leben und leben lassen” hat bei einer gewissen Gesellschaftsschicht offenbar ausgedient. Sie maßt sich an, die alleinig seligmachende Wahrheit zu kennen und fühlt sich berechtigt, diese mit allen Mitteln allen anderen Mitmenschen aufzuzwingen.
    Buttersäure in Restaurants schütten, die Gänsestopfleber servieren, Ballbesucher beschimpfen und bespucken, Mastbetrieben die Tiere vertreiben, SUV´s den Lack zerkratzen, Cabrios das Dach aufschlitzen, Pelzmantelträgerinnen mit Lack besprühen, Raucherzonen in Lokalen anzeigen, Andersdenkende bei einer Demo behindern und bedrohen, durch sinnlose Kleindemos gegen eine demokratisch gewählte Regierung wöchentlich den Verkehr lahmlegen u.s.w..
    Im Wilden Westen nannte man das Lynchjustiz.

  2. SUVs in the City?
    Meine klare Meinung dazu: bis zur Größe etwa eines Skoda Karoq, Seat Ateca, Mitsu ASX und dergleichen ja, warum nicht?
    Anders sehe ich das bei Monstren wie Touareg, Kuh Sieben, X5 und ähnliche. Die sind – ich möchte nochmals betonen, meine persönliche Meinung – nicht nur in der Stadt, sondern überall sinnlos. Kommen kaum in Parkgaragen hinein, brauchen 2 Parkplätze und in vielen Fällen sind die LenkerInnen 😉 heillos überfordert mit der Größe.
    MfG J

  3. Ich finde das weitverbreitete SUV-Bashing auch für überzogen.
    Diesselben Leute, die einen M5 als endgeil abfeiern, erinnern sich beim X5 plötzlich an ihr Umweltgewissen.
    Diesselben Leute , die einen 911 GT3 als Krone der automobilen Schöpfung anhimmeln, kritisieren den Cayenne als “sinnlos”.
    Meiner Erfahrung nach handelt es sich dabei aber seltener um Bobos, sondern viel öfter um eingefleischte Car-Guys – auch in anderen Belangen eine der spiessigsten Sorten Mensch, die ich kenne.

  4. PS: Wohltuende Ausnahmen nicht ausgeschlossen!

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