Wenn der gewichtigste Wirtschaftszweig eines Kontinents am Boden liegt, zieht er den Rest mit runter. Keine gute Aussicht in Zeiten, in denen es Arbeitsplätze vielleicht bald auf die Liste der bedrohten Arten schaffen. Die Forderung nach einer Abwrack-Prämie bei Kauf eines Neuwagens war schnell zur Hand. Aber lässt sich der frühere Erfolg dieser Maßnahme per copy & paste ins Heute übertragen?
Immerhin spielt inzwischen auch das Umwelt-Thema eine große Rolle. Die gewohnheitsmäßigen Mahner, die den Kaufbonus an Elektro-Autos gebunden sehen wollen, haben sich erwartungsgemäß schon in Stellung gebracht. Eventuell ist ihnen entgangen, dass es für Strom-Mobile bereits eine finanzielle Stütze gibt. Und dass auch die schon nicht übermäßig viele Menschen davon überzeugen konnte, sich ein Auto anzuschaffen, mit dem sie nichts anfangen können. Ähnlich wäre es mit einer Einschränkung auf Plug-In-Hybride: Die teuren Dual-Antriebe zielen mit oder ohne Bonus um mindestens einen Baby-Elefanten an den finanziellen Möglichkeiten der meisten Privatkunden vorbei.
Die Industrie pocht natürlich vehement auf eine Prämie für alle Neuwagen ungeachtet ihrer Antriebsart, auch mit eigener Beteiligung. Womit sich eine perfide Falle auftut: Wenn sich die Fahrzeug-Wahl der Kunden nicht nach den CO2-Limits richtet – was wahrscheinlich ist, weil schon bisher nicht der Fall –, haben Staat und vor allem Her-
steller damit in die eigene Bestrafung durch die EU investiert. Also wird der nächste Schritt die Aufhebung, zumindest aber Verschiebung der Emissions-Ziele sein. Das Aufjaulen der Hardcore-Ökos wird ohrenbetäubend sein.
Dazu stellt sich die Frage, ob das künstliche Verkürzen der Lebensdauer eines intakten Fahrzeugs durch vorzeitiges Abwracken wirklich eine ökologisch sinnvolle Maßnahme ist. Klar, bei Schadstoff-Emissionen sind Neuwagen im Vorteil, doch die Verbrauchs-Unterschiede zu älteren Modellen sind oft so gering, dass die durchschnittlich fünf Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß bei der Herstellung eines Neuwagens damit kaum zu rechtfertigen sind. Das ganze System der Flotten-Erneuerung funktioniert auch nicht durch Einschnitte in der Mitte, sondern weil jeder Neuwagenkauf mittelfristig eine Gebrauchtauto-Kette in Gang setzt, an deren Ende der älteste Stinker rausfällt.
Anders gesagt: Es fährt niemand einen 2003er-Polo, weil er ihn für das coolste Ding auf Erden hält, sondern weil er sich den gerade leisten kann und vor jedem Pickerl zittert, dass er es noch ein Jahr ohne größere Reparaturen macht. Denjenigen lockt auch eine Neuwagen-Kaufprämie nicht, weil ein von 15.000 auf 12.000 Euro reduzierter Neupreis für ihn immer noch außer Reichweite ist. Ein gebrauchter 2014er wäre aber eventuell leistbar – und ebenfalls eine Verbesserung für die Umwelt. Wenn schon eine Prämie, dann müsste sie also nicht nur den Neuwagen-Kauf,
sondern die ganze Secondhand-Kette ankurbeln. Wer sich in Sachen Abgase um mindestens zwei Euro-Normen verbessert, sollte gefördert werden – davon hätten alle etwas: Handel, Käufer, Staat und Umwelt.
Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Hölle zufriert, als dass 2020 die Anschaffung Gebrauchter mit älteren Abgasnormen staatlich gefördert wird. Doch das Warten auf ein Prämien-Wunder am Neuwagen-Markt wird vermutlich ebenso enttäuscht werden. Und was machen wir dann?
Foto: Robert May
Weuzi
( 23. Mai 2020 )
Da wird ein funktionierender Industriezweig mit unzähligen Arbeitsplätzen politisch jahrelang künstlich krank reguliert, zu überstürzten, sinnlosen Investitionen in neue Technologien verdammt, deren Kunden durch Fahrverbote und Individualverkehrmobbing permanent verunsichert, so dass sich keiner mehr ein neues Auto kaufen traut, weil er nicht weis, ob er in ein paar Jahren damit noch fahren darf und dann kommt dazu eine wirkliche Krankheit. Und schon ist der angeschlagene, gegeißelte Patient tatsächlich todkrank. Schreck lass nach, wie kann so etwas denn passieren, was ist da denn schief gelaufen? Und dieselben Dilettanten in den Parlamenten, die diese Misere erst ausgelöst haben, glauben nun mit einem Almosen – schnipp, schnapp – ist alles wieder in Butter? Und alle kaufen wieder wie verrückt Autos? Da fällt mir Einsteins Spruch ein: “Das Weltall und die menschliche Dummheit sind grenzenlos. Nur beim Weltall bin ich mir nicht sicher.”